Kapitel 17

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Intuitiv kam ein erschrockener Aufschrei über meine Lippen, bevor sich eine Hand von hinten auf meinen Mund legte. „Psst, bist du wahnsinnig geworden?", ertönte eine Stimme, für die ich nur kurz brauchte, um sie zuzuordnen. „Du weckst alle Leute noch auf", warnte Taeyong mich. „Wie kommst du überhaupt auf die Idee, hier die Pferde scheu zu machen?" Hätte seine Handfläche nicht immer noch dort geruht, hätte ich etwas erwidert. Aber er machte keine Anstalten, sie zu entfernen, bis ihm meine Schweigsamkeit seltsam vorkam.

„Oh, tut mir leid", meinte er und ich spürte noch ein paar Sekunden lang die Wärme, die seine Finger zurückgelassen hatten. „Nicht so wichtig", tat ich meine Aufregung als keine große Sache ab, nachdem ich mich umgedreht habe, um ihm ins Gesicht zu schauen. Taeyong hatte eine zweifelnde Miene aufgesetzt. „Nicht so wichtig", zitierte er mich und ich nicke zustimmend einmal. „Aber bedeutend genug, um mich einfach bei unseren abendlichen Treffen zu versetzen, oder was?", fragte er rhetorisch und meine Kinnlade klappte nach unten. War Taeyong, der sich sonst als so cool und schlagfertig gab, etwa beleidigt? Sieht ganz so aus, dachte ich mir als er weiterhin stur blieb, seine Arme verschränkte und eine Antwort von mir verlangte. „Ähm, tut mir leid", entschuldigte ich mich, etwas verunsichert darüber, ob das angemessen war zu tun, wenn es doch nicht festgemacht worden war, dass wir uns jeden Tag im Übungsraum sahen. Doch aus irgendeinem Grund schien er nicht wirklich böse auf mich sein können. Ein Seufzen entfuhr ihm. „Entschuldigung angenommen", sagte er ein wenig widerwillig und ich ließ meinen Blick durch das kleine Tonstudio schweifen. Die Wände waren schallgedämpft ausgekleidet, es gab ein Mischpult mit vielen verschiedenen Reglern sowie ein paar Mikrofone und Kopfhörer, die etwas schludrig aufgeräumt wurden. Jemand würde noch seinen Spaß daran haben dürfen, den Kabelsalat zu entwirren, schoss es mir mitleidig durch den Kopf. In einer Ecke stand eine einzige Akustik-Gitarre, an die Wand gelehnt, als wäre sie dort vergessen worden.

„Weißt du, du bist genauso wenig dazu berechtigt hier zu sein wie in den Tanzräumen", sprach ich aus, was mir bei der Musterung des Aufnahmezimmers in den Sinn gekommen war. „Ist mir bewusst", kommentierte er gelassen, „aber ich habe dein Schweigen schon gesichert, also... was habe ich zu befürchten?" Er zuckte mit den Schultern und ich bewunderte ihn für seine Gleichgültigkeit. „Sag mal, du nennst mich zwar irre, weil ich Frühsport mache, aber warum bist du schon wach? Wolltest du frühstücken?" Taeyong prustete kurz los und ich stand verwundert da und verstand nicht, was daran so lustig sein sollte. Dass er für die erste Mahlzeit des Tages zur Cafeteria auf unserer Etage kam klang für mich ziemlich logisch. „Hast du dich noch nie gefragt, warum du auch die Idols am Wochenende nie hier zum Frühstück erscheinen siehst?" Stumm verneinte ich mit einem Kopfschütteln. Für mich hatte es immer ausreichend andere Sachen gegeben, bei denen es sich mehr gelohnt hatte, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. „Dann wird's höchste Zeit, dass du es rausfindest", sagte er urplötzlich und stoß die Tür des Aufnahmezimmers auf. Er verbeugte sich leicht und machte eine einladende Handbewegung nach draußen. „Hier geht es lang, Mylady", scherzte er und führte mich, sobald wir im Gang standen zu den Treppen. Hierzu hatte er mir eine Hand auf den Rücken gelegt und schob mich damit zügig vorwärts, was dazu führte, dass ich auf den Stufen, so ungeschickt wie ich manchmal war, über meine eigenen Füße stolperte.

Taeyong fing mich gerade noch so rechtzeitig ab, indem er mich am Ellenbogen und Unterarm stützte. „Pass auf", ermahnte er mich und schaute mir eindringlich in die Augen, weshalb ich nur noch ein benommenes „Ja, danke", herausbrachte. Schließlich befanden wir uns nachdem wir die Treppen überwindet hatten im fünften Stockwerk, das definitiv für Trainees wie uns tabu war.

Angespannt blieb ich stehen und weigerte mich,weiterzugehen. „Was hast du vor?" Das Misstrauen in meiner Stimme war nicht zu überhören.

Sweater Weather (NCT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt