Kapitel 9
Sandrine wusch sich die Hände und blickte besorgt in die Augen ihres Spiegelbildes.
»Was ist hier los?«, fragte sie sich. Sie hatte gerade eine Menge Geld in einem ehrlichen Spiel gewonnen und trotzdem sah es irgendwie so aus, als hätte sie betrogen.
Sie ging in Gedanken die einzelnen Spielschritte durch, konnte aber keinen Fehler finden. Hatte ihr Gregory eine Karte zugeschanzt, ohne dass sie es bemerkte?
Sandrine war verwirrt und Verwirrung mochte sie noch weniger als Unsicherheit, denn es war die direkte Vorstufe dazu.
Sie beschloss, vorsichtig zu sein. Noch hatte sie ihren Vertrag nicht unterschrieben, noch stand alles auf dem Spiel.
Sie kontrollierte ihr Make-up, drehte sich einmal kurz vor dem Spiegel und verließ die Toilette.
Auf dem Weg zurück zum Salon kam sie an der Küche vorbei. Eine Hand schnellte heraus, packte sie am Oberarm und zog sie hinein. Sandrine konnte nicht einmal aufschreien.
»Bitte bleiben Sie ruhig, Mademoiselle. Ich will Ihnen nichts tun. Ich brauche Ihre Hilfe.«
Vor ihr stand Daniel, der sie mit flehenden Augen ansah. Sandrine meinte, auch Tränen zu sehen.
»Was ist los mit dir?«, fragte sie ärgerlich. Ihr fiel nun das erste Mal auf, dass Daniel intensiv nach frisch gebrühtem Kaffee roch. Sie mochte das. Ihre Stimme wurde sanfter. Daher flüsterte sie: »Was?«
Daniel war nervös. Ständig glitt sein Blick zwischen Sandrine und der Küchentür hin und her.
»Sie müssen mir helfen. Dieser Neffe, dieser Gregory. Er hat es auf mich abgesehen.«
Sandrine löste sich langsam aus Daniels Umklammerung.
»Wie soll ich dir da helfen? Woher kennst du mich überhaupt?«
Daniel wischte sich die Nase mit dem Rücken des Handschuhs.
»Sie kennen doch Martin? Sie waren doch vor Jahren ein Paar, nicht wahr? Ich bin sein Halbbruder.«
Nun, ich war überrascht, als mir Sandrine das erzählte. Ich wusste, dass mein Vater kein Kind von Traurigkeit war und ich nicht der einzige seiner Abkömmlinge bin. Aber von einem Daniel aus Nizza hatte ich noch nie gehört.
Sandrines Gefühle für mich verleiteten sie also zu der Antwort:
»Oh. In diesem Fall.« Sie versuchte etwas in seinem Gesicht zu finden, das sie an mich erinnerte, aber sie fand nichts. Ich denke das war auch der Grund, warum sie sich plötzlich für ihn verantwortlich fühlte.
Meinetwegen, ihretwegen, vielleicht wegen dem, was uns verbindet. Im Nachhinein betrachtet, glaube ich, war genau dieser Wunsch nach etwas Vertrautem, in diesem Schwebezustand der Unsicherheit, in dem sie sich an diesem Abend befand, der Auslöser für alles, was sie daraufhin erleiden musste.
»Also, was ist dein Problem?«, fragte sie daher Daniel noch einmal.
»Gregory und seine Freunde. Wir haben in den letzten Wochen ein paar Mal zusammen gepokert. Ich habe wirklich viel Geld an ihn verloren. Nach langem Hin und Her und jeder Menge Versprechungen hat er eingewilligt, morgen noch einmal mit mir um alles oder nichts zu spielen.«
Sandrine legte die Hand über ihre Augen.
»Und was soll ich da tun?«
»Zeigen Sie mir, wie sie das gemacht haben, eben gerade. Erklären Sie mir den Trick.«
»Es gibt keinen Trick. Ich hatte einfach Glück.«
Daniels weinerliche Stimme drang tief in Sandrines Herz.
»Sie wissen nicht, wozu Gregory fähig ist. Vor einem Monat hat er in St. Tropez einem jungen Schauspieler aus New York die Ohren mit einem Tacker an den Schädel genagelt, weil er ihm 2.000 Euro schuldete.«
Sandrine sah Daniel ernst an.
»Und Ihre Schuld beträgt?«
Daniel schluckte.
»55.000 Euro«
Sandrine presste die Lippen zusammen.
»Also gut. Ich helfe dir, aber nur dieses eine Mal und weil du der Bruder von Martin …« Sie konnte den Satz nicht beenden. Ein scharfes »Oi!« hinter ihrem Rücken brachte sie zum Schweigen.
Gregory trat zwischen Daniel und Sandrine.
Er fixierte Daniel scharf.
»Wir brauchen noch Champagner, Bursche.« In seiner Stimme lagen Verachtung und Arroganz.
Dann drehte er sich zu Sandrine. Er sah ihr in die Augen und sagte mit zuckersüßer Stimme:
»Kommen Sie, meine Liebe. Arden ist dabei, Mees die grundlegenden Vorteile eines Computer-Chips unter der Kopfhaut für das Wohlbefinden der Menschheit zu erklären. Das könnte witzig werden.«
Er nahm Sandrine am Ellenbogen und schob sie aus der Tür zurück in den Salon. Sandrine wusste, von wem er das hatte.
Gregory platzierte sie auf ihren Stuhl und setzte sich ebenfalls.
Der schwere Duft von Tabak lag in der Luft, Arden und Mees zogen sich gegenseitig auf und die Baronin tätschelte immer wieder Sandrines Hand.
Daniel stand im Hintergrund, mit hängendem Kopf.
Sandrine griff mit der Linken in ihre Pochette, zog ihre Visitenkarte heraus und ließ sie in einem Moment großen Gelächters auf den Boden gleiten.
Mit der Fußspitze schob sie das Kärtchen unter eines der Tischbeine. Sie suchte Daniels Blickkontakt. Als er ihn erwiderte, deutete sie kurz mit dem Kinn auf den Boden.
Daniel hatte verstanden. Er nickte kurz und ein kurzer Anflug von Hoffnung machte sich in seinen Augen breit.
Gregory lehnte sich in seinem Stuhl zurück, kratzte sich mit seinem Mittelfinger an der Nase und sagte:
»Wusstet ihr, dass Daniel ein vorzüglicher Sänger ist? Was haltet ihr davon, wenn er uns ein paar Kinderlieder vorsingt. Daniel? Wie ging noch mal das Lied von dem kleinen Jungen ohne Freunde?«
Die Runde lachte und Daniel begann, mit brüchiger Stimme zu singen.
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Kreuzdame
AdventureLiebe Leserin, lieber Leser! "Kreuzdame" ist die Pilotfolge zur Serie "Pochette". Das Buch ist sowohl in Deutsch, als auch in Englisch hier auf Wattpad gratis lesbar. Meinen Dank dafür an den Begedia Verlag und Wattpad. Die Folgebände erscheinen im...