Kapitel 25

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„So, fertig!", verkündete Siyeon stolz und tuschte die letzte Wimper, bevor sie die Mascara mit einem leisen Klicken zurücksteckte. Ich sah in den Spiegel, aus dem mir gefühlt ein ganz anderes Ich entgegenblickte und die Augen weit aufriss. Um ehrlich zu sein war ich echt beeindruckt von dem, was meine beste Freundin mit ein paar Schminkutensilien alles so anstellen konnte. Überlegend biss ich mir auf die Unterlippe, der Siyeon mithilfe eines Lippenstiftes den Anflug eines Pink Tons eingehaucht hatte. „Worüber denkst du nach?", fragte sie mich, da ihr nichts an Signalen meiner Nervosität entging. „Denkst du, Jaehyun wird es gefallen?", teilte ich meine Überlegungen mit ihr und trennte mich von der Reflektion um mich zu ihr zu drehen. Sie bedachte mich mit einem selbstsicheren Lächeln. „Du siehst toll aus, glaub mir." „Also ja?" Sie legte ihren Kopf schief, sodass ihr Pferdeschwanz auf ihre rechte Schulter fiel. „Was hältst du denn davon?", stellte sie mir eine Gegenfrage, anstatt meine zu beantworten. „Ich mag es", sagte ich die Wahrheit und meinte damit aber nur das Make-up. In den Klamotten hingegen, die ich trug fühlte ich mich nicht sehr wohl. Dabei hatte ich sie umsichtig ausgewählt, extra auch noch eine Jeansshorts aus dem Schrank herausgezogen, und das, obwohl es mitten im Herbst war und der Tag nicht sehr vielversprechend aussah. Ich musste einfach hoffen, dass das Wetter hielt, denn Minahs Kommentar über meine offenbar nicht zum Vorschein kommende, feminine Seite nagte mehr an mir als es Kälte tun würde. Bevor Siyeon aber wieder mit dem Thema nicht auf Minah zu hören zur Sprache kam, sprang ich von dem Stuhl auf, den wir für die Schminkaktion in das Badezimmer gestellt hatten. „Danke dir nochmals für deine Hilfe", brachte ich sie was mein Aussehen anging zum Schweigen und drückte sie an mich. „Dafür sind Freundinnen doch da", entgegnete sie und fügte vielsagend hinzu: „Viel Spaß mit deinem Jaehyun." Nur die Erwähnung ließ mich rot werden. „Denkst du im Kino wird es zum ersten Kuss kommen?" Sie brauchte mich nur auf diese eine Art und Weise anzugrinsen und schon war mir klar, was das heißen sollte: Aber hallo!

Das Restaurant, zu dem Jaehyun mich gebracht hatte war ein Italiener, mitten innerhalb der Stadt. Wir schafften es gerade noch so, den letzten freien Tisch zu besetzen, bevor ihn jemand Anderes uns wegschnappte. „Ich hätte nicht gedacht, dass der Laden hier schon so gut läuft", gab Jaehyun zu und ließ seinen Blick durch das Restaurant schweifen, das von Gelächter und dem Klirren von Gläsern, Besteck und Tellern erfüllt wurde. Er hatte sich auch etwas mehr in Schale geworfen als sonst und trug ein blütenweißes Hemd. „Sonst hätte ich mich um eine Reservierung gekümmert." Ich griff nach der Menükarte vor meiner Nase und klappte sie auf. „Macht nichts, hat ja alles noch geklappt." Ich fuhr mit dem Finger über die gedruckten Wörter auf der Karte, während ich sie mir durchlas. Die italienischen Begriffe sagten mir nichts, doch zum Glück gab es ja noch die darunter stehende, koreanische Übersetzung, die das Gericht näher beschrieb. Letztendlich entschieden sowohl Jaehyun als auch ich uns aber einfach für eine Pizza. Nachdem wir bestellt hatten und auf das Essen warten mussten, wusste ich nicht recht, worüber ich eine Konversation mit Jaehyun halten sollte. Smalltalk an sich fiel mir oft genug sehr schwer, ich schaffte es nie, ein normales Thema aufzubringen, über das man sich einfach unterhalten konnte. Doch Jaehyun übernahm das unaufgefordert für mich und erzählte sehr lebendig von den Erlebnissen mit seiner Trainee-Gruppe. Meinen Look komplimentierte er auch noch nebenbei, aber es reichte, um mich in einen Glückszustand zu versetzen. Es bedeutete für mich, dass es ihm nicht zum Beispiel peinlich war, sich mit mir in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Als seine feste Freundin. Aber die meiste Zeit drehte es sich um seine Proben für das Konzert, das immer weiter in die Nähe rückte und die Tatsache, dass ihre zukünftige Boygroup nun einen festgelegten Namen hatte. „NCT", buchstabierte er es für mich, doch ich zog die Augenbrauen zusammen und musste erneut nachfragen. „Wofür steht das?", wollte ich wissen und er war Feuer und Flamme, es mir zu erklären. „Es ist die Abkürzung für Neo Culture Technology..." Jaehyun brach ab und sah über meine Schulter hinweg an mir vorbei. Irgendetwas, oder besser irgendjemand, schien seine Aufmerksamkeit erregt zu haben.

„Ten!", rief Jaehyun plötzlich aufgeregt und signalisierte dem Jungen mit den mandelförmigen Augen, der eben das Restaurant betreten hatte zu unserem Tisch herüberzukommen. „Setz dich doch zu uns", lud Jaehyun ihn ein und rückte auf der Bank ein Stück zur Seite, damit sein Freund neben ihm Platz nehmen konnte. Er kam mir zumindest vom Sehen bekannt vor. Wenn ich mich nicht ganz täuschte, gehörte er ebenfalls zu den talentierten, männlichen Trainees. Beziehungsweise bald dann zu NCT, wie ich gerade erfahren hatte. „Du bist schon aus Thailand zurück?", fragte Jaehyun, immer noch total erfreut ihn wiederzusehen und als Ten bestätigend nickte, fügte er hinzu: „Ich fass es nicht! Dich hier an deinem ersten Abend wieder in Seoul zu treffen." Ich zwang mich, das Lächeln welches noch vorhin auf meinem Gesicht erschienen war aufrechtzuerhalten und dachte dabei, ich kenne tatsächlich jemanden, der es noch weniger fassen kann als du...

Sweater Weather (NCT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt