Kapitel 26. Cooper

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You
Was soll das? Was für eine Gruppe ist das und was abartiges plant ihr schon wieder?
16:50


Danach war es erst Mal still in der Gruppe. Lange Zeit. Ich regte mich auf, war wütend, konnte nicht fassen, was hier passierte. Ich konnte es nicht realisieren, wollte es definitiv nicht akzeptieren. Eins war klar: Die Klasse hatte etwas sehr böses vor, auf Nates Kosten, wie auch sonst. Ich spürte diese unglaubliche Wut in mir. Ich konnte, ich wollte es nicht verstehen. Wie konnte die Welt so falsch sein?! Wie konnten diese Jugendlichen so fies sein, einen Menschen so sehr zerstören, dass er sich selbst fast in den Tod hungerte.
Wie konnte ich es ändern, was konnte ich tun? Für Nate, für eine Lösung. Konnte ich überhaupt etwas unternehmen? Konnte ich ändern, was schief lief? Was die anderen für Fehler machten, sie wieder gerade bügeln? Ich war verzweifelt, noch immer so unglaublich wütend. Einfach sauer, dass die Situation so verstrickt war, wie sie nun mal war. Das es Nate war, der unter dieser ganzen Last zu leiden hatte. Natürlich wäre es genau so schlimm, wenn es jemand anderen erwicht hätte, doch an der Sache war nichts zu rütteln. Nate war das Opfer dieser Gesellschaft, wie es dazu kam, wusste ich nicht. Ich wusste nicht, wie es so weit kommen konnte. Ob es ein Fehler auf Seitens des schwachen Jungens gab oder ob die Klasse es einfach auf ihn abgesehen hatte. Ohne erkennbaren Grund. Einfach, weil er da war und sie seine Schwachstelle kannten, sie schamlos ausnutzen.

Vor Wut und Fassungslosigkeit schloss ich kurz die Augen. Mit einem Mal nahm ich wieder alles um mich herum war. Der Fernseher wirkte lauter denn je, die Stimme meiner Schwester schriller und die Lache meiner Mutter heller. Die Uhr tickte eindringlich, als wollte sie mir entgegen schreien, dass meine Zeit zerran wie Wasser durch meine Finger. Meine Lippe hatte ich bereits blutig gekaut und ich wusste nichts mit mir anzufangen.

Mittlerweile hatten schon mehrere meine Fragen in der Gruppe gelesen, doch geantwortet hatte noch keiner. Wollten sie es mir nicht sagen? Wollte ich es überhaupt wissen? Es war bestimmt ganz furchtbar schrecklich. Würde mich noch wütender machen als ich ohnehin schon war. Ich zuckte zusammen, als mein Handy meine Hand vibrieren ließ.

Claudia Fisher
OK, hör zu, Coper. Ich... Wir. Wir haben einen Plan. Und du wirst ihn uns niht vermiesen. Grob gesagt planen wir ein Graffiti, welches wir irgendwo hon sprayen, und das filneb und auf YouTube stellen. Und es soll um den Fetten gehen. Also um Nathaniel. Mach uns das nicht kaputt du Spinna.
17:04

Ich biss meine Zähne aufeinander und las mir die Antwort nochmal durch. Und nochmal. Ich konnte, wollte es nicht glauben.

Wütend auf alles und jeden. Wütend auf mich, weil ich nichts tun konnte und weil meine Hand verdächtig zitterte. Wütend auf unsere Klasse, auf Claudia, weil sie mir so eine Antwort gegeben hat und weil sie soetwas böses planen. Wütend auf die ganze Welt, weil sie einfach ungerecht war. Ungerecht und unberechenbar. Wie falsch doch alle waren. Wie gemein, wie hinterhältig. Nate war in jener Klinik und weil er für sie nicht mehr erreichbar war, wollten sie das ganze nun Öffentlich machen und ihn somit aus seiner Riserve locken. Ihn noch angreifbarer machen, als er eh schon war. Sie wollten ihn töten. Es fehlte nicht mehr viel, das wusste ich. Sie hatten ihr krankes Ziel fast erreicht. Wie konnte man nur so sein? So krank? So abartig und so komplett böse. Oder merkten sie selbst nicht, dass sie etwas falsches taten? Dachten sie etwa, dass was sie täten wäre okay? Wie konnten sie Nachts noch ruhig schlafen ohne an einem schlechten Gewissen zu sterben? Es gab so viele Fragen in meinem Kopf, so viele Fragen, auf die ich so schnell keine Antworten kriegen konnte. Fragen, die mich zerstören wollten, die mir den letzten Nerv raubten. Erfolgreich. Ich war müde von mir selber. Gestresst von den Menschen in meiner Umgebung. Schockiert von dieser abartigen WhatsApp-Gruppe. Noch immer kam ich nicht darüber hinweg.

Ich hatte das Gefühl, ich würde mich im Wald drehen. Ich kam auf kein Ergebnis, drehte mich in alle Richtungen und sah doch nur das Gleiche. Ich musste mir einen neuen Ort suchen und meine Gedanken sortieren. So würde ich vielleicht etwas klarer durch diesen Nebel blicken können.

Mein Handy stellte ich auch lautlos, ich wollte von niemanden gestört werden und stand auf. ''Ich gehe ein bisschen frische Luft schnappen.'', warf ich in den Raum und lief schon zur Wohnzimmertür, als meine Schwester mich zurück rief. "So spät noch?", fragte sie, und ich nickte, sagte dann jedoch schnell ein einfaches Ja, da bei uns die Regel herrschte, mit Worten zu antworten -wegen meiner Mutter. "Du bist schon die ganze Zeit so unruhig. Was ist los, Cooper?", wollte meine Mum wissen und ich beneidet sie um ihre Güte Menschenkenntnis. "Es ist nichts. Einem Freund von mir geht es nur nicht so gut und ich muss mir darüber einen klaren Kopf machen.", verharmloste ich die Situation gewaltig, doch meine Mutter sowie meine Schwester schienen mir Glauben zu schenken, zumindest fragten sie nicht mehr nach.
Also betrat ich den Flur, zog mir Schuhe und Jacke an, schnappte mir meinen Schlüssel, welchen ich mit meinem Handy in meiner Jackentasche verschwinden ließ und verließ unser Haus. Schon bei dem ersten Schritt über die Türschwelle erfasste mich eine frische Windböhe und ich zog den Reißverschluss meiner Jacke höher. Die Tür fiel laut hinter mir ins Schloss, ebenso wie das Tor unseres Vorgartens. Weder wusste ich die Richtung, in die ich gehen sollte, noch wusste ich, wo ich überhaupt hinwollte. Hauptsache raus.

Meine Beine trugen mich schon seit gut 10 Minuten durch die Straßen, es war noch immer unangenehm frisch. Gestern war es noch so warm und nun fror ich trotz Jacke. Eine Seufzen verließ meine Lippen, ohne es zu wollen wusste ich, dass ich nicht mehr Herr meiner Sinne war. Meine Glieder fühlten sich schwer an und doch schwebte ich durch die Stadt, als würde mich nichts festhalten. Ich wusste nicht, woran ich denken sollte. Was wahr ist und was Traum. Was spielte sich nur in meiner Fantasie ab und was ist Realität. Ich sehnte mich nach Erholung, nach Klarheit und nach Antworten. Antworten auf meine unaufhörlichen Fragen. Es fühlte sich an, als würde ich durch die Hölle gehen, dabei war es doch Nate, der den Horrortrip gegen musste.
Alles schien mir aus den Händen zu entgleisen, nichts war mehr in Kontrolle. Nate war in einer Klinik und ich konnte nicht mal die Situation hier aufrecht halten. Es ist, als wäre alles vergiftet. Als hätte ich zwei Herzen, die in meiner Brust schlagen. Einerseits will ich Nate in diesem Chaos helfen, und auf der anderen Seite will ich einfach nur, dass es aufhört. Dass dieses bedrückende Gefühl in meiner Brust endlich aufhört und die Gedanken, die mich anschreien endlich verstummen. Ich nicht mehr müde und traurig, gestresst bin, und mich wie damals um nichts mehr kümmern und sorgen musste. Wieso muss alles so kompliziert sein. Wieso konnte nicht alles einfach Friede Freude Eierkuchen sein? Hatte ich das was hier passiert, verdient? Oder sollte ich mich einfach nicht so anstellen, schließlich ging es nicht um mich sondern um Nate. Hatte ich das Recht, mich zu beschweren? Hatte ich das Recht, dass ich mich so fühlte, obwohl mir ja augenscheinlich nichts fehlte?

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Endlich ein neues Kapitel. Heute erfährt ihr mal ein bisschen mehr über Coopers Gedanken. Ich hoffe, man kann alles nachvollziehen.

Schöne Ferien (hab seit heute).

Wörter: 1258

Thin boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt