Wenn mich jemand fragen würde, wie mein Leben so katastrophal werden konnte, würde ich mit dem Ereignis beginnen, welches mein Leben mit einem Mal um 180 Grad veränderte. Negativ, versteht sich.
Der Tod meines Vaters. Der wohl schlimmste Tag in meinem Leben.
Es war wie ein Schlag in mein Gesicht. Als würde mir der Wind aus den Segeln gerissen werden. Etwas Schlimmeres hätte ich mir niemals ausmalen können. Als ich an dem Grab meines Vaters stand, konnte ich es nicht verstehen. Es war so fern, so surreal, es kam mir nicht vor wie mein wirkliches Leben. Als würde es jemanden anderen passieren. Auch jetzt, so lange danach, fühlte ich mich schlimm, wenn auch auf eine andere Art.
Ich wünschte mir, der Tod meines Vaters wäre nur ein Albtraum. Nur ein Traum, aus welchem ich bald erwachen würde. Doch leider erwachte ich nicht. Weder jetzt, noch damals, als es passierte. Es würde niemals ein Erwachen geben. Niemals würde ich meine Augen aufschlagen können und den Erinnerungen und Bildern in meinem Kopf entrinnen. Ich wurde gefangen gehalten, und diese Gefangenheit würde meinen Tod bedeuten.
Ich war erst 13 Jahre alt gewesen und es war ein ganz normaler Tag. Ein warmer Tag Mitte im August. Es war ein Tag wie jeder andere. Doch dies sollte nicht so bleiben. Nicht in diesem Tag.
Meine Eltern stritten sich. Es war nichts Neues für mich, die Liebe meiner Eltern war erschöpft und Streit erfüllte fast jeden Tag unser Haus. Die Tatsache, dass sie sich nicht mehr so liebten wie damals, stresste mich. Ich machte mir Vorwürfe, sie würden sich wegen mir hassen. Hatte Angst, dass sie sich trennen würden. Ich wollte nicht zwischen den beiden stehen, wollte mich nicht für eine Seite entscheiden.
Langsam zog ich die oberste Schublade meines Schreibtisches auf und kramte meine Kopfhörer hervor. Mit gekonnten Griffen entwirrte ich das Durcheinander und steckte sie mir mit einem tiefen Seufzen in die Ohren. Immer, wenn sich meine Eltern stritten, versuchte ich mich abzulenken und Musik half mir dabei. Sie übertönte ihr Geschrei und brachte mich auf andere Gedanken. Ich suchte mein Handy, welches auf meinem Mathe-Heft lag und stöpselte das Kabel der Kopfhörer ein. Nur ein paar Sekunden später schallten die ersten Töne eines willkürlichen Liedes durch meine Ohren. Ich konnte nichts mehr hören, nur noch die Musik und das Blut, welches mir durch den Kopf strömte. Mein Geist löste sich von meinem Körper und wurde von der Musik davon getragen, in ein Reich voller Träume und Wünsche. Es gab nur mich und das Lied.
Ich seufzte, nun viel mehr entspannt. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen und endlich bekam ich die Möglichkeit, mich ruhiger zu fühlen. Die Woche hatte ich mehrere Arbeiten in der Schule schreiben müssen und durch das viele Lernen hatte ich Kopfschmerzen bekommen. Ich war nicht schlecht in der Schule und es war anstrengend, meinen Notendurchschnitt und die Situation meiner Eltern unter einen Hut zu bekommen, doch irgendwie schaffte es. Gestresst war ich trotzdem.
Am frühen Nachmittag verließ mein Vater schließlich wutentbrannt unser kleines Haus. Trotz der Musik konnte ich das laute Knallen der zuschlagenden Haustür hören und verdrehte leicht die Augen. Sie benahmen sich wie kleine Kinder, die sich um ein Spielzeug stritten. Müde zog ist die Stöpsel aus meinen Ohren und setzte mich an meinem Schreibtisch auf, nahm meinen Kopf von meinen Armen und konzentrierte mich wieder auf meine Hausaufgaben.
Es war 22 Uhr, als ich meinen Stift beiseitelegte und nach unten in unser Wohnzimmer ging. Es war groß und hell. Fenster säumten die Wand und ein großer Fernseher hing an der beigen Wand. Mein Vater hatte sie vor ein paar Jahren mit mir gestrichen und ich verband angenehme Gefühle mit diesem Tag. Nun lief der Fernseher und meine Mutter lag auf der Ledercouch, starrte mit rot geschwollenen Augen an den Bildschirm. Sie weinte nicht aktiv, doch ihre Wangen wiesen Tränenspuren auf und der traurige Blick blieb. Auf dem Beistelltisch standen eine Flasche Wein und ein fast leeres Rotweinglas.
DU LIEST GERADE
Thin boy
Teen FictionIch will doch nur, dass alles wird wie früher... 16 Jahre. Eigendlich ein schönes Alter. So aber nicht für Nate. Er ist nicht wie andere Kinder in seinem Alter. Schon seit der achten Klasse wird er von seinen Mitschülern in der Schule gemobbt und s...