Kapitel 13

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„Musste das sein? Bei meiner Schüchternheit bekomme ich da doch kein Wort raus...", sorgte ich mich bereits verzweifelt. Ein entschuldigendes, langgezogenes „Sorry", war alles an Mitgefühl, das mir von Siyeon zuteil kam. Kein Wunder, sie war so extrovertiert, da waren ihr solche Probleme fremd. „Ich dachte nur, wenn nicht Taeyong, dann eben Jaehyun", machte sie einen weiteren Scherz und grinste von einem Ohr zum anderen. Als ich nicht darauf reagierte, boxte sie mir einmal leicht in die Seite und in mir kam das Bedürfnis auf, erneut ein Kissen auf sie abzufeuern. Doch unglücklicherweise lag das ja nach meinem verfehlten Wurf auf der anderen Seite. „Na komm schon, amüsiere dich einfach ein wenig", meinte Siyeon, als ob nichts weiter dabei wäre. „Das sagst du so leicht", meinte ich frustriert und massierte mir mit meinen Fingerspitzen gestresst die Schläfen. „Hast du nicht gerade erst etwas von Neid erzählt?", erinnerte ich Siyeon, die ein Nicken zustande brachte. „Die anderen Mädchen, besonders Minah, werden mich hassen, wenn sie davon erfahren." Die Vision davon, wie sie mich ausschließen und fies zu mir sein würden, machte mich deprimierter als ich es ohnehin schon gewesen war. „Dann behalt das eben auch für dich", riet mir Siyeon und verstummte augenblicklich, als die Tür geöffnet wurde.

Es war Nayeol, die uns unterbrochen hatte und verträumt ein Lied vor sich hin summte. Es dauerte einen Moment, bis sie innehielt und zu uns beiden herübersah. Dass wir ganz leise waren, machte sie misstrauisch. „Ist irgendetwas?" Als hätten wir uns abgesprochen, verneinten wir dies wie im Chor, was Nayeol nicht gerade mehr Vertrauen in unsere Aussage schenkte. Ihre Augen wurden schmäler und sie zog eine Augenbraue hoch. Siyeon zuckte mit den Achseln, als wollte sie sagen, dass das die Wahrheit war und wir nichts tun konnten, um es zu beweisen. „Okay", akzeptierte Nayeol schließlich, dass wir entweder kein Geheimnis hatten oder wir nicht damit herausrücken würden. Dann fuhr sie damit fort, sich bettfertig zu machen. Wir taten es ihr gleich, ebenso wie die anderen Girl Group Trainees die ab dem Moment an nach und nach eintrudelten, als hätte jemand ein Kommando gegeben. Noch bevor es Nachtruhe war, waren alle schon eingeschlafen - alle, außer mir. So sehr ich es auch versuchte und mich immer wieder unter der Decke umdrehte, meine Augenlider wollten einfach nicht schwer werden, zufallen und mich in den Schlafzustand bringen. Also starrte ich in die schwarze Dunkelheit während meine Gedanken um das anstehende Treffen mit Jaehyun kreisten. Eine Verabredung, nur er und ich... war das etwa ein Date? Oder wollte er mit mir nur abhängen wie mit einem Kumpel? Was genau machte ein Treffen überhaupt zu einem Date? Ich konnte es schlecht beurteilen, ich war noch nie auf einem gewesen. Und wie sehr mochte ich Jaehyun, den ich doch erst vor ein, zwei Tagen kennengelernt hatte? Vielleicht, dachte ich dann, wäre morgen eine Chance, um es herauszufinden. Mit dem Gedanken, an den ich festhielt, übermannte auch mich irgendwann die Müdigkeit.

Der Freitagvormittag ging für mich quälend langsam vorbei. Selbst in der Gesangsstunde, die ich eigentlich gernhatte, da sie den Unterricht vor dem Wochenende perfekt abrundete, gab ich mich dem Drang hin immer wieder auf die große Wanduhr zu schauen. Minah, die leider dieses Mal wieder mit mir in eine Gruppe eingeteilt worden war, entging dieses Symptom meiner Nervosität nicht und interpretierte es, wie sie es wollte. „Dem Nervendruck, der von einem anstehenden Konzert ausgeht, kann hier wohl nicht jeder standhalten", sagte sie so, dass ich mich auch ohne Erwähnung meines Namens angesprochen fühlte als wir ein Notenblatt und die darauf abgedrucktenTonleitern genauer studieren sollten. „Man braucht eben doch das richtige Selbstbewusstsein, um Sängerin zu werden", sprach sie meinen wunden Punkt an. „Sonst kann man das Ganze hier gleich schmeißen und verschwinden." Das letzte Verb zischte sie boshaft zwischen ihren zusammengepressten Zähnen hervor, gerade solaut, dass nur ich und Bora, die ebenfalls in ihrer Nähe stand sie hören konnten. Bora sah überrascht von ihren Notenblättern auf. „Mit wem redest du,Minah?", fragte sie. Die Angesprochene warf ihr glänzendes Haar schwungvoll zurück. „Mit niemandem. Ich habe nur laut gedacht." „Bitte unterlasst euer Tratschen und kümmert euch stattdessen um die Melodie", beendete ein Gesangscoach unser Reden, wenn man es denn so nennen konnte. „Was sind denn die Intervalle im ersten Takt...?"

Sweater Weather (NCT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt