Kapitel 18

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„Wonach sieht's denn aus? Ich bin hier für das Buffet." Taeyong tat so, als wäre das das selbstverständlichste auf der Welt. Was es natürlich nicht war. „Aber du kannst doch nicht einfach, ich meine, wenn man dich hier erwischt...", fing ich an zu protestieren, doch kam nicht weit damit. „Yeonhee, der Schlüssel für die Tür der Freiheit heißt Risiko." Ich grübelte, auf welcher Website für Sprüche er dieses Zitat gefunden hatte. Das auch noch auf ihn passte wie die Faust aufs Auge; seine Unerschrockenheit hatte ihm so gesehen schließlich bereits Zugang zu unseren Räumlichkeiten verschafft. „Manchmal im Leben muss man Risiken eingehen", vervollständigte er seine Weisheiten überzeugt und sah mir dann prüfend ins Gesicht. „Also, vertraust du mir?" Ich ließ keine Sekunde verstreichen, bevor ich antwortete. „Nö." Taeyong rollte mit den Augen und ich musste lachen. „Dann eben ohne dich", beschloss er mit einem bedauernden Achselzucken, drehte auf dem Absatz um und marschierte direkt auf die nächste Türe zu. Mit Unglauben sah ich ihm hinterher. Der machte das jetzt nicht wirklich, oder?

„Warte!", rief ich ihm panisch hinterher und verfolgte ihn dann im Laufschritt. Jedoch schickte er sich nicht dazu an, anzuhalten bis ich tatsächlich auch schließlich in der kleinen Mensa angekommen war, zu der er sich einen Weg gebahnt hatte. Die Auswahl an Speisen hier war um einiges ansprechender als die trockenen Sachen, die wir immer bekamen. Eigentlich ziemlich unfair. Und doch gab es uns nicht das Recht, uns einfach so zu bedienen wie Taeyong, der mittlerweile eine Schüssel mit Reis, sowie eine mit zubereitetem Fleisch und ein Paar Stäbchen in den Händen hielt. Ich bedachte ihn und sein Frühstück mit einem kritischen Blick. „Ist das nicht stehlen?" Hungrig nahm er einen Bissen. „Naja, es ist nur Essen", nuschelte er etwas unverständlich. Bevor ich noch einen Piep machen konnte, hatte er ein Stück Fleisch zwischen den Stäbchen eingeklemmt und es mir in den Mund geschoben. „Hmpf", war der Laut, den ich dabei machte, da ich das nicht hatte kommen sehen. Trotz dessen, dass ich gegen die ganze Sache war, konnte ich nicht anders als mir das Essen genüsslich auf der Zunge zergehen zu lassen, bevor ich es kaute und herunterschluckte. „Jetzt bist du Mittäterin", stellte Taeyong klar und unter seinem Haarschopf blitzten seine dunkelbraunen Augen schelmisch hervor, wobei ich mich fast noch nachträglich verschluckte. In dem Augenblick hörte ich die näherkommenden Stimmen. Sie klangen weiblich und es war eindeutig nicht nur eine Person. Taeyong und ich wechselten einen kurzen Blick. Wortlos einigten wir uns auf das nächstbeste Versteck, eine Art Vorratskammer, die an die exklusive Kantine anschloss.

Das war knapp, dachte ich mir und linste durch den schmalen Türspalt, ohne den gar kein Licht mehr in die düstere Vorratskammer fallen würde. Ich beobachtete die Rückansicht von drei Frauen, die sich am Buffet aufhielten, wie Taeyong es vorhin getan hatte. Dieser stand übrigens erschreckend nah gegenüber von mir. Viel Freiraum ließ die Enge hier nicht zu und dass ich fast schon seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte, lenkte mich zugegebenermaßen ein wenig ab. Trotzdem versuchte ich, mich aufs Ausspionieren zu konzentrieren. Nach gefühlten fünf Minuten drehte sich endlich Eine von ihnen um. Ich sog geräuschvoll die Luft ein, als ich sie als Tiffany von Girls Generation identifizierte.

Mehr brauchte es nicht, um Taeyongs Interesse zu erregen. Um auch etwas zu erkennen lehnte er sich unerwartet ein Stück zu mir herüber. Ohne darüber nachzudenken wich ich nach hinten aus und stieß gegen ein Regal, aus dem daraufhin etwas polternd zu Boden fiel. Augenblicklich verstummten die Gespräche aus der Richtung der Sängerinnen. „Was war das?", vernahmen wir von jemanden, dessen Stimme nach dem des Girl Group Mitglieds und der erfolgreichen Solokünstlerin Taeyeon klang. Entschuldigend blickte ich zu Taeyong, der scheinbar dabei war, sich eine Notlösung auszudenken. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es aus der Vorratskammer kam." „Wir sollten nachsehen." Mein Körper versteifte sich als ich die Idols auf unser Versteck zukommen sah, bis sie unweigerlich davorstehen mussten.

Sweater Weather (NCT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt