Steine im Glas

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"Ich dachte, du wolltest nur aufs Klo? Wo warst du schon wieder?"
Ich setzte mich auf den Platz gegenüber Daphne und stellte meine Schultasche neben mich auf den Boden.
Wir saßen in einer Nische im Gemeinschaftsraum, Daphne hatte bereits einen halbes Blatt beschrieben, ich holte ebenfalls meine Hausaufgaben raus.
"Ich würde es dir ja gerne sagen, Daphne...", sagte ich.
"Aber?", hakte sie nach.
"Weißt du, ich kann nicht. Ich darf es nicht, glaub mir", gestand ich, in der Hoffnung sie würde es endlich verstehen.
"Ja, klar...", seufzte sie und schrieb an ihrem Aufsatz weiter. "Was es wohl so geheimes und gefährliches sein muss, dass du nicht mal deiner besten Freundin davon erzählen kannst..."
"Sag sowas nicht, ich lüg dich nicht an", versicherte ich ihr. "Mein Leben hängt von dem, was ich mache, wenn ich weg bin, ab, und ich will nicht, dass es deines und das von Theo und Pansy auch tut."
Sie sah nicht auf und gab keinen Ton von sich, nur das Kratzen ihrer Feder war von ihrem Platz aus zu hören.
"Daphne, jetzt hör mir mal zu", forderte ich, doch ich sprach trotzdem, auch wenn sie mich immer noch nicht ansah. "Du kennst meine Lage, ja? Ich habe enormen Zeitdruck und das nicht nur wegen den Prüfungen. Möglicherweise bin ich wenn die anstehen auch gar nicht mehr hier. Ich kann dir nicht sagen, warum, weil es dich auch in Gefahr bringen würde, und das will ich nicht zulassen. Glaubst du ich würde in diesen Zeiten lügen?"
Daphne stoppte das Schreiben, doch ansonsten zeigte sie keine Reaktion.
"Kannst du mich wenigstens ansehen? Auch wenn du nichts sagen willst?", bat ich.
"Hat es was damit zutun, dass Draco auch öfter mal verschwindet?", fragte Daphne, hob den Kopf und sah mir in die Augen.
"Ja, er macht dasselbe. Meistens", antwortete ich, froh, dass sie mich nicht hasste.
"Und wo geht ihr hin? Kannst du mir wenigstens das verraten?"
Ich dachte einen Moment nach. "Naja, eigentlich... könnte ich das schon sagen, ja", antwortete ich.
Ich sah aus den Augenwinkeln wie etwas links von mir auf den Tisch abgestellt wurde.
"Nächstes mal kannst du deine Sachen selbst wegräumen, Lucie. - Und du sagst kein Wort zu niemandem, nicht mal wohin, klar?", sagte Draco, der offenbar Daphnes und meine letzten Worte mitgehört hatte.
"Du bist nicht mein Boss?", gab ich zurück.
"Bei der Sache schon", korrigierte er mich und ging wieder.
Ich stand auf und hielt ihn am Eingang der Nische auf.
"Wenn du mich noch einmal rumkommandierst...", drohte ich.
"Aber in dem Fall hab ich recht", sagte Draco. "Wir sollen keinem auch nur irgendwas sagen"
"Wieviel weiß denn Pansy? Ich bin mir sicher, sie wird nicht nur bei mir nachfragen", wollte ich wissen.
"Sie weiß gar nichts, vermutlich weiß sie nicht mal mehr, dass es den Raum der Wünsche gibt", meinte er. "Ich passe jedenfalls auf, wem ich was sage, was du jetzt noch vorhast, weiß ich nicht"
"Sagt der, der Crabbe und Goyle schon am Anfang des Schuljahres was gezeigt hat?", erwiderte ich.
"Das mit den beiden haben wir schon geklärt und selbst die haben bis jetzt ihre Klappe gehalten", sagte Draco, wandte sich ab und ging zum Jungenschlafsaal.
Als ich mich wieder zu Daphne umdrehte, sah ich den Gegenstand, den Draco auf den Tisch gestellt hatte.
Es war das Glas, welches ich im Verschwindekabinett zurückgelassen hatte, gefüllt mit den Einzelteilen meines Glücksbringers.
"Ist das dein Saphir, Lucie?", fragte Daphne, die eines der blauen Steinchen in der Hand hatte und gegen das Licht hielt.
"Ja", sagte ich und setzte mich wieder.
"Was ist passiert? Warum ist er kaputt?", fragte sie besorgt.
"Ich hab ihn fallen lassen. Weil ich immer noch so verdammt ungeschickt bin", erklärte ich. "Aber er hat sich davor wenigstens noch so verabschiedet, dass er mir noch ein paar Tage in Erinnerung bleiben wird"
Ich hob die Hand mit den Schnitten hoch und Daphne sah sie erschrocken an.
"Das war der Stein? Wie hast du das denn angestellt?", fragte sie.
"Ich hab ihn in der Faust gehalten und die Kanten waren eben spitz", meinte ich und nahm die Hand wieder runter.
"Aber du kannst den Saphir doch noch reparieren. Reparo?", schlug sie vor. "Schon vergessen? Soll dir Astoria Nachhilfe geben?", fügte sie lachend hinzu.
"Nein, natürlich hab ich das nicht vergessen.", sagte ich und schaute die funkelnden Steine im Glas an. "Ich hab überlegt, ob es sich lohnen würde, ihn zu reparieren. Aber ich glaube, es würde sich dann nicht mehr so wie vorher anfühlen, weißt du? Außerdem hatte ich ihn sowieso lange, mein halbes Leben lang, und man soll sich auch nicht immer auf sein Glück verlassen..."
"Wenn du meinst", sagte Daphne. "Aber das Glas? Ist das nicht aus der großen Halle?"
"Ja, ist es. Hab ich nach dem Frühstück mitgehen lassen", sagte ich und stellte es zur Seite, um Platz für meine Schulbücher zu machen. "Lass mich nicht vergessen, es zum Mittagessen wieder mit rauf zu nehmen."

Hey Brother (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt