Kapitel 12

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„Ich dachte, da wäre vielleicht noch mehr gewesen. Man weiß ja nie", beendete sie ihren Satz und machte mit den Fingern verschwörerische Zeichen in der Luft, während ihr allwissender Blick auf mir lag. Ich schnappte mir ein Kissen, das rechts neben mir lag und warf damit nach ihr. Siyeon wich lachend mit Leichtigkeit aus. „Aber ist doch so", verteidigte sie sich und ihre Andeutungen. „Innerhalb von zwei Tagen verbringst du mehr Zeit mit ein paar der Trainees als der Rest hier zusammen." Sie machte eine ausholende Armbewegung, obwohl ja wie erwähnt sich sonst niemand im Raum befand. „Pass bloß auf, bald bist du das neue Gesprächsthema bei den Mädchen." „Naja, von den Begegnungen mit Taeyong weiß ja niemand und das soll auch so bleiben", sagte ich eindringlich und setzte auf Siyeons Verschwiegenheit. Ich würde ungerne Gerüchte haben, die über mich kursierten. Aber auf meine neue Freundin war Verlass. „Vertrau mir, ich schweige wie ein Grab", versprach sie mit einem feierlichen Unterton in der Stimme und legte ihre rechte Hand auf ihre Brust, die andere hob sie wie bei einer Zeremonie. Wenn ich in der kurzen Zeit etwas Neues über Siyeon erfahren hatte, dann das, dass ihr unterbewusst gestikulieren großen Spaß machen musste.

„Weißt du, Yeonhee...", fing sie plötzlich danach an und klang dabei viel ernster als eben, „Neid kann ziemlich viel kaputt machen. Bitte lass uns nie wegen so etwas wie Neid oder Eifersucht streiten." Etwas an ihrem bekümmerten Aussehen sagte mir, dass sie schlechte Erfahrungen gemacht haben musste. Vielleicht war schon eine wichtige Freundschaft von ihr daran zerbrochen. Jedenfalls wollte ich mein Bestes geben, um das zu vermeiden, wenn ihr daran so viel lag. „Ja, lass uns das nie machen", bestätigte ich und sofort hellte sich ihr Gesicht wieder auf und sie zog mich energetisch in eine feste Umarmung. „Lass dich drücken", sagte Siyeon, doch ihre Stimme wurden von einem dumpfen Benachrichtigungston abgeschnitten. Ich befreite mich von Siyeon. „War das dein Handy?"

„Hat sich so angehört", antwortete ich knapp und fand mein Smartphone nach kurzer Suche unter meiner Bettdecke wieder. Sie haben 1 neue Nachricht von: Unbekannt, wurde mir schon auf dem Lockscreen angezeigt, den ich daraufhin mit meinem Daumen, der über das Display fuhr um mein Muster zu zeichnen entschlüsselte. „Neue Nachricht an dich?", wollte Siyeon wissen. Ich nickte und öffnete mit einem Tippen meine Messenger-App. „Von wem?"„Hmm", brummte ich abwesend und überflog den Text schnell einmal. Bereits in der ersten Zeile gab sich der Besitzer der mir unbekannten Nummer zu erkennen. ‚Hi Yeonhee, hier ist Jaehyun :)', stand dort zuerst. „Weißt du jetzt, wer sich gemeldet hat?", gab Siyeon nicht auf. ‚Hey', schrieb ich kurz zurück. „Mach mal ein bisschen Platz", verlangte Siyeon, stand ungeduldig auf und rückte neben mich, sodass wir zu zweit auf meiner Matratze saßen. Interessiert verfolgte sie mit Adlersaugen den Chatverlauf, der gerade erst begonnen hatte. ‚Wie geht's dir?', fragte Jaehyun. ‚War das mit der Nummer nicht nur für die Werbeaktion? ', lautete meine skeptische Antwort. Als Siyeon sie las, hörte ich sie laut seufzen. „Warum hinterfragst du das denn jetzt? Ist doch schön, dass er sich für dich interessiert." ‚Hast eigentlich Recht, wollte nur was von dir hören :D', kam es prompt von Jaehyun. Als ich ‚Mir geht es gut' auch wieder einfach so eintippen wollte, hielt Siyeon es nicht mehr aus. „Gib mal her, wenn du weiter auch keine Smileys benutzt, denkt er, du bist gefühlstot", übertrieb sie und rollte dramatisch mit ihren Augen. Ich sah ein, dass ich eine soziale Katastrophe sein musste und übergab ihr widerspruchslos mein Handy. Ihre Antworten, die sie nun in Besitz der Kontrolle über die Tastatur abgab, fielen eindeutig enthusiastischer aus, als die meinen. ‚Hast du morgen etwas vor?' Morgen war Samstag und damit der Beginn des Wochenendes, an dem wir mehr freihatten als unter der Woche. „Dürft ihr euch in der Freizeit mit anderen Leuten aus SM treffen?" Ich musste überlegen. Was nicht erlaubt war, war außerhalb von Seoul zu übernachten, zumindest ohne Einverständniserklärung des Entertainments. „Soweit ich weiß, wurde dazu nie etwas erwähnt." Siyeon war sichtlich erleichtert. „Super, dann muss ich auch nicht mehr absagen", kommentierte sie glücklich.

„Warte, was?" Beunruhigt riss ich ihr das Smartphone aus der Hand und betrachtete, was sie im Messenger angerichtet hatte. Nachdem ich „meine" Zusage zu einem Treffen allein mit Jaehyun gesehen hatte, ließ ich mich mit einem Aufstöhnen rücklings auf die Matratze fallen, die mich als gepolsterter Untergrund weich in Empfang nahm.

Sweater Weather (NCT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt