Kreuzdame - Kapitel 13

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Kapitel 13

Sandrine stand am Straßenrand vor Gregorys Hotel und entleerte eine Flasche Whiskey in den Kanal.

Als die Hälfte des Inhaltes verschwunden war, goss sie die K.O.-Tropfen, die bei allen Discobesucherinnen gefürchtet waren, dazu. Eingeschränkte Reaktionsfähigkeit und Willenlosigkeit hießen die Auswirkungen. Andere mochten sich mit Fäusten, Kugeln oder gedungenen Schlägern verteidigen. Sandrine hatte sich im Zuge ihrer Arbeit ein breites Wissensspektrum an Kreuzreaktionen von Medikamenten und wohldosierten Giften angeeignet.

Sie mischte das Gebräu in der halb vollen Flasche Jack Daniel‘s kräftig durch, bevor sie das Foyer betrat.

Als sie aus dem Lift stieg, konnte sie die wuchtigen Bassschläge aus Gregorys Zimmer förmlich in der Luft spüren.

Sie baute sich vor der Tür auf, atmete tief durch und klopfte.

Ein Chinese Mitte Vierzig öffnete. Eine Narbe teilte seine Oberlippe und sein Haar klebte von Schweiß getränkt an seiner Stirn. Er packte Sandrine am linken Handgelenk und zog sie ins Zimmer.

Zigarettenqualm stand in der Luft. Der Rauchmelder war aus der Decke gerissen. Die Musik war irgendeine Art Techno, die das Herz in einen raschen Rhythmus zwang. An einem runden Tisch saß Daniel. Von seinen Mundwinkeln tropfte Blut.

Der Chinese bugsierte Sandrine zum Tisch. Sie stellte die Flasche Jack Daniels neben Daniel.

Auf dem Tisch lagen Karten, Spielchips, Spuren weißen Pulvers und eine Browning, 9 mm Halbautomatik.

Gregory saß Daniel gegenüber und rauchte genüsslich eine Zigarette. Sein Hemdkragen, seine Krawatte und seine Anzugweste waren offen. Er sah Daniel nachdenklich an.

Auf dem Bett lag ein dritter Mann im Halbdunkel, von dem Sandrine nur die Schuhe erkennen konnte. Sie waren riesig.

Der Chinese tippte Gregory auf die Schulter, der erst nach ein paar Sekunden reagierte. Langsam drehte er seinen Kopf und sah Sandrine an.

»Mademoiselle Ferrand. Was für eine angenehme Überraschung. Entschuldigen Sie diese Unordnung. Peter, mach die Musik leiser.«

Der Deutsche erhob sich vom Bett. Seine Größe war beeindruckend. Hätte er die Hand nach oben ausgestreckt, wäre er problemlos die Decke berühren können.

»Daniel hier hat mich angerufen, weil er etwas Unterstützung braucht«, begann Sandrine das Gespräch so unschuldig wie möglich.

»Da dachte ich bei mir. Ein paar nette Jungs, eine Runde Poker, was fehlt da noch? Whiskey.« Sie schwenkte die halb volle Flasche vor sich hin und her.

Gregory lächelte.

»Daniel hat genug, aber Sie können sich gerne anschließen.«

Er deutete mit der Zigarette zwischen den Fingern auf den leeren Stuhl neben sich.

»Setzen.«

Der Chinese drückte Sandrine an den Schultern in die Knie.

Sandrine setzte sich und legte ihre Handtasche auf ihren Schoß. Die Musik wurde leiser.

Gregory deutete mit dem Kinn auf Daniel.

»Er wollte uns übers Ohr hauen. Ein kleiner dummer Kartentrick stimmt’s?« Dabei trat er ihm unter dem Tisch gegen das Schienbein, dass Daniel vor Schmerzen wimmerte.

Er sah Sandrine verzweifelt an. Er wollte antworten, öffnete den Mund, schloss ihn aber rasch wieder.

Gregory drehte sich nun mit dem ganzen Körper zu Sandrine.

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