Kapitel 19. Nate

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Ich starrte an die Wand. Klinik. Noch immer konnte ich es nicht realisieren. Wollte es nicht verstehen. Es ging einfach nicht. Dort wäre ich alleine. Eingesperrt.

Hieß Klinik nicht, dass man abgeschoben wurde? Mit seinen Problemen auf irgendeine Art allein gelassen wird? Natürlich, man bekam dort Hilfe, aber von den Leuten, von denen man wirklich Hilfe wollte, wurde wann weggeschickt. Alle sagten zwar, sie wollten mir helfen, doch in Wirklichkeit wollten sie mich einfach nur los werden und nicht mehr über mich nachdenken. Ich belastete sie.

Dimitri war schon lange weg. Es war mitten in der Nacht. Kalt. Dunkel. Nur das Piepen des Langzeit-EKGs war zu hören. Es nervte mich. Langsam drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke, während ich mit einem der Schläuche spiele. Sie hatten eben meinen schon gelegten Zugang mit einem Schlauch zu einem Infusionsbeutel verbunden und mir einen sogenannten Zulauf über die Nacht gelegt. Nun hing ich am Tropf und war an weitere Kabel angeschlossen. Sie wollten nicht das Risiko eingehen, dass in dieser Nacht wieder etwas passierte, was meine Gesundheit gefährdete. Es war zu riskant, das mein Herz wieder oder ein anderes Organ versagte. Es war und blieb riskant.

Ich spielte mit der Broschüre in meiner Hand und beobachtete die Krankenschwester, wie sie mich vom Tropf nahm und das Langzeit-EKG, welches ich über die Nacht hatte tragen müssen, entfernte. "Hattest du eine angenehme Nacht? Schmerzen?", fragte sie und musterte mich. Ja, mir ging es schlecht. Ich fühlte mich wie aufgebläht, sie hatten mich 'Zwangsernährt' mit dieser flüssigen Nahrung, dessen Name ich vergessen hatte. "Alles gut.", sagte ich jedoch und zwang mich zu einem steifen Lächeln. "Gut.", sagte sie und hantierte kurz mit meinem Zugang herum, ehe sie das Zimmer verließ und mich alleine ließ.

In den nächsten Tagen kam niemand. Wirklich niemand. Weder Cooper, noch meine Mutter oder Dimitri. Der Arzt redete oft mit mir, nervte mich mit der Klinik, doch ich blieb bei meiner Position und ließ mich zu nichts überreden. Ich wollte nicht in diese Klinik. Niemals.
Erschrocken zuckte ich zusammen, als die Tür aufgerissen wurde und meine -augenmerklich genervte- Mutter das Zimmer betrat. Dicht gefolgt von Dimitri.

"Steh auf!", forderte sie mich harsch auf. Ich blickte sie verwirrt an. Tagelang ließ sie sich hier nicht blicken und nun sagte sie nicht mal Hallo oder ein freundliches Wie fühlst du dich, Liebling?. Ich fühle mich jetzt schon unwohl in ihrer Nähe.

Eine kräftige Hand an meinem Oberarm riss mich unsanft an meinen Gedanken. Sie zerrte mich aus den Bett und stieß mich fast schon brutal zu den kleinen Schrank, der an der Wand stand. "Pack deine Sachen.", murrte meine Mum und machte schnell und unordentlich das Bett. Ich konnte mich kaum auf deb Beinen halten. Dimitri half mir, die Tasche zu packen, mit meinem wenigen Hab und Gut, und wir verließen zu dritt das Krankenhaus. "Dürfen wir einfach so gehen?", wollte ich kleinlaut wissen. "Alles ist abgesprochen.", war die harsche Antwort darauf.

Wenig später saßen wir im Auto und Dimka fuhr los, wohin, wusste ich nicht. Ich schätzte nach Hause.
Müde lehnte ich meinen Kopf an die kalte Fensterscheibe und beobachtete die Umgebung, welche an mir vorbei schoss und zu einem bunten Lichtergewirr wurde. Mir fiel es fast schon schwer, meine Augen offen zu behalten. Ich freute mich auf zu Hause. Irgendwie. Auch wenn Mum da war, welche mich aus irgendeinem Grund zu hassen schien. Ich freute mich auch nur halbherzig auf mein Bett, schließlich waren dort ekelhafte Dinge vorgefallen. Mehr freute ich mich auf die Umgebung allgemein. Dieses Vertraute. Ich wusste selbst, es ergab keinen Sinn, doch ich konnte es kaum erwarten. Freute mich richtig. Ungeduldig gähnend blickte ich zu meiner Mutter und ihrem Freund auf. Die beiden schienen wirklich etwaa festes zu haben. Sie verstanden sich gut. Ich gönnte es ihnen.

Als ich das nächste mal aus den Fenster blickte, stellte ich erstaunt fest, dass wir uns außerhalb Atlanta befanden. Ich spürte, wie meine Hände schwitzig wurden und mein Kopf zu pochen begann. Wir fuhren nicht nach Hause. Nicht nach Hause...

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Ein etwas kürzeres Kapitel, sehr viel kürzer eigentlich, aber der Cut passte dort ganz gut. So.
Bald wieder länger. Bald passiert auch mal endlich wieder mehr. Oder überhaupt etwas​. Ich habe noch große Pläne mit Cooper und Nate, außerdem sind noch zwei wichtige Charaktere geplant, von welchem einer sogar ein Schlüsselcharakter sein wird. Aber lasst euch überraschen, mehr verrate ich nicht. :)

Bis zum nächsten mal.
Wörter: 747, wie gesagt, kurz...

Thin boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt