Kapitel 11

1.1K 92 0
                                    


Noch an demselben Abend blieb ich gleich länger in dem Tanzraum, anstatt mich später herauszuschleichen. Ich hatte einfach die Ausrede benutzt, ich würde die Choreographie nur noch einmal durchgehen und hatte versprochen, nicht zu lange zu bleiben und zur Nachtruhezeit auch wieder auf dem Zimmer zu sein. Siyeon hatte mir angeboten, mir mit dem Üben zu helfen, doch ich hatte abgelehnt. Was mir ehrlich gesagt etwas wehtat, nachdem ich ihren enttäuschten Gesichtsausdruck gesehen hatte. Es hatte mich auch daran erinnert, dass ich ihr noch nichts von dem mysteriösen Trainee namens Taeyong erzählt hatte. Aber so wichtig war es ja auch nicht gewesen. Außerdem, wer wusste schon, ob er wieder hierherkam? „Aber wenn das so ist, warum machst du dir trotzdem die Mühe, hier zu warten?", ertappte ich mich selbst mit einem Monolog, den ich mit mir führte, da ich keineswegs trainierte, sondern einfach nur in der Gegend herumstand wie bestellt und nicht abgeholt.

„Wartest du auf jemanden?" Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Wahrscheinlich hatte er sich nicht einmal angeschlichen, doch ich war trotzdem wegen meinem Selbstgespräch geistesabwesend gewesen. „Ich mag geheimnisvolle Leute", platzte ich mit einer Antwort heraus. Nur leider war die nur für mich und meine vorige Frage und damit nicht für die Ohren von jemand Anderen bestimmt. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt, dafür, dass ich manchmal so awkward war. „Das ist schön", meinte Taeyong. „Dann hätte ich dir vielleicht noch gleich bei der ersten Begegnung meinen Namen verraten sollen", überlegte er laut und da war wieder dieses Grinsen, das ich bereits an ihm gesehen hatte. Er steckte seine Hände in seine Hosentaschen und Stille trat ein. Fast wäre mir entfallen, was ich eigentlich vorhatte zu sagen. Seine Aura, die ihn umgab konnte ich noch nicht deuten und das brachte mich aus dem Konzept. „Hast du dich bei meiner Trainerin angemeldet?" Überrascht sah er mich aus seinen schokoladenbraunen Augen an. „Ob ich was?" Ich machte den Mund nicht erneut auf, da er mich schon verstanden hatte. „Nein, habe ich nicht", gab er zu und rieb sich zögerlich den Nacken. Ein bedauernder Ausdruck stand ihm ins Gesicht geschrieben, obwohl ich nicht beurteilen konnte, ob er echt war oder nicht. „Du schmeißt mich jetzt deswegen hier nicht deswegen raus, oder?" Taeyong setzte sich protestierend im Schneidersitz auf die Holzdielen des Bodens. „Oder verpetzt mich?", fügte er noch ein bisschen panischer und weniger rebellisch als vorhin hinzu, ohne, dass ich etwas in die Richtung erwähnte hätte. Ich schwieg ihn weiterhin nur an. „Okay warte, wir machen einen Deal", schlug er dann plötzlich vor, klopfte auf das Parkett und streckte mir herausfordernd das Kinn entgegen. Ich folgte zögerlich seiner Aufforderung zu einem Gespräch, kniete mich gegenüber von ihm hin und wartete ab, was als nächstes kam. Skurriler als der Tausch einer Information über mich gegen meine Plastikflasche konnte es sowieso nicht mehr werden. „Also, ich helfe dir", er tippte mit seinem Zeigefinger gegen meine Stirn, „beim Tanzen und dafür verrätst du nichts davon, dass ich ab und zu hier bin." Ich war verblüfft. Er wusste, dass ich Probleme mit den Choreographien hatte... Wie lange hatte er mich beim Tanzen beobachtet, bis ich seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte? Nichtsdestotrotz klang der Deal nicht schlecht für beide Seiten. „Abgemacht", entschied ich.

Ich sah wie sich Siyeons Nägel in ihr Kissen krallten, als meine Geschichte, die ich ihr gerade vorgetragen hatte, sich dem Ende zuneigte. Außer uns beiden war noch niemand im Schlafraum, also hatte ich das als die perfekte Gelegenheit dafür gehalten, ihr von Taeyong, den ich heute zum zweiten Mal getroffen hatte, zu erzählen. Nachdem ich sie zuerst noch anweisen musste, sich nur auf ihre Matratze zu setzen und mir zuzuhören, war das nach einigen Worten kein Problem mehr. Sie hatte wie gebannt dagesessen, immer wieder mit dem Kopf genickt und nun hatte sich ein aufgeregtes Lächeln auf ihr Gesicht gestohlen. „Und dann?" Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte schon passiert sein? „Dann hat er mir mit den Tanzschritten geholfen", sagte ich. „Oh." Siyeon löste den Griff um das Kissen ein wenig, das in ihrem Schoß ruhte. Ihre verkrampfte Handhaltung hatte leichte Spuren in Form von Abdrücken hinterlassen.

Sweater Weather (NCT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt