Heute Abend

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Etwas erschöpft, aber doch froh packte ich meine Schulsachen wieder ein und meinen Zauberstab weg. Um mich herum taten viele dasselbe und man konnte sowohl die Erleichterung, als auch die Verzweiflung mancher, spüren.
"Erste Prüfung geschafft", sagte Pansy zu mir und wir gaben uns ein High-Five.
"VgddK ist ja sowieso das schlimmste Fach von den Prüfungen her...", fuhr sie fort. "Glaubst du Snape gibt und Extrapunkte?"
"Vielleicht, aber verlass dich da mal nicht zu viel drauf. Snape ist unberechenbar...", meinte ich.
"Ja, stimmt auch wieder", stimmte mir Pansy zu und sah sich um.
Schnell wurde das Klassenzimmer von unseren Mitschülern verlassen, nur verständlich, denn bald gab es das Mittagessen.
"Komm gehen wir", sagte ich zu Pansy, schnappte meine Schultasche und ging mit ihr zur Tür. Weiter kamen wir nicht, denn Snape hielt uns auf.
"Lucie, würden Sie und Ihr Bruder noch schnell auf ein Wort zu mir kommen", sagte er mehr fordernd, als fragend, ohne von seinem Schreibtisch aufzusehen.
Ich sah Pansy kurz an, Draco war bereits nach draußen gegangen.
"Ich hol ihn schnell", meinte sie nickend und eilte auf den Gang hinaus.
Ich war froh, dass sich Pansy wieder mit Daphne und mir vertragen hatte, denn sie brauchte genauso ihre Freunde und jemanden zum reden.
"Sie wollten mich sprechen, Professor?", sagte Draco, als er das Klassenzimmer betrat, und das fast weniger respektvoll als sonst.
"Euch beide", erwiderte Snape und wir gingen zu ihm nach vorne.
Außer uns drei war der Raum bereits verlassen, mit einem Schwung seines Zauberstabes ließ Snape die Tür zufallen, um das Gespräch privat zu halten.
"Ich habe gestern Abend noch einen Brief von eurer Mutter erhalten, in dem sie mich über den Fortschritt eurer Aufgabe informierte", sagte Snape und sah zwischen uns beiden hin und her. "Da ihr es ja nicht für nötig hieltet"
"Weil wir Ihre Hilfe nicht benötigen und eigentlich geht es Sie auch nichts an", entgegnete Draco sofort.
"Ist Ihnen immer noch nicht klar, Draco, dass ich mich mit dem Leisten des Schwures ebenso wie sie für diese Aufgabe verpflichtet habe?" Snape schnellte von seinem Stuhl hoch und bemühte sich nicht laut zu werden. "Im Falle Ihres Scheiterns bin ich es, der über Leben und Tod entscheidet, also nehmen Sie meine Hilfe doch endlich an"
"Ich werde nicht scheitern, ich hab einen Plan", behauptete Draco stur.
"Draco, lass -", wollte ich sagen, doch Snape unterbrach mich.
"Und wann wollen Sie ihren Plan umsetzen? Sie haben nicht mal mehr eine Woche Zeit", fragte er.
Snape wartete kurz eine Antwort ab, als schließlich keine kam, setzte er sich wieder.
"Wenn ich euch einen Tipp geben darf...", begann er. "Heute Abend"
"Heute?", wiederholte ich unwillkürlich.
"Ja, heute Nacht, um genau zu sein", erklärte Snape. "Professor Dumbledore hat mir mitgeteilt, dass er eine... Erledigung machen wird, eine dringende, die nicht verschoben werden kann. Sein üblicher An- und Abreiseort ist der Astronomieturm, seid um elf Uhr dort und ihr habt ihn in der Falle."
"Und woher wissen wir, dass wir Ihnen vertrauen können?", fragte Draco.
"Draco, bitte, tu es einfach", sagte ich, da ich wusste, dass er vor dem, was getan werden musste, Angst hatte.
"Ich danke Ihnen, Lucie", meinte Snape. "Wie euch sicher auch aufgefallen ist, setzt Professor Dumbledore außerdem seit ein paar Tagen Mitglieder des Phönixordens ein, um das Schloss zu bewachen. Ich würde mich an euer Stelle also auf einen kleinen Kampf einstellen, vor allem wenn ihr Verstärkung ins Schloss schmuggeln wollt. Ihr könnt gehen", entließ er uns.

Der Abend kam schneller, als an jedem anderen Tag in diesem Schuljahr.
Ich versuchte mir immer wieder einzureden, dass dies nicht der letzte war, den ich in Hogwarts verbringen würde, da ich alles zum ersten Mal seit langem wieder ganz genau anschaute und wahrnahm, wie man es halt machte, wenn man das letzte Mal wo war.
Mir fielen Muster an den grau-grünlichen Wänden des Gemeinschaftsraumes und das in Streifen durch das Wasser einfallende Licht der untergehenden Sonne vor dem Fenster auf. Allgemein hatte ich immer wenig aus den Fenstern gesehen, da man sowieso nur das blau-grüne Wasser des schwarzen Sees sah.
"Hey, was machst du?", fragte Daphne, die plötzlich neben mir stand.
"Nichts, ich... genieße nur die Aussicht...", antwortete ich und zwang mich so zu tun, als ob alles normal sei.
"Ein paar Fünftklässler verteilen da drüben unter sich Süßigkeiten, wollen wir uns bei denen einschleimen?", fragte Daphne mich und lächelte.
Bei den Sesseln hinter dem Kamin, der in der Mitte des Raumes platziert war, saßen ein paar Leute aus dem Jahrgang unter uns.
"Ja, klar", meinte ich und ging mit ihr rüber.

Der Abend verging und ich wurde langsam müde, aber ich wusste, ich musste durchhalten.
"Komm, Lu, wir gehen jetzt ins Bett, du bist doch auch schon fix und fertig", beschloss Daphne, als sie mich beim Gähnen erwischte. "Es ist schon halb elf"
"Ja, und ich komm auch mit, hm?", meinte Theo, der sich an mich rangeschlichen hatte und mich jetzt von hinten umarmte.
"Ja, gleich, ich muss nur noch schnell was -"
"Nein, du bleibst dann wieder bis irgendwann auf und dann bockst du morgens rum, ich kenn dich", sagte Daphne, nahm mich an der Hand und zog mich mit Theo zu den Schlafräumen nach hinten.
"Lass mich mal schnell", sagte ich zu Theo, er ließ mich los und ich umarmte stattdessen Daphne.
"Was wird das denn jetzt?", fragte sie überrascht lachend.
"Vielleicht ein Abschied", flüsterte ich ihr ins Ohr.
"Du verlässt mich auf keinen Fall, hörst du? Und nicht heute", flüsterte sie zurück, eindringlich bittend.
"Ich versuch's", meinte ich.
Daphne löste sich aus der Umarmung und nahm mich bei den Schultern. "Du kommst dann gleich nach, okay? Du gehst nicht weg, du erledigst nichts mehr, du bleibst einfach hier", sagte sie.
"Ja...", log ich.
"Gut" Sie drehte sich um und ging in den Schlafsaal.
"Okay...", sagte Theo hinter mir etwas verwirrt.
Ich drehte mich zu ihm um und nahm ihn ebenfalls noch einmal in die Arme.
"Ich liebe dich", sagte ich einfach schnell, bevor mir die Tränen kamen.
"Ich liebe dich auch", sagte er ebenfalls.
Nach einem Kuss verließ er ebenfalls den Gemeinschaftsraum und ich hoffte in dem Moment so sehr, dass es nicht der letzte war.
Ich drehte mich um und sah Draco bereits bei den Stufen hoch zum Ausgang stehen.
"Wir werden das schaffen", traute ich mich zu sagen, als wir draußen auf dem Gang waren.
"Sag einfach nichts mehr", meinte Draco und ging den Weg voraus.

Hey Brother (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt