Kapitel 17. Cooper

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Als die Nachricht mich erreichte, vergaß ich ein paar Sekunden, wie man atmete.
Ich versuche mich zu entspannen, doch der Schock saß tiefer, als gedacht.
Es ging ihm schlecht​. Das hatte man sehen können. Ihm ging es immer schlecht.

In meiner Brust machte sich ein unangenehmes Ziehen breit. Für ein paar Sekunden schloss ich meine Augen und atmete tief durch. Das Krankenhaus war mit Sicherheit nicht das schlimmste, was passieren hätte können. Dort bekam er professionelle Hilfe und Medikamente. Also sollte ich anfangen, mich zu entspannen.

Gut eine Stunde später riss ich ohne zu Klopfen die Tür des Zimmers auf und stürmte hinein. Nicht nur ich erschreckte mich über mich selbst, sondern auch Nate, der auf dem Hinteren Bett lag und an seinem Handy hantiert hatte. Als ich dir Tür aufgerissen hatte, war er zusammen gezuckt und hätte fast sein Handy von sich weg geworfen. Innerlich verfluchte ich mich für mein nicht vorhandenes Taktgefühl.

"Cooper!", rief Nate überrascht. Trotz seiner erhöhten Stimme konnte ich hören, wie schwach und erschöpft er klang. Als ich mir ihn genauer anschaute, hatte er dunkle, rot-violette Ringe unter den Honigfarbigen Augen. Das er abgemagert aussah, musste ich nicht noch extra erwähnen. Er richtete sich leicht auf und ich schloss, nun peinlich berührt von einem Auftreten, leise die Türe. Ich drehte mich zu ihm. Daa andere Bett war leer und eine Folie war über das Bettzeug gespannt. Langsam ging ich auf ihn zu. Er richtete sich auf und bevor er sonst noch etwas machen konnte, hatte ich schon besorgt meine Arme um ihn gelegt. Ich drückte ihn an mich, ganz leicht, als könnte er jede Sekunde zerbrechen. Indirekt konnte er es ja auch.

"Oh Gott, Nate.", murrte ich und küsste ihm sanft aufs dünne Haar, so leicht, das er es mit Sicherheit nicht spüren konnte. Wieso ich es tat, wusste ich nicht. Ich hatte den Drang verspürt, sein Haar mit meinen Lippen zu berühren. Andere würden sich vor den dünnen ausfallenden Haaren ekeln, doch ich mochte sie. Mir war egal, dass man seine blasse Kopfhaut sehen konnte, welche durch das dünne helle Blond durchschimmerte, wenn das Licht richtig fiel. Mir war egal, dass sein Kopfkissen mit lauter kleine blonden Haaren besetzt war, die ihm beim Schlafen oder einfach beim Liegen ausfielen. Mir war egal, dass ich nicht einfach durch die ungestylten Haare fahren konnte, weil ich mir dann sicher wäre, ein ganzes Knäuel Haare in meiner Hand zu haben. Mir war dies alles egal.
Ich war überrascht, wie gut seine Haare rochen. Etwas nach Krankhaus, klar, aber an sich trugen sie einen Geruch, welchen ich unmöglich zuordnen konnte. Es war wie mit seinen Augen. Manchmal, wie grade, war ich fest davon überzeugt, dass seine großen Augen die Farbe von frischem Waldhonig hatten. An anderen Tagen wirkten sie eher wie flüssiges Gold oder Bernstein. Wieder an anderen Tagen wirkten sie gelb und ganz selten waren sie braun. Definieren wäre unmöglich. Erst vor ein paar Tagen war mir diese Tatsache so richtig aufgefallen. Seine Augen waren so besonders, wie er selbst.

"Cooper?", hörte ich, wie jemand, der an meine Brust gedrück wurde, murmelte. Erst jetzt realisierte ich, wie lange ich ihn schon ihm Arm hielt.

Oh Gott. Ich hatte ihn geküsst!

Zwar nur auf das Haar, aber Kuss war Kuss. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ihn einfach zu küssen. Mitten im Krankenhaus.

"Setz dich doch.", sagte Nate und ich zog mir einen Stuhl heran. Grade als ich mich setzen wollte, hielt er mich auf, in dem er das Wort ergriff.

"Also... Eigentlich dachte ich, dass du dich zu mir setzten kannst...", grummelte er und ich hatte ernsthafte Probleme, ihn zu verstehen. Doch ich verstand ihn und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. "Wenn das so ist...", ich schob den Stuhl wieder an seinen Anfangsplatz und zog meine Schuhe und Jacke aus. Hoffentlich verstand ich ihn nicht falsch. Nicht dass er eigentlich meinte, ich solle mich auf die Bettkante setzen und ich setzte mir einfach so neben ihn. Doch als er mit einem schüchteren Lächeln die Bettdecke zur Seite schlug und selbst etwas rutschte, verflog auf mein letzter Zweifel. Schnell setzte ich mich und legte meine Beine, bekleidet mit einer dunkel blauen Jeans, neben seinen dünnen, in einer grauen Jogginghose steckenden, Beine. Ich machte es mir bequem und er deckte nun auch mich zu. Zu meinem eigenen Erstaunen fühlte ich mich pudelwohl, so direkt neben ihn.
Mein ganzer Körper kribbelte, dabei berührte ich den Jungen gar nicht. Was er nur plötzlich für eine Wirkung auf mich hatte.

"Wir können ja etwas auf Netflix schauen.", schlug Nate leise vor, als ich mich bequem in die Decke gekuschelt hatte. "Hier gibt es besseres Netz als bei mir zuhause und die Krankenschwester hat mir Netflix zur Verfügung gestellt, weil in diesem Zimmer der Fernseher nicht mehr läuft.", erklärte er mir fast schon stolz. Ich beobachtete ihn von der Seite und bemerkte erst jetzt, dass er beim Reden leichte Grübchen in den eingefallenen Wangen hatte. Wie süß.
"Ich habe auch schon angefangen, Shadowhunters zu gucken. Weißt du, ich habe die Bücher gelesen und fand sie toll. Dementsprechend war ich von dem Film enttäuscht. Der war mega schlecht. Hast du den gesehen? Naja jedenfalls sind die ersten zwei Folgen ganz cool.", grinste er und ich musste leise lachen. Was war denn mit ihm los? Sonst musste man ihm doch auch alles aus der Nase ziehen.

"Ich dachte dir geht es schlecht.", schmunzelte ich und beobachtete, wie er mit zittrigen Fingern sein Handy entsperrte und mich dann anblickte.
"Ich habe eben eine Infusion bekommen, irgendein Medikament gegen die Schmerzen und seitdem fühle ich mich ganz komisch.", erzählt er und lächelte. Ich wollte gerade genauer nachfragen, was er mit komisch meinte, da hielt er mir auch schon das Display seines Handys vor die Nase. "Was willst du gucken?", fragte er und ich suchte Shadowhunters raus. Ich hatte diese Bücher tatsächlich noch nie gelesen, die Serie jedoch habe ich schon durch gesehen. Nocheinmal schauen schadete schließlich nicht.

Nate kuschelte sich minimal an mich, sodass ich ihn kaum spüren konnte, und startete die dritte Folge.

Wieso er im Krankenhaus lag, traute ich mich noch nicht zu fragen.

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So. Nur kurz: Diesmal widme ich tatsächlich jemanden dieses Kapitel. Und zwar Tobias. Fühl dich geehrt. Ohne ihn wäre heute kein neues Kapitel raus gekommen und ohne ihn hätte es auch keinen Kuss gegeben. Also, bedankt euch alle bei Tobias. XD

Peace und Out, Homies.

Wörter: 1069

Thin boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt