Nun war ich 16 Jahre alt. 16 Jahre und unglücklich. Ja, depressiv.
Ich redete nicht gerne darüber, aber ich wusste selbst, dass ich depressiv war. Eine Zeit hatte ich mich sogar geritzt, aber momentan war ich mit anderen Dingen beschäftigt. Das Mobbing war schlimmer geworden und es war jeden Morgen ein Kampf mit mir selber, ob ich aufstand oder nicht.
Mir selbst war es in dieser Zeit noch nicht bewusst, dass ich krank war. Noch hatte ich nicht kapiert, dass ich Magersüchtig war. Ich sah nicht, das mein Körper heruntergemagert von mir wurde. Ich sah nicht, das ich kurz vorm Ende stand, sah nicht, dass ich Essen brauchte. Verstand nicht, wieso mir so oft schwindelig und schlecht wurde, wieso ich öfters als nötig zusammenbrach. Ich verstand nicht, dass meine Sehnen und Adern schmerzten oder dass meine Glieder Stockdünn waren.
Die in meiner Schule schienen es aber auch nicht zu sehen. Immer noch wurden mir die Wörter fett und hässlich an den Kopf geworfen. Es tat weh. Und wenn man es nur oft genug gesagt bekommt, beginnt man irgendwann, es zu glauben. Und ich glaubte es. Versteckte mein ganzes Fett unter dicken und viel zu großen Pullis. Niemand sollte sehen, wie fett ich doch war.
Was noch niemand wusste, war diese Stimme in meinem Kopf, die nur ich hören konnte. Sie flüsterte mir immer süß zu, wie hässlich, dumm und fett ich doch wäre. Wie ich glauben konnte, dass nur eine Menschenseele auf diesem gottverlassenen Planeten mich mögen könnte. Soetwas wie mich.
Jeden Tag fragte ich mich, wann mein Leiden ein Ende hatte. Wann ich denn endlich dünn war. Dass ich in Wirklichkeit mehr als nur dürr war, sah ich nicht. Heute bereue ich das alles, dünn will ich aber trotzdem noch immer werden, oder bleiben, wer weiß.
Ich hatte keinen Nerv mehr. Keine Lust. Keine Kraft. Wie so oft fragte ich mich, warum ich? Warum musste es mir so schlecht gehen? Warum war ich alleine? Warum versank ich in meinen Gedanken, die mich stundenlang festhielten und alles um mich herum verblassen ließen? Ich wusste: Hör auf zu heulen Junge, steh auf und iss etwas!
Doch es ging nicht. Ich konnte nicht.Wenn ich auch nur an essen dachte, schnürte sich meine Kehle zu und mir wurde unglaublich schlecht. Kalt und heiß zugleich. Bei jedem Gedanken an das, was die anderen an einem Tag aßen, spürte ich schon förmlich, wie das Fett an meinem Körper erschien und nicht mehr weggehen wollte. Es war schrecklich. Meine Haupt Nahrung war Wasser und ungesüßter Tee. Festes nahm ich so gut wie nichts zu mir, hin und wieder einen fettarmen Quark oder ein trockenes Stück Brot. Manchmal sogar ein kleiner Apfel oder eine kleine Schüssel Suppe. Durch die vielen Jahre und Monate des Hungerns hatte sich mein Magen von selbst so verkleinert, dass ich viel so oder so nicht essen konnte. Fettiges und kalorienreiches Essen war komplett tabu.
Heute war wieder einer dieser schönen Freitage. Danach waren zwei Tage frei, obwohl man nur den Samstag richtig genießen konnte. Schließlich hatte man Sonntags immer den Gedanken im Hinterkopf, dass es am nächstem Tag wieder in die Hölle auf Erden, auch bekannt als Schule, der schlimmste Ort der Welt, weiter ging, ob man wollte oder nicht. Nicht selten kam es vor, dass ich einfach schwänzte und lieber ins Fitnessstudio ging. Nicht, um Muskeln aufzubauen -Gott bitte nein!- sondern um Fett abzuarbeiten. Muskeln an sich waren gar nicht so schlecht, aber sie waren unnötiges Gewicht und das wollte ich weitläufig vermeiden. Verständlicher Weise.
Aber um nochmal auf das vorherige Thema zurück zu kommen: Heute war Freitag. Müde quälte ich mich aus dem Bett und stand mit wackligen Beinen auf. Kurz tanzten Sterne vor meinen Augen, doch als das Wasser der Dusche meinen kalten Körper berührte und umhüllte, verschwanden sie. Heute hatte ich mir vorgenommen, ein wenig zu frühstücken. Einmal konnte einen ja nicht wieder total dick machen. Oder?
Nachdem ich das Bad verlassen und mir etwas zum anziehen rausgesucht hatte, ging ich in die Küche. Meine Mutter saß müde an dem Esstisch und trank einen Kaffee. Als sie mich sah, lächelte sie mir entgegen.
"Guten Morgen Liebling.", fing sie ein für mich irrelevantes Gespräch an. "Wie hast du geschlafen?", fügte sie direkt dahinter, lies mir aber keine Zeit zum Antworten, sondern quasselte fast augenblicklich weiter. Mir sollte es recht sein.
"Ich bin das Wochenende arbeiten. Das heißt, du musst dich leider wieder selber beschäftigen. Tut mir wirklich leid.", sie warf mir einen entschuldigenden Blick zu, doch ich nickte nur. Vielleicht konnte ich mich ja mal so richtig ausruhen. In letzter Zeit war mir ständig kalt und ich war so unglaublich müde und erschöpft...
Meine Mutter unterbrach meine Gedankengänge, indem sie aufstand und die Tasse in die Spühlmaschine räumte.
"Nate. Iss bitte noch etwas, ja?", sie warf mir einen besorgten Blick zu, und ich zwang mich zu einem Lächeln und nichte. Natürlich. Ich hatte mir ja vorgenommen ausnahmsweise etwas zu mir zu nehmen, was nicht flüssig war.
"Danke.", sie hauchte mir einen schnellen Kuss auf die Schläfe und eilte aus der Küche. Wenig später hörte ich schon die Haustüre, welche geschlossen wurde.
Kraftlos machte ich mir Brot, welches ich hauchdünn mit Quark bestrich und es eine geschlagene viertel Stunde anstarrte, bevor ich abbiss und es runter würgte. Ich überwand mich und aß die ganze Scheibe, trank sogar noch eine Tasse mit heißem Salbeitee. Die Wärme, welche vom Tee ausging, erwärmte mich von Innen und schenkte mir neue Kraft. Ich machte mich fertig und schnappte meine Schultasche, trat den 20 Minuten langen Weg zu Schule an.
Zu meiner eigenen Überraschung verlief die Schule relativ ruhig. Dass hieß, ich wurde nur zwei mal angerempelt und nur ein Mal wurde mir das Wort Fettsack vor die Füße geworfen. Es war nicht schön, doch ich konnte es ignorieren. Auch wenn sich jedes Mal meine Brust zusammen zog.
Trauer und Hass machte sich in mir breit. Heute weiß ich, was mich zerstört hat. Damals war mir nicht mal klar, dass ich kaputt war. Hoffnungslos überfordert mit der ganzen Situation.
Niemals hätte ich zu dieser Zeit gedacht, dass es jemanden gab, der sich um mich sorgte und für mich da war, mir helfen wollte. Jemand, der mit meiner Mutter der einzige war, der mich noch retten konnte. Jemand, der seine Hand für mich ins Feuer halten würde, in jeden Ring steigen und jeden Drachen entgegen treten würde. Der alles aufgeben würde für mich.
Jemand, der mich liebte.
Jemand, dem ich vertrauen konnte.
Und dass war mehr wert als jedes Gold der Welt.
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Hihihihi da bin ich wieder. Noch immer am vorschreiben. Es ist 21:34 (also in genau diesem Moment) und ich schreibe gerade durch, vom Prolog an bis hier her. Ich weiß ja nicht, aber irgendwie bin ich stolz und ganz zufrieden mit meiner Arbeit.
Wie findet ihr es?
Xoxo
Janii und Nate :)Ps: Kennt ihr dass, wenn ihr nach dem Schreiben ein schlechtes Gewissen habt? Gegenüber der Eltern? Ich weiß, dass klingt dumm, aber ich habe Angst, dass wenn irgendwer das liest, er denkt, ich wäre magersüchtig. Was ich nicht bin. Ich bin zwar dünn, aber nicht magersüchtig. Ich liebe essen... keine Ahnung was ich hier gerade schreibe, aber ich wollte euch meine Gedanken mitteilen und joa. Ist das eigentlich logisch was ich hier die ganze Zeit versuche zu sagen?... xD
Pss: 1223 Wörter huuuuhaaaahaaaaa ;)
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Thin boy
Teen FictionIch will doch nur, dass alles wird wie früher... 16 Jahre. Eigendlich ein schönes Alter. So aber nicht für Nate. Er ist nicht wie andere Kinder in seinem Alter. Schon seit der achten Klasse wird er von seinen Mitschülern in der Schule gemobbt und s...