Kapitel 14. Nate

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Wir standen vor dem schäbigen Haus, welches sich mein Heim schimpfte. Ich seufzte schwer, wollte meiner Mutter nicht unter die Augen treten. Mein träger Blick huschte zu Cooper und beobachteten ihn eine Zeit von der Seite. Er war wirklich hübsch, für einen Jungen. Meine Mutter hatte damals gesagt, ein Junge muss nicht hübsch sein. Er muss Ausstrahlung besitzen. Und dies besaß Cooper.

"Bist du bereit?", fragte er mich langsam. Ich seufzte und begab mich auf die mühsame Suche, nach meinem Hausschlüssel. Als ich ihn gefunden hatte, schloss ich auf, und machte mich in Begleitung von Cooper auf den Weg in den dritten Stock, wo sich unsere kleine Wohnung befand. An der dünnen Holztür, wo schon der Lack abblätterte, blieben wir stehen und ich schloss auch diese auf. Ich spürte den permanenten Blick von meinem Begleiter an meiner Seite, stieß ohne mich irritieren zu lassen die Türe auf.
Wir tragen ein. Alkohol Geruch schlug uns entgegen, die Luft war abgestanden. Unordentlich erschreckte sich der enge Flur vor uns. Wir zogen unsere Schuhe und Jacke es auch Cooper folgte mir in die winzige Küche. Sie wirkte wie verlassen. Ein einer Ecke war ein großer Schimmelfleck an der Decke. Selbst mich ekelte es an. Mir wurde speiübel, schämte mich für mein zuhause und auch für meine Mutter.

"Mum?", rief ich, meine Stimme zitterte. Keine Antwort. Vielleicht schlief sie ihren Rausch aus oder war nicht da.

Mit schnellen Schritten lief ich ins Wohnzimmer, Cooper hinter her. Überall standen leere Alkoholflaschen und volle Aschenbecher. Es stank so bestialisch. Cooper rümpfte die Nase. Es war mir peinlich. So peinlich.

"Sie scheint nicht da zu sein.", murmelte ich und ging wieder in den Flur. "Ist doch gut...", sagte Cooper leise. Ich zuckte mit den Schultern und ging in mein Zimmer, blieb erschrocken an der Türschwelle stehen.

Das kann nicht sein. Das würde sie nicht tun. Selbst meine Mutter hätte so viel Anstand, es nicht zu tun. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Wie konnte sie das nur tun? Mein Blick huschte kurz zu Cooper, der entsetzt zu meinem Bett starrte. Es war mir peinlich. So peinlich.

Meine Mum lag nackt in meinem Bett. Die Bettdecke lag halb auf den Boden, halb auf ihren Nacken Körper. Das schlimmste war der nackte Mann neben ihr. Ekel erpackte mich. Eine weiße Flüssigkeit hatte sich auf den Boden und meiner Matratze breit gemacht, mehrere gebrauchte Kondome lagen überall herum. Genau wie ihre Kleider. Eine Flache Wodka war umgekippt und der Inhalt hatte sich auf meinem gesamten Boden verteilt, war teilweise schon eingezogen. Es war widerlich. Cooper, sowie ich, wir beide konnten unseren Blick nicht von dem ekelerregenden Bild vor uns abwenden. Wie konnte sie mir soetwas nur antun? Hatte sie kein eigenes Bett? Hatte sie keine Würde?

Ich spürte, wie jemand nach meinem Arm griff und mich von dieser Schrecklichkeit wegdrehte. Es war Cooper, wer sollte es auch anders sein. "Nate...", murmelte und blickte mich mit einem solch traurigen Blick an, als hätte man uns eben verkündigt, dass jemand verstorben sei.

"Es ist egal.", flüsterte ich. Für mehr fehlte mir die Kraft. "Ist nicht so schlimm. Geh du nur nach Hause, ich mache das hier...", verräterische Tränen rollten meine Wange runter. Wann waren wir nur so tief gesunken? Seit wann musste ich mich so ungläublich für das alles schämen? Wann war alles so den Bach runter gegangen? Nach Dads Tod oder schon davor? Als sich Mommy und Daddy anfingen zu schreiten, oder erst als meine Mutter ihre Hand gegen mich erhoben hatte? Ich wusste es nicht. Ich wusste nicht, wann mein Leben so verdammt unlebeswert eworden war, wann wir alle in die falsche Schiene geraten waren. Eins jedoch wusste ich, so würde ich nicht mehr lange durch halten.

Der Gedanke, bei meinem Vater zu sein und nicht mehr hier, war plötzlich erschreckend presänt. Er erschreckte mich durchaus, noch nie hatte ich darüber nachgedacht, mir mein Leben zu nehmen. Mein mickriges, verdammtes Leben als fetter Junge ohne Würde.

Wieder einmal wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich nicht nur meinen Vater, sonders auch meine Mutter verloen hatte. Und nicht nur die beiden, nein, auch mich selbst habe ich verloren. Ich bin mir durchaus sicher, mich nie wieder zu finden. Wahrscheinlich war ich schon längst Tod. Mein Messer, welches mich tötete, waren die Kommentare der Menschen, welche sich einen Spaß auf meine Kosten erlaubten. Mein Blut, welches aus meinem Körper entrann, waren meine Tränen, sowie das viele Körperfett, welches ich anscheinend besaß. Soetwas konnte man sich schließlich nicht ausdenken. Es musste war sein. So war, dass ich es glauben musste.

"Nate? Hörst du mich?", wurde ich nicht zum ersten Mal aus meinen trüben Gedanken gerissen. Cooper und ich befanden und nun in der Küche, wie ich hier her gekommen war, konnte ich mich beim besten Willen nicht dran erinnern. Coopers großen warmen Hände lagen auf meinen mageren Schultern und er blickte mir besorgt in die trüben Augen. "Was ist los?", sagteich monoton, wusste gar nicht mehr, wieso ich mich so elendig leer fühlte. "Wir machen uns jetzt auf die Suche nach Mülltüten und Putzzeugs und dann räumen wir hier mal so richtig auf, okay? Wie klingt das für dich?", er zwang sich zu einem Lächeln und musterte mich eingehend. Langsam nickte ich und seufzte dann.

Nur wenig später waren Cooper und ich mit Putzlappen, Wassereimer und Müllsack ausgestattet und bereit, den Kampf gegen das Chaos anzutreten. Während ich die ganzen Flaschen, ganz gleich ob noch voll oder schon leer, in den Sack verschwinden ließ, war Cooper mit dem Lappen und hanz viel Spüli dabei, die Flecken zu entfehrnen. Nur alleine für die Küche benötigten wir gut vierzig Minuten. Coops hatte leise Musik angemacht und somit war die Stimmung nicht mehr ganz so angespannt.

Das Wohnzimmer dauerte schon etwas länger. Ich war gerade dabei, die Kissen vom Sofa richtig aufzuschlagen, als ich meine Zimmertüre hörte. Wenig später stand ein verkaterter müder junger Mann im Wohnzimmer und kratzte sich noch im halbschlaf am Kinn. Er hatte es geschafft, sich eine Boxer drüber zu ziehen. Als er uns sah, weiteten sich eine Augen.

"Oh shit.", murrte er und gähnte. "Guten Morgen.", er lächelte uns schief an. "Von Morgen würde ich nicht mehr reden.", sagte Cooper kühl. Der Fremde zuckte mit den Schultern. "Ich hoffe mein Bett war bequem.", meine Stimme klang so fürchterlich hohl und leer, enttäuscht. Die Augen des jungen Mannes weiteten sich. Er war bestimmt mehrere Jahre jünger als meine Mutter es war. "Es war dein Bett, stimmts? Tut mir leid Kumpel. Deine... Mutter? Ich glaube deine Mutter. Sie und ich, wir waren gestern ziemlich betrunken und sie war ziemlich schlecht gelaunt. Wir haben uns beide glücklich gemacht.", der Mann sprach mit einem leichten russischen Akzent. Ich drehte meinen Kopf weg und starrte auf das Kissen in meinen Händen. "Das ist keine Entschuldigung!", motzte Cooper wütend. "Natürlich nicht. Ich helfe euch, sauber zu machen."

Überraschender Weise, half der Fremde wirklich. Zu meiner großen Überraschung war er ein ganz korrekter Mann. Wie wir erfahren hatten, war er 25 Jahre alt und hieß Dimitri Iwanow. Jedoch sollten wir ihn Dimka oder Dima nennen. Wie gasagt, er war eigentlich ein recht netter Kerl. Nun gut, er hatte mit meiner Mutter geschlafen, aber laut ihm waren die beiden nun schon gut ein Monat ein Paar. Mich machte es traurig, dass weder meine Mum, noch sonst wer, mir etwas darüber erzählt hatte. Wie immer war ich der, der es nicht Wert war, solch wichtigen Dinge zu erfahren.

Wie recht ich nur damals damit hatte...

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Endlich. Endlich habe ich es geschafft, ein neues Kapitel zu schreiben. Tut mir leid, dass so lange nichts kam. Ich sag nur Klausurphase... Aber jetzt sind ja Ferien.

Also: Frohe Weihnachten und den besten Rutsch ins neue Jahr!!!

Xoxo
Eure Janii und... Nate.

Schöne Feiertage.

Ps: 1296 Wörter. Bin ganz zufrieden.

Thin boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt