Kapitel 112

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Heute ist es soweit. Mein 18. Geburtstag, der Tag unserer Entlassung. Raus in die Welt, rein ins Familienleben. Noah quiekt erfreut in seinem Maxi Cosi. Ich lächle meinem Sohn im Bärenjäckchen zu, sehe hinter ihm aus dem Fenster. Es schneit draußen, meine Laune ist im Keller. Nicht nur dass Marco schon seit einer viertel Stunde zu spät ist, weswegen ich mich daran mache, Noah aus seinem warmen Fell zu befreien. Mein Herz zerreisst bei den Bildern, die mir eine Freundin aus dem Heim zugeschickt hat. Sie hat Marco beobachtet, in der Stadt, mit einer anderen Frau. Diese Frau ist um die 25 Jahre alt, also in Marcos Alter und lässt somit meine Sorge noch höher kochen. Marco hat mir nichts erzählt. Immer wenn ich ihn frage, was er so treibt, meint er nur dass er entweder Training hat, sich mit seinen Kollegen trifft oder zuhause ist. Dass er sich mit einer gleichaltrigen Frau trifft hat er mir natürlich verschwiegen. Ich platze beinahe vor Eifersucht, und als würde Noah meine Anspannung spüren beginnt er zu quengeln. Schnell befreie ich ihn aus der Jacke und lege ihn in meine Arme. Ich stecke ihm einen Schnuller in den Mund und schon sieht er mich befriedigt an, an seinen Schnuller nuckelnd. „Wo bleibt dein Papa denn nur, hm?“ Ich streiche über seine weiche Wange. Mittlerweile ist er schon eine halbe Stunde zu spät, mein Handy bleibt still, ich sehe ihn nirgendswo weit und breit. Aus einer halben Stunde wird eine ganze, dann werden es zwei Stunden. Ich möchte so schnell wie möglich raus hier, also wähle ich die Nummer meines Ersatzpapas, Marc. Zuverlässig wie er ist, geht er sofort nach dem zweiten Klingeln ran. „Hey Süße, was ist los?“ Jetzt, wo ich seine warme vertraue Stimme höre, spüre ich förmlich wie sich meine Augen mit Tränen füllen. “Du musst mich abholen…bitte.“ Eine kurze Pause folgt. „Sollte das nicht Marco tun?“-„Die Betonung liegt auf sollte… er hat jetzt zwei Stunden Verspätung, Noah und ich wollen hier raus…Bitte, Bitte hol mich ab!“ Ich erschrecke beinahe, wie verzweifelt meine Stimme klingt. „Ich bin in 10 Minuten da, Maus. Mach dich schon mal fertig.“-„Danke..“

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