11.

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Mit so viel Pommes und Burgern im Rucksack, dass man vermuten könnte, ich würde eine ganze Familie ernähren wollen, drücke ich die Tür der Tankstelle auf und ziehe die Riemen meines Rucksacks enger. Dass ein bisschen Essen so schwer sein kann, erwartet man gar nicht. Trotzdem noch lange nicht so schwer, wie selbst welches zu kochen.

„Das macht sechs Euro. Rauchen Sie eine für mich mit, klar?", sagt Zayn nicht zu mir sondern zu dem Kunden, dem er gerade eine Schachtel Zigaretten verkauft. Ein älterer Typ mit weißen Haaren, den ich hier schon öfter gesehen habe.

„Spinnense immer noch rum, was Malik? Auf diesen Genuss würd ich ja nichma im Traum verzichten. 'S Leben is kurz, ob mit oder ohne den Dingern", leiert der Mann und klingt, als hätte er schon ein paar Bier intus, was eigentlich ganz legitim ist, es ist schließlich schon vierzehn Uhr und damit offiziell Nachmittag.

Als der Mann weg ist, geselle ich mich zu Zayn hinter den Tresen und zeige ihm meine Beute. Das meiste davon ist für ihn und er verschlingt es innerhalb ein paar Minuten.

„Wow", sage ich voller Respekt, als er den dritten Burger runterschluckt und ich gerade mal ein paar Pommes vernichtet habe.

„Ich hatte Hunger, okay? Du rettest mich, man. Gibt's schon was neues?" Während er isst, sortiert er die Feuerzeuge, die neben der Kasse stehen. Es sind diese ganz tollen Feuerzeuge, die es nur an Tankstellen gibt, wo Dinge wie 100% Sexy oder ähnliches draufstehen. Ich hoffe, dass ich niemals in die Situation komme, an einer Tankstelle ein Feuerzeug kaufen zu müssen.

„Nein." Ich beobachte, immer noch etwas ehrfürchtig, wie Zayn es schafft, zu essen und gleichzeitig aufzuräumen. So viel Multitaskingfähigkeit habe ich ihm gar nicht zugetraut. Ich schlucke eine Pommes runter. „Deshalb bin ich ja hier, ich hab das Warten Zuhause nicht mehr ausgehalten."

Zayn wischt sich mit dem Ärmel über den mit Ketchup beschmierten Mund. „Das kann noch ewig dauern. Ich wette, er ist erst heute Abend wieder da." Er will noch mehr sagen, aber dann nähert sich ein Kunde der Kasse und Zayn setzt wieder seinen geschäftsmännischen, wenn auch gelangweilten Blick auf, der vor allem mit den Ketchupflecken an seinem Ärmel besonders gut wirkt. Ich setze mich auf einen der Barhocker neben der Kasse und esse meine Pommes.

Es ist Freitag. Harry ist gerade im Haus seiner Mutter. Er ist da seit über zwei Stunden und ich sollte wahrscheinlich nicht so nervös sein, wie ich es bin, aber ich kann es nicht lassen. Es ist fast schon peinlich, wie nah mir das ganze geht. Dabei kenne ich Harry wirklich noch nicht lange. Und ich war nie ein sonderlich mitfühlender Mensch. Eher durchschnittlich. Normal eben.

„Isst du die noch?", fragt Zayn, als der Kunde weg ist und deutet auf meine Pommes. Ich schiebe sie ihm hin, weil ich eh keinen sonderlich großen Hunger habe. Ich stütze meinen Kopf auf meiner Hand ab und sehe ihm beim Essen zu.

„Glaubst du sie vertragen sich?", frage ich.

Zayn kaut unbefangen. „Klar. Harrys Mutter hat Harry schon immer vergöttert, zumindest als ich sie noch kannte."

„Aber sie hat ein Problem damit, dass er schwul ist", werfe ich ein, in Erinnerung an Harrys Erzählungen, kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten.

Zayn zuckt mit den Schultern. „Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass ihr das wichtiger ist als ihr Sohn. Ich glaube ..." Er sieht auf und überlegt kurz einen Moment, schiebt dabei immer wieder abwesend meine Pommes in seinen Mund. „Ich glaube, viel problematischer wird das mit dem Vater."

Zugegeben, habe ich mir über Harrys Vater und dessen weibliche Begleitung letzte Woche am Theater relativ wenig Gedanken gemacht, auch wenn das überhaupt erst der Auslöser für alles gewesen war. Allein das Wiedersehen zwischen Harry und seiner Mutter scheint mir aufregend genug, ohne dass es noch ein Vaterdrama geben muss. „Wahrscheinlich", murmele ich. Ich greife mir eines dieser Holzstäbchen, mit denen man Kaffee umrührt und spiele damit herum. Beinahe sage ich sowas wie Man, bin ich nervös, aber halte mich davon ab, weil ich mir nicht sicher bin, wie normal dieses Mitgefühl in mir ist und mir keine dummen Sprüche von Zayn anhören will.

Immer wenn ein Kunde kommt, setzt Zayn ein Lächeln auf, das aussieht, als würde er sich nicht mal Mühe geben, es echt erscheinen zu lassen und geht zurück hinter den Tresen. Als mir langweilig wird, helfe ich ihm, ein paar der Neuwaren in die Regale zu räumen und putze sogar die Oberflächen, damit wir nach seiner Schicht schneller nachhause kommen. Es ist alles besser, als alleine Zuhause zu sitzen und auf Harry zu warten. Um siebzehn Uhr kommt Zayns Kollege herein, um uns abzulösen und wir werfen die leeren McDonalds Tüten weg und machen uns dann auf den Weg zur U-Bahn. Unterwegs kauft Zayn ein paar Flaschen Bier und Schnaps mit den Worten „Falls es nachher nötig ist" und auf meinen Blick hin fügt er hinzu „Was? Es ist Freitag!" und weil Harry, als wir Zuhause ankommen, immer noch nicht da ist und wir nicht wissen, was wir mache sollen, öffnet Zayn ein Bier und erklärt den Abend hiermit als eröffnet. Ich bin noch nicht bereit zu trinken, vor allem weil mir vor Nervosität ein bisschen schlecht ist. Wir sitzen auf dem Sofa, zappen durch die Kanäle und bleiben schließlich an einem uralten Western hängen.

„Sag mal", sagt Zayn, nachdem er es sich gemütlich gemacht hat. „Kann es sein, dass du die ganze Woche nicht einmal in der Uni warst?"

Nachdem er das gesagt hat, habe ich dann doch Lust zu trinken. Ich werfe ihm einen Blick zu, der als Antwort reichen muss und greife nach einem Bier. Ich will mir um Harry Sorgen machen, nicht um mich selbst.

„Lou, du musst das echt mal in den Griff kriegen."

„Ja, ist gut. Nächste Woche", blocke ich ihn ab, bevor er noch mit der Jobsuche oder sowas weitermachen kann. Ich deute auf den Bildschirm, murmele ein „Ich will das jetzt gucken" und ignoriere das Augendrehen, das als Antwort kommt.

Die Zeit vergeht langsam. Von Harry ist und bleibt keine Spur. Schließlich wird es dunkel und wir machen die Stehlampe neben dem Sofa an. Immer noch nichts. „Er sollte sich echt mal ein Handy zulegen", murmele ich.

„Er hat nicht mal Geld für eine zweite Decke." Zayn hebt die Brauen. „Oder doch, aber euch zweien reicht ja eine."

Ich ignoriere den Kommentar. „Er ist jetzt bald zehn Stunden weg."

„Sie werden ja wohl auch einiges zu besprechen haben."

Ich seufze. Es ist mir ein Rätsel, wie Zayn so ruhig und entspannt da liegen und den Film verfolgen kann. Vielleicht tut er auch nur so, damit wenigstens einer von uns Ruhe bewahrt. Er bemerkt meinen Blick und sieht mich kurz nachdenklich an. Dann lächelt er.

„Du machst dir wirklich Sorgen, oder?" Als ich rot werde, wird sein Lächeln zu einem Grinsen. „Man Lou, ich wusste gar nicht, wie sehr er dir ans Herz gewachsen ist." Er richtet sich auf, immer noch grinsend, als wäre das jetzt hier wichtiger als jedes Familiendrama. „Wenn ihr zwei schon so verknallt seid, musst du ja jetzt nur noch aufhören, dich so vorm Vögeln zu fürchten."

Ich verschlucke mich beinahe an meiner eigenen Spucke und hasse, wie heiß mein Gesicht wird. „Oh mein Gott, du bist furchtbar. Wir sind nicht verknallt, wir kennen uns kaum."

„Man muss sich nicht gut kennen, um verknallt zu sein." Er zwinkert bedeutungsvoll und ich verdrehe die Augen. Ernsthaft ... wer zwinkert heutzutage noch so?

Ich will antworten, als es endlich an der Tür klingelt. Erleichtert springe ich auf und ignoriere Zayns vielsagenden Blick. Ich bin Harry die letzten Tage nicht von der Seite gewichen und diese zehn Stunden ohne ihn waren so ungewohnt, dass ich es jetzt kaum erwarten kann. Ich laufe durch den Flur und öffne die Tür. Er steht da, in seinem dicken Mantel und den kaputten Boots und einem kleinen, müden Lächeln im Gesicht.

„Hi", sagt er.

„Hey." Ich grinse und lasse ihn rein, aufgeregt und neugierig zugleich.


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„Also. Er wohnt nicht mehr bei ihr. Und er hat sie nicht betrogen. Ist das da Schnaps?" Wir sitzen auf unserem Bett. Warum weiß ich selbst nicht mehr genau. Harry wollte sich gemütlichere Klamotten anziehen und wir sind ihm gefolgt und so vom Wohnzimmer in unser Zimmer gewandert.

„Welchen willst du?" Zayn hält in einer Hand den Jägermeister und in der anderen den Wodka.

„Was für ne Frage. Ich dachte du kennst mich."

Zayn schnaubt. „Als ich dich noch kannte, warst du noch nicht volljährig."

„Das hat mich nicht vom Schnaps abgehalten."

Ich bin ungeduldig, während sie das mit dem Alkohol klären und will einfach nur wissen, was jetzt mit Harrys Eltern ist. Nachdem er einen großen Hieb des Jägermeisters getrunken hat und im Bett ein Stück zurück rutscht, um sich an die Wand zu lehnen, redet er endlich weiter.

„Also ..." Er wirkt aufgewühlt und etwas überfordert mit unseren erwartungsvollen Blicken. „Es war so viel. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll." Wir hocken uns um ihn, alle drei an die Wand gelehnt und während ich darauf warte, dass er sich sammelt, spüre ich sein Bein ganz deutlich an meinem. Da ist er wieder, dieser Körperkontakt. Schließlich beginnt Harry zu reden. Von dem neuen Garten seiner Mutter, den sie umgepflanzt hat. Von Veränderungen im Haus. Davon, was seine Mutter macht und wie es ihr geht. Von den Nachbarn. Zayn und ich sind geduldig, auch wenn es alles eher nebensächliche Sachen sind. Harry erzählt die Dinge mit Begeisterung. Schließlich nimmt er einen weiteren Hieb aus der Flasche und seufzt.

Wir sehen ihn an. Er sieht erst zu Zayn, dann zu mir, dann zur Decke. Er seufzt ein zweites Mal. „Okay", murmelt er. „Okay." Als würde die Erzählung jetzt erst beginnen und er nochmal von vorne anfangen, räuspert er sich und setzt sich gerader hin. „Als ich weggelaufen bin ..." Er fasst sich kurz und fängt dann nochmal an. „Als ich weggelaufen bin, haben sie sich gegenseitig die Schuld dafür gegeben. Mama konnte Papa nicht verzeihen, dass er mich gehen lassen hat, und andersrum genauso. Sie haben versucht, mich zu finden ..." Harry reibt sich kurz über die Stirn, bevor er weiterredet. „Sie haben sich noch nicht direkt getrennt. Mama meint, es gab noch andere Gründe für die Trennung, aber vielleicht hat sie das nur gesagt, damit ich mir nicht die Schuld gebe."

„Was du hoffentlich nicht tust", murmelt Zayn. Harry sieht ihn an und atmet tief ein. Er zuckt etwas unsicher mit den Schultern.

„Ich weiß nicht. Mama gibt Papa die Schuld, Papa gibt Mama die Schuld. Und ich ... Ich weiß nur, dass wenn ich mich nicht geoutet hätte, wir vielleicht noch eine Familie wären." Er sagt den letzten Teil sehr leise und gerade als Zayn und ich protestieren wollen, fährt er fort. „Aber", sagt er schnell. „Ich bin auch froh, dass sie sich gemeinsam dazu entschieden haben und sich nicht gegenseitig hintergangen haben. Ich weiß nicht, was ich lieber hätte ... verheiratete Eltern, die sich gegenseitig verarschen oder geschiedene Eltern."

Wie immer weiß ich nicht, was ich sagen soll und schweige. Zayn nimmt einen Schluck aus seinem Bier und fährt sich durch die Haare. „Beides scheiße", murmelt er.

„Eben." Harry zuckt mit den Schultern. Ich bewundere, wie stark er ist und ich kann nicht einschätzen, ob das echt ist oder er nur so tut. „Es ist einfach ... Ich weiß nicht. Ich habe sie beide so lange nicht gesehen. In meinem Kopf waren sie immer eine Einheit. Mama und Papa. Mama und Papa und ich. Und als ich weggefallen bin, war es manchmal Ich gegen Mama und Papa. Und jetzt ... ist es alles irgendwie aufgebrochen. Aber andererseits ist es das schon vor drei Jahren, oder? Ich habe ... alles zum Einsturz gebracht, oder?"

Er sieht nicht tieftraurig aus, eher, als ob er es wirklich ergründen will. Seine Brauen sind zusammengezogen und er starrt auf seine Hände. Seine Worte purzeln nur so heraus und es erscheint mir, dass egal was er sagt, seine Gedanken immer darin enden, dass es seine Schuld war. Ich wünschte, ich könnte das ändern, aber ich weiß nicht, wie.

Auf Zayns Stirn haben sich Falten gebildet und kurz wirkt selbst er den Worten beraubt. Es erscheint so sinnlos zu sagen Nein, es war nicht deinetwegen. Weil wir es eben nicht wissen. Und weil es nichts bringt, alles zu beschönigen. Und was sonst könnte man sagen? Vielleicht gab es in der Ehe schon vorher Probleme. Aber würde es das besser machen? Würde er das überhaupt hören wollen? „Deine Eltern sind immer noch deine Eltern. Ob sie zusammen sind oder nicht." Zayn stützt seinen Ellenbogen auf sein Knie und seinen Kopf auf seine Hand. „Daran ändert sich nichts. Niemals."

Harry beißt sich auf die Unterlippe. Er wirkt doch traurig, aber nur kurz, dann fängt er sich wieder. „Ja ..." Er räuspert sich und sieht auf. „Oh man ... Ich habe keine Lust mehr darüber nachzudenken. Das heute war ... so viel auf einmal." Er sucht und findet die Flasche Jägermeister neben sich im Bett. Er nimmt einen großen Schluck. So langsam komme ich mir vor, als wäre ich stumm. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Harry streckt sich und macht es sich etwas bequemer, dann sieht er uns mit einem gleichgültigen Ausdruck an. „Seid ihr nicht dazu da um mich abzulenken?"

„Allerdings." Zayn rutscht zu ihm hin, legt ihm einen Arm um die Schulter und schnappt sich die Flasche. „Ich weiß gar nicht, was du zu jammern hast. Schau dich mal um. Du hast ein Dach über dem Kopf. Musst keine Miete zahlen." Er wackelt mit den Brauen. „Bist umgeben von heißen Typen."

Harry runzelt die Stirn und sieht sich um. „Was? Wo?"

Ich muss lachen und Zayn tut gespielt beleidigt. „Arschloch. Louis, komm her, der Junge braucht mehr Überzeugung." Zayn winkt mich näher und ich rutsche dichter an Harry, lege ihm auch einen Arm um die Schulter. Harrys angewinkeltes Bein liegt jetzt quasi auf meinem Schoß. Zayn trinkt mehr und dann reicht er die Flasche rum und wir wechseln uns ab.

Harrys Blick begegnet kurz meinem und seine Augen scheinen zu fragen Alles okay? als wäre ich derjenige, dessen Eltern sich scheiden lassen haben. Ich schenke ihm ein Lächeln, das er erwidert und gebe mir dann endlich einen Ruck und breche mein verdammtes Schweigen. „Wir können feiern gehen, wenn du willst."

Zayn wackelt mit den Augen. „Oh ja. Du könntest jemanden abschleppen, Harry. Und Louis, du könntest es versuchen."

Harry verzieht das Gesicht. „Ach, ich glaube für heute reicht ihr mir völlig aus. Ach ... scheiße." Als Harry einen Schluck nehmen will, läuft ihm der Jägermeister am Kinn runter und direkt auf sein T-Shirt. Zayn prustet los.

„Du bist so ein Baby. Immer noch zu blöd zum trinken."

„Verflucht, ist das Zeug kalt."

„Und glaub mir, es klebt."

Harry seufzt und erhebt sich, schüttelt unsere Arme ab, um sich sein T-Shirt vom Kopf zu ziehen. Zayn kann es natürlich nicht lassen und jubelt ihm zu, was Harry völlig ignoriert. Jetzt oberkörperfrei setzt er sich wieder in unsere Mitte und während Zayn beginnt, eine Erinnerung davon zu beschreiben, wie Harry als Jugendlicher völlig unfähig war, vernünftig zu essen und zu trinken und immer alles daneben gekippt hat, merke ich, dass der Alkohol meinen Verstand schwammig genug gemacht hat, dass ich mich nicht mehr davon abhalte, Harry anzustarren. Seine nackte Haut so unmittelbar neben mir bringt mich gerade etwas aus der Fassung, was albern ist, weil er jede Nacht so neben mir schläft. Sein Schlüsselbein wirkt jetzt besonders ausgeprägt und mein Blick wandert weiter runter über die Bauchmuskeln, die glatte Haut, die abstehenden Brustwarzen, die leichte Behaarung, die in einem Streifen vom Bauchnabel abwärts geht. Ich nehme die Geräusche um mich herum kaum war, sehe den Jungen neben mir an und da ist es wieder. Dieses Gefühl ... dass da etwas ist, was ich nicht haben kann. Es ist so unerreichbar. Direkt neben mir. Ich reibe mir über das Gesicht, wahrscheinlich, um mich irgendwie davon abzuhalten, Harry anzustarren, aber mein Blick wandert immer wieder zu ihm, als könnte er nicht anders.

Erst als Zayn sich laut räuspert, fahre ich aus meinen Gedanken und sehe auf. „So spannend, Lou? Falls du masturbieren musst, geh bitte ins Bad."

Ich merke, wie mir das Blut ins Gesicht schießt. „Was?", frage ich unschuldig.

Zayn sieht mich forschend und ziemlich amüsiert an. „Wundert mich, dass du noch nicht gesabbert hast, so wie du ihn anstarrst." Ich rieche den Alkohol in Zayns Atem. Er kann einen wirklich ziemlich ärgern, wenn er betrunken ist. „Muss schon scheiße sein, wenn man so Schiss vor etwas hat, was man unbedingt haben will."

Ich beiße meine Zähne zusammen und sehe unsicher zu Harry, der mich, jetzt mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen ansieht. Es ist nicht böse, eher neugierig. Ich merke, wie ich noch roter werde. Sein Grinsen wird breiter und dann beugt er sich zu mir und murmelt in mein Ohr: „Warte, bis wir allein sind."

Er sagt das laut genug, dass Zayn es hört und damit wird es automatisch zu nichts mehr als einem Witz. Zayn pfeift und lacht und auch Harry lacht und ich habe das Gefühl, dass mein Kopf jetzt förmlich glüht. Seine Stimme war so rau und tief und kratzig an meinem Ohr ... „Ihr seid solche Idioten", murmele ich und schlucke schwer. Sie lachen immer noch.

Danach trinken wir noch mehr. Wir reden. Wir erzählen. Es geht um alles, bloß nicht Harrys Familie. Der Alkohol macht mich müde und ich kann Zayns Geschichte über Gigi langsam nicht mehr folgen. Ich rutsche ein Stück tiefer um mich hinzulegen. Eine Weile später liegen wir zu dritt im Bett. Zayn wirkt noch sehr munter. Er redet. Und redet. Dann redet Harry. Ich drifte manchmal in den Schlaf, dann kann ich ihnen wieder zuhören, dann bin ich wieder weg. Ich gähne in meinen Arm und drehe mich auf die Seite. Harrys nackte Schulter ist an meiner Nase. „Dann sag ihr das doch. Sag ihr, dass du sie magst", sagt Harry gerade und Zayn vertieft sich in einen Monolog, ob man das schon Mögen nennen kann oder ob er sie nur heiß findet, dabei wissen wir alle drei, dass er sie mag. Ich schließe die Augen. Ich schlafe ein. Als ich das nächste Mal aufwache, sagt Zayn irgendwas und liegt nicht mehr, sondern steht im Zimmer. Ich registriere es nur im Halbschlaf und dann, einige Zeit später, als ich wieder aufwache, ohne zu merken, dass ich eingeschlafen bin, ist das Licht aus und Zayn ist weg. Ich habe noch meine Straßenklamotten an. Ich blinzele und kämpfe mit der Müdigkeit. Ich versuche mich aufzurappeln, fühle mich aber zu schwach und lasse mich wieder fallen, diesmal mehr auf Harry als auf der Matratze. Er keucht unter mir. „Autsch. Womit hab ich das verdient?"

„Sorry", nuschele ich und stöhne. „Müde."

Seine Hand berührt meine Schultern und dann drückt er mich sanft von sich und legt mich auf meinen Rücken. Ich erhasche seinen Blick und sehe, dass er noch sehr wach ist. Er wird wahrscheinlich nicht schlafen können. Die ganze Nacht nicht. Er wird wach liegen und an seine Eltern denken.

„Kann man dir irgendwie helfen?", fragt er und sieht mich mit einem schiefen Lächeln an.

Mir?", frage ich. „Mir gehts gut. Außer dass ich ..." Ich strampele mit meinen Beinen und seufze. Der Alkohol hat mich wirklich ausgeknockt. Unbeholfen versuche ich meine Hose zu öffnen und als ich Harrys Hände spüre, seufze ich erleichtert.

„Bist du betrunken?", fragt er. Ich weiß nicht, ob ich betrunken bin. Ich wüsste es wahrscheinlich, wenn ich aufstehen und sich alles drehen würde, aber davon bin ich meilenweit entfernt. Vor allem bin ich wahnsinnig müde.

„Hm", mache ich nur. Harry schafft es meine Hose zu öffnen und zieht sie von meinen Beinen und ich merke, dass durch sein Ziehen meine Boxershorts ein Stück runterrutschen und es kalt ist an meinen Hüftknochen. Ich liege dort wie ein toter Mann, und es ist mir in diesem Moment verdammt egal. Ich habe die Augen geschlossen. Merke nur, wie Harry mir beim Ausziehen hilft. Ich seufze im Halbschlaf und reibe mir die Augen und spreize die Beine, weil das bequemer ist.

„Als ich meinte, du sollst mich ablenken, habe ich nicht das gemeint."

Ich habe keine Ahnung wovon er redet. Ich lenke ihn doch gar nicht ab. Ich liege nur rum und sage nichts und bin absolut unbrauchbar. Als ich seine Hand an meinem Oberschenkel spüre, bringe ich doch nochmal genug Kraft auf, um die Augen zu öffnen. Er kniet im Bett neben mir und sieht mich an und seine Hand streicht nur kurz über meinen Oberschenkel, dann zieht er sie wieder weg. Er bemerkt meinen Blick und kurz wirkt er verlegen.

„Sorry", nuschelt er. Und plötzlich habe ich das Gefühl, dass er verdammt hilflos ist. Ich sehe ihn an und hebe einen Arm um ihn näher zu ziehen. Er legt sich neben mich. Zieht die Decke über uns. Sein Körper ist kälter als meiner.

„Komm her", murmele ich. Meine Hände sind in seinen Haaren. Ich bin zu müde, um mehr zu machen. Und wir machen auch gar nichts. Wir liegen nur eng aneinander da und ich glaube, es kann sein, dass ich hart bin und sein Bein irgendwo zwischen meinen Beinen liegt und irgendwo im Halbschlaf frage ich mich, ob er mit mir schlafen will und nur darauf wartet, dass ich es zulasse und im nächsten Moment kommt mir dieser Gedanke unglaublich arrogant vor und ich verdränge ihn wieder. Ich halte ihn einfach in meinen Armen und er mich in seinen und genauso schlafe ich ein.

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