Achtunddreißig

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Als wir wieder zurück in Miguel's Wohnung kommen, ist alles noch genau so, wie wir es hinterlassen hatten.
Nur eine gespenstisch aussehende Silhouette ist ein Störfaktor. Natürlich - denn er ist schließlich tot. Ermordet von uns beiden.

Ich schalte unsicher das Licht wieder an, doch dieses Mal trage ich Handschuhe, die wir ebenfalls im Kofferraum hatten. Somit können wir auch keine Fingerabdrücke auf den Möbeln hinterlassen.
Im Nachhinein hätten wir das gleich machen sollten, da es mehr Arbeit war, alle Flächen noch einmal sauber zu wischen, doch in all der Eile und Hektik hatten wir das vergessen.

"Es ist so scheiße ruhig.", kommentiert Dima nun die Totenstille und ich nicke gedankenverloren, als ich mich wieder umsehe und mein Blick schließlich wieder auf Miguel fällt.

"Ich weiß. Bitte lass' uns das schnell hinter uns bringen. Ich will so weit weg von hier wie nur möglich.", antworte ich und lege alle Gegenstände und Utensilien, die wir gekauft haben und jetzt brauchen auf den Esstisch.
"Das schlimmste wird wohl sein, dass wir ihn hier erst nach oben schleppen müssen. Dabei sollten wir aber auch vorsichtig sein. Wegen den Spuren, wie du selbst gesagt hast.", denkt Dima laut und wieder einmal kann ich zustimmen.

"Wir sollten ihn nach oben tragen, wenn er noch an den Stuhl gebunden ist. Einer von uns hält die Lehne und der andere hebt die Stuhlbeine.", schlage ich vor und sehe Dima skeptisch an. Nach kurzem überlegen stimmt er mir zu.
"Okey. Ziehen wir's durch."

Ohne viel darüber nachzudenken greife ich die Stuhllehne und Dima die Stuhlbeine. Erst jetzt sehe ich das Blut, welches wir noch nicht weggewischt hatten, da ich nun direkt an Miguel's Leiche stehe.
Sein Hinterkopf ist aufgeschlagen und ich glaube in seinen Kopf hineinsehen zu können ... wortwörtlich.
Schnell schüttle ich den Kopf und fokussiere mich auf Dimitri, der zu mir herüber sieht.
Auf Drei heben wir den Stuhl und tragen ihn vorsichtig, sodass die Leiche sich nicht allzu stark bewegt, nach oben.
Dabei müssen wir aufpassen, damit wir nirgends Spuren hinterlassen, die wir später vielleicht übersehen könnten.

Die Treppen sind das schlimmste auf dem ganzen Weg. Wir müssen noch langsamer laufen, da der Flur nach oben enger ist und ein paar Mal droht Miguel's Leiche den Kopf an den Wänden anzustoßen, weshalb wir sein Gewicht ausgleichen müssen.
Viel reden tun wir dabei nicht. Sowohl Dima, als auch ich sind höchstkonzentriert und wollen keinen Fehler machen.

Erst als wir oben angekommen sind und den Stuhl samt Leiche abstellen, atmen wir auf.
"Ein Problem weniger, dem wir uns noch stellen müssen.", kommentiere ich und lache leise auf. Immerhin ist die Nacht für uns noch lange nicht vorbei. Zudem hatten wir noch nicht einmal begonnen, die Leiche aufzulösen.

Zusammen gehen wir also nach unten, um das zu ändern.
"Glaubst du seine ... Mafia wird Rache ausüben wollen?", frage ich, als wir die ganzen Packungen Rohrreiniger nach oben tragen.
"Wahrscheinlich wollen sie das schon. Aber an wem, wenn sie keinen haben, der es getan hat?" Ich sehe, wie Dima mit den Achseln zuckt. "Außerdem kennt uns kaum jemand seiner Gefolgsleute. Unsere Namen werden wohl nicht fallen."
"Und was ist mit den beiden anderen? Die, die mich verprügelt hatten?", hake ich nach, da ich mich wieder daran erinnere.

Anscheinend hatte er darüber noch nicht nachgedacht, weshalb er kurz schweigsam wird, während wir wieder im Bad ankommen.
"Es war dunkel. Sie haben uns kaum gesehen. Und außerdem sind wir denen nur einmal begegnet. Da wird schon nichts bei rumkommen. Das sind die Typen, die täglich mehrere Leute verprügeln. Die werden sich kaum mehr an eine Person direkt erinnern können.", weicht Dima aus und scheint davon überzeugt zu sein, weshalb ich nicht weiter nachfrage.

Schweigsam entfernen wir die Fesseln des Toten und hieven ihn mit einem Zug in die Badewanne, bevor wir den Stöpsel schließen und den Rohrreiniger dazugeben.
Das Panzertape, dass wir dabei vom Stuhl herabziehen, mit dem wir ihn festgebunden hatten, werfen wir dazu. Nur den Stuhl säubern wir auf die normale Weise, da es zu auffällig wäre, wenn ein Stuhl in seiner perfekten Wohnung fehlt.
Schlussendlich ist die Leiche vollkommen mit dem Mittel bedeckt und ich sehe zu Dimitri, der mir zunickt.
Ich verstehe sofort und lasse Wasser in die Wanne laufen, welches sofort mit dem Reinigungsmittel reagiert.
Ein Zischen ist zu hören, als sich die Masse vermischt und ich atme erleichtert auf. Nicht mehr viel Arbeit, die vor uns liegt.

Streetfighter - SpongeBOZZWo Geschichten leben. Entdecke jetzt