34. Kapitel - Wer ist da?

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- Bellas Sicht –

Ich höre eine Stimme! Wer ruft da nach mir? Ein gleisend helles Licht strahlt mir entgegen, durch den kleinen Schlitz vor meinen Augen. Ich spüre nichts. Keine Schmerzen, keine Gefühle, nichts! Ich versuche etwas zu sagen, doch meine Stimme bleibt stumm, kein einziger Laut verlässt meine Kehle. Auch bei dem Versuch mich zu bewegen, scheitere ich. Bewegungsunfähig bleibe ich liegen. Minuten, vielleicht auch Stunden vergehen. Ich höre das trommeln von Regentropfen gegen die Fensterscheibe und das rauschen des Windes hinter dem Glas, welches mich von der Außenwelt trennt. Ein Ast klopft immer wieder gegen das Fenster und macht mich unruhig. Ich will mich bewegen, etwas sagen. Erst jetzt nehme ich den Druck an meiner Hand war, die Wärme und den vertrauten Geruch, ganz in meiner Nähe. Es ist nicht nur der eines Krankenhauses, nein, es ist noch ein Anderer. Noch einmal versuche ich mich aus meiner Starre zu lösen und eine kleine Bewegung ist mir möglich. Ein Zucken in meiner Hand. Der Druck dort verringert sich und ich höre ein wimmern, als würde jemand weinen. „Wer …?“, hauche ich fast tonlos. Weiter als Wer komme ich nicht, bevor meine Stimme wieder verstummt. Es ist als hätte ich jegliche Gewalt über meinen Körper verloren. Endlich sind meine Augen ganz auf und im Augenwinkel sehe ich eine Person. Ihr Kopf ist auf seine oder ihre Hände gestützt, welche meine Hand festhalten. „Wer ist da?“, bringe ich einen ganzen Satz zustande, sogar einigermaßen laut. Die Person neben mir schaut auf ich kann meinen Kopf zu ihr drehen. Erst jetzt sehe ich Niall, der neben mir sitzt. Freude strahlt in seine Augen, als er mich ansieht. „Du bist wach!“, flüstert er überglücklich. Ich versuche zu lächeln, doch ich glaub, das war nichts. Er küsst meine Stirn. „Wie geht es dir?“, fragt er besorgt. „Ich weiß es nicht, ich spüre nichts!“, antworte ich leise. Plötzlich öffnet sich die Tür und eine Frau in Weiß kommt herein. „Oh, Sie sind wach! Wie geht es ihnen?“, fragt die Frau mit einer fröhlich singenden Stimme. „Ich weiß es nicht, ich spüre nichts!“; antworte ich wieder. „Ja, das liegt am Schmerzmittel, es wundert mich aber, dass es immer noch wirkt.“, erklärt sie mir. „Immer noch? Wie lange bin ich schon hier?“, frage ich verwirrt. „Seit einem Tag!“, antwortet mir Niall. „Seit heute früh!“ Heute früh! Ein Schauer läuft mir über den Rücken, wenn ich daran denke. Die harten Schläge dieser betrunkenen Jungs und der Schrei dieser fremden Person. Es war nicht Niall, das weiß ich. Ich hasse dieses Gefühl nichts zu fühlen. Doch zum Glück lässt das nach. Ich spüre meine Beine wieder und meinen Bauch. Es fühlt sich an, als würde immer wieder ein starker Mann seine Faust in mich rein rammen. Meine Gedanken ziehen wieder zu dem betrunkenen Jungen beim Park. Ein grausamer Schauer fließt über meinen Rücken. Niall merkt es und nimmt mich in den Arm. Ein Zischlaut verlässt meine Kehle. Erschrocken lässt Niall mich los: „Tut dir was weh?“ Ich halte mir den Bauch. „Ja, mein Bauch tut schrecklich weh!“; flüstere ich ihm zu.

- Nialls Sicht –

„Kannst du die Schwester holen?“, fragt sie mit Tränen in den Augen. Ich nicke und gehe raus auf den Gang. Gerade kommt mir eine Frau im weißen Kittel entgegen. „Dem Mädchen in diesem Zimmer geht es nicht gut, kommen Sie!“, sage ich hysterisch. Sie folgt mir ins Zimmer und schickt mich dann auch schon wieder auf dem Zimmer. Ich stehe auf den grau gestrichenen Gang und warte.

- Bellas Sicht –

Die Schwester kommt an mein Bett und beäugt mich. „Was genau ist denn mit Ihnen?“, fragt sie und zückt einen Kugelschreiber. „Ich kann mich kaum bewegen! Mein Bauch tut weh! Es ist als würde ein riesiger Druck auf ihm Lasten!“, erkläre ich ihr. Sie notiert sich alles und kommt dann näher. Sie zieht die Decke weg und sieht, die Verfärbung des Verbands. Schnell geht sie auf den Gang und ruft einen Arzt. Sofort kommt einer und öffnet den Verband. Blut tritt aus der Wunde und schnell verarztet er mich und stoppt die Blutung. Dann verbindet er mich neu. Die Schwester notiert alles auf ihrem Klemmbrett. Dann geht der Arzt und lächelt mir zuvor noch zu. Ich lächle nicht, mir ist nicht nach guter Stimmung zumute. Niall schiebt sich wieder durch die Tür ins Zimmer. „Wann kann sie wieder gehen?“, fragt Niall die Frau mit Klemmbrett. „Wir lassen Sie noch zur Beobachtung hier, ich denke übermorgen können wir sie entlassen.“, antwortet sie, ohne ihren Blick von ihren Notizen zu heben. Sie geht ohne ein weiteres Wort. Übermorgen. Ich zweifle an den Worten, der Schwester. „Ich liebe dich! Werd wieder gesund!“, flüstert er mir zu und legt seine Lippen auf die meinen. Ich erwidere den Kuss und will Niall nie wieder von mir gehen lassen. Nie mehr, doch leider geht das nicht! Er muss gehen. „Niall, wenn du zu Hause bist, dann nimm die Bilder in Louis´ Zimmer ab, wir haben es ihm versprochen! Und bitte hol mich übermorgen ab.“, bitte ich ihn und küsse ihn wieder. „Das mach ich! Und du wirst gesund!“, sagt er und verlässt das Zimmer. Ich liege alleine in dem kalten Zimmer und schaue aus dem Fenster. Es schüttet. Der Regen trommelt gefährlich gegen die Fensterscheibe. Meine Augen werden schwerer und fallen schließlich zu. Meine Gedanken, bei Niall.

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