15.

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Am Freitag fahre ich zur Uni. Ich gehe mit Zayn in das Gebäude, begrüße einige der Gestalten, die ich vom Sehen kenne und murmele das obligatorische „Ich habe keine Lust", so als würde ich gleich wirklich eine Vorlesung besuchen, während ich Zayn zum Getränkeautomaten begleite.

„Ich auch nicht", murrt er. Er betrachtet mit zusammengekniffenen Augen die Getränkedosen hinter der Glasscheibe und entscheidet sich schließlich für den am ekelhaftesten aussehenden Energydrink, den es wahrscheinlich in ganz England zu kaufen gibt. Er wirft ein paar Münzen ein, rüttelt ungeduldig an dem Automaten, als dieser nicht sofort in Bewegung springt und bückt sich schließlich, um die Dose rauszufischen.

„Denkst du bei diesen Automaten auch immer, dass ein Monster drin sitzt und dir die Hand abbeißt, wenn du da unten reingreifst?", frage ich.

„Nein, ich bin nicht mehr zwölf."

Ich schenke ihm ein Lächeln und sehe dann etwas angewidert zu, wie er die Dose öffnet und sie mit einigen großen Schlücken komplett leert. Als er fertig ist, setzt er die Dose von seinem Mund ab, verzieht das Gesicht und seufzt laut.

„Widerlich", murmelt er, obwohl er das Zeug seit Tagen konsumiert. Energydrinks sind Zayns neue Ersatzdroge. Es ist eine Hassliebe, eine sehr ungesunde, einseitige Beziehung ...

„Fünf von diesen Dosen am Tag sind nicht viel gesünder als Zigaretten", gebe ich zu bedenken, weil ich mir langsam etwas Sorgen mache. „Und auch nicht gerade billiger."

Zayn will davon nichts hören. Er steckt sein Portemonnaie wieder ein und schlurft weiter durch den Flur in Richtung Vorlesungssäle. „Ich bin jetzt ein reicher Mann, wusstest du das nicht? Für mich ist nichts zu teuer."

„Hast du im Lotto gewonnen?"

„Nein, aber so ähnlich. Du kennst doch diese zwei Parasiten, die bei mir wohnen. Einer von ihnen, der nettere, fleißigere, hat mir tatsächlich endlich seine Miete überwiesen. Und weißt du was?" Zayn streckt sich beim Gehen und dreht den Kopf zur Seite, sodass sein Nacken knackt. „Er hat mir gleich noch die Miete des letzten Monats nachgezahlt und ist damit offiziell schuldfrei!"

Ich werfe Zayn einen Blick zu, der irgendwo zwischen ja, ich weiß, dass ich scheiße bin und hör auf mich zu quälen liegt, und den er nur mit einem Grinsen der Genugtuung erwidert. Ich will gar nicht erst damit anfangen, auszurechnen, wie viel Geld ich ihm schulden würde, wenn er tatsächlich die ganze Miete der Monate, in denen ich bei ihm wohne, von mir zurückverlangt. Ich weiß, dass er das nicht tun wird, aber die Tatsache, dass er für immer etwas bei mir gut haben wird, ist auch nicht viel besser.

„Also dann." Wir bleiben vor dem Saal stehen, in dem Zayn Vorlesung hat. „Ich wünsche dir ebenso langweilige eineinhalb Stunden, wie ich sie gleich ertragen muss."

„Danke, gleichfalls." Ich hebe kurz meine Hand zum Abschied, warte, bis er in der Tür verschwindet und drehe mich dann um, um zurück zu gehen. Für einen kurzen Moment überlege ich, was eigentlich gerade auf meinem Stundenplan steht und in welchen Raum ich theoretisch gehen müsste, jedoch habe ich das Gefühl, dass mir allein der Gedanke daran jede Lebenskraft raubt, also verlasse ich auf direktem Wege das Gebäude und laufe zurück in Richtung Haltestelle. Ich seufze, kicke eine leere Coladose gegen eine Hauswand und versuche die Tatsache zu ignorieren, dass ich ein absoluter Versager bin.


///


Zuhause putze ich die ganze Wohnung, um mein schlechtes Gewissen zu bereinigen. Natürlich klappt das nicht. Danach fühle ich mich immer noch genauso miserabel. Es ist dieses elende Warten, bis die anderen zurückkommen, das mir mit jedem Tag und mit jeder Lüge schwerer fällt.

Ich erlaube mir nicht, fernzusehen, weil ich diese Art von Entspannung und Unterhaltung nicht verdient habe, und blättere stattdessen wieder in Harrys Büchern. Er hat wirklich viele davon. So langsam glaube ich, dass er nicht viel anderes in seinem Rucksack mitgebracht hat, als er hier angereist ist.

Ich verbringe den Tag auf dem Sofa und nehme mir ein Buch nach dem anderen vor. Ich weiß nicht wirklich, was ich mir daraus erhoffe, vielleicht endlich auf eine Geschichte zu stoßen, die mir nicht zu komplex ist. Eine, in die ich abtauchen kann, um die Zeit zu vergessen. Schließlich blättere ich einfach durch die Seiten und sehe mir die Randnotizen an, die Harry ab und zu gemacht hat. Manchmal hat er Begriffe erklärt, die er nicht verstanden hat, manchmal einfach kommentarlos Sätze unterstrichen. Es ist wie das Markieren wissenschaftlicher Texte für die Uni, das ich so hasse, aber gleichzeitig ganz anders, weil Harry diese Dinge aus eigenem Antrieb und nicht für irgendjemanden tut. So wie er eben alles im Leben macht.

Ich greife blind nach dem nächsten Buch, lege es auf meinen Schoß und will es gerade aufschlagen, als ich merke, dass es sich um Harrys Notizbuch handelt. Sofort lasse ich es los. Notizbücher sind zwar nicht Tagebücher, aber kommen schon ziemlich nah an so etwas ran. Anstatt es aufzuklappen, sehe ich es einfach nur an. Ich werde nicht reinsehen, natürlich nicht. Selbst wenn es nur aus belanglosen Finanzen und Einkaufslisten besteht, ist es nicht meine Sache. Aber dennoch frage ich mich kurz, was wohl drinstehen würde, wenn er wirklich so etwas wie ein Tagebuch führt.

Ich streiche mit dem Daumen über den Einband. Harry ist immer sehr ehrlich. Keine Frage ist ihm zu viel. Wahrscheinlich ist er ein offenes Buch, wenn man ihn bloß fragt, was man wissen will. Es gibt kein einziges Thema, für das er zu verklemmt wäre. Ich seufze, setze das Buch zu den anderen auf den Stapel und stehe auf, um mir ein Glas Wasser zu holen. Wenn ich Harry frage, ob er auf mich steht, würde er mir wahrscheinlich ehrlich antworten und es nicht einmal unangenehm finden. Aber vielleicht wäre es für mich unangenehm zu wissen.

Ich gehe durch den Flur an meinem Zimmer vorbei und erst da fällt mir wieder ein, was Zayn vorhin gesagt hat. Ich bleibe in der Bewegung stehen und sehe die Tür an. Harry hat ihm die ganze Miete nachgezahlt. Das heißt, dass dieses Zimmer dort jetzt nicht mehr mir gehört. Wann ist das passiert? Wie konnte die Wohnsituation innerhalb weniger Wochen von Harry ist in mein Zimmer gezogen zu ich wohne in Harrys Zimmer werden?

Ich seufze und spüre diesen wohlbekannten unangenehmen Druck in meiner Brust aufsteigen. Ich gehe in die Küche und hole mir ein Glas Wasser, das ich in einem Zug austrinke. Ich versuche, den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken aber er lässt sich nicht wegspülen. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich in der Küche stehe und einfach nur die Wand anstarre. Frustriert fahre ich mir durch die Haare, fluche etwas, das ich selbst nicht so genau verstehe und beginne, durch die Wohnung zu gehen. Es ist unangenehm leer hier. Egal in welches Zimmer ich gehe, es ist und bleibt alles gleich. Und nichts in dieser Wohnung gehört mir. Kurz kommt mir der erschreckende Gedanke, dass ich mich, wenn das so weitergeht, vielleicht hier bald nicht mehr Zuhause fühlen werde.

Die Zeit zieht sich unendlich hin. Schließlich gebe ich das sinnlose Herumstehen auf und lege mich ins Bett. Ich scrolle durch mein Smartphone, auf der Suche nach irgendetwas, das mich von meinen Gedanken ablenkt. Die Zahl meiner ungelesenen Mails ist mittlerweile von 60 auf 93 gestiegen und ich bringe es immer noch nicht über mich, auch nur eine einzige zu öffnen. Das meiste davon sind wahrscheinlich nur Newsletter, aber wenn ich es mir genau überlege, könnten auch E-Mails von Leuten aus der Uni dabei sein, mit denen ich Anfang des Semesters irgendeine Gruppenarbeit hätte planen sollen ... Der Knoten in meiner Brust wird stärker. Für einen Moment, eine kurze Sekunde bloß, habe ich das Gefühl, dieses Nichtstun keinen einzigen Tag mehr auszuhalten. Ich atme tief ein und dränge meine Gedanken in eine andere Richtung, lege mein Handy weg und presse die Augen zusammen. Aber da ist es wieder. Dieses Gefühl. Vielleicht halte ich es bald nicht mehr aus.

Stirnrunzelnd drücke ich mir mit der flachen Hand auf die Stirn. Was ist denn los mit mir? Abends ist es okay, wenn die anderen da sind. Aber tagsüber, ohne Ablenkung ... „Okay Louis", sage ich laut und komme mir dabei etwas irre vor. „Du denkst jetzt einfach an was anderes." Ich atme tief ein und konzentriere mich darauf, was wir heute essen. Dann denke ich an Zayns Nikotinentzug, und dann daran, dass Harry vielleicht ein bisschen in mich verknallt ist. Ich versuche meine Gedanken auf sein Notizbuch zu steuern, versuche mich zu fragen, was dort vielleicht drin steht, aber es reicht nicht aus. Mit einem Mal bin ich einfach nur von der Tatsache genervt, dass Harry Miete zahlt. Warum zahlt er Miete? Und ich nicht? Und warum sind er und Zayn gerade unterwegs und ich nicht?

Der Druck in meiner Brust steigt hoch und presst mir gegen den Hals, sodass das Atmen schwerer wird. Es ist dieses brennende Gefühl, das man spürt, kurz bevor man anfängt zu weinen. Ich schnaube ungläubig. Ich werde jetzt definitiv nicht losheulen und ich werde auch keine Sekunde weiter drüber nachdenken.

Ich setze mich auf mit dem plötzlichen Drang, irgendetwas zu tun, irgendetwas, das nicht nichts ist. Aber da ist nichts. Der Raum ist leer. Und auch wenn ich nicht weinen werde, fühle ich mich doch verdammt elend. Und einsam. Das ist wohl die Bürde, die man tragen muss, wenn man jeden einzelnen Menschen in seinem Leben anlügt und deshalb mit niemandem mehr richtig reden kann.

Es ist gerade erst sechzehn Uhr, als ich mich ausziehe und erst meine Decke und dann Harrys über meinen Kopf ziehe. Die Dunkelheit verdrängt die Gedanken nicht, im Gegenteil. Ich hasse es, allein zu sein. Nicht, weil ich andere Menschen brauche, sondern weil allein sein bedeutet, mit mir selbst allein zu sein. Und ich bin momentan kein Mensch, mit dem ich gerne allein bin.


///


Ich schlafe unruhig, bin aber meinem Körper ziemlich dankbar, dass er mich überhaupt um so eine Uhrzeit schon in den Zustand der Bewusstlosigkeit eindringen lässt. Als ich die Wohnungstür höre, werde ich wach und spüre sofort die Erleichterung durch meinen Körper fluten, dass das Warten endlich ein Ende hat. Dass Freitag ist und dass das Wochenende kommt und das bedeutet, dass ich die nächsten zwei Tage nicht lügen muss. Es muss Zayn sein, der gerade nachhause gekommen ist, weil Harry immer noch keinen eigenen Schlüssel hat, aber es ist mir auch egal, ich bin einfach froh, nicht mehr allein zu sein. Ich ziehe die zwei Decken von mir, stehe auf, mache mir nicht mal die Mühe, mich anzuziehen, reiße die Tür auf, laufe und –

„Woah! Immer langsam."

Ich schrecke zusammen, als ich mit etwas Großem, Blonden kollidiere. Ich brauche mehrere Sekunden, um die Frau vor mir zuzuordnen, die nicht nur wegen den High Heels größer ist als ich. Auch sie scheint mich nicht sofort zu erkennen. Doch dann erhellt sich ihr Gesicht.

„Aahh, du bist der, der neulich so besoffen war!"

Ich bin so überrascht, dass ich meine miese Laune komplett vergesse. Einige Sekunden lang starre ich sie einfach nur überfordert an, bevor ich antworte. „Ähm. Ja."

„Ist Leute umzurennen so ein Hobby von dir?" Gigis Stimme ist ruhig und etwas rauchig, aber nicht unfreundlich. Sie hält ihre Tasche fest im Griff, als hätte sie Angst, dass ich nochmal gegen sie laufe und ihr diese dabei aus der Hand reiße.

„Tut mir leid", murmele ich, weniger schlagfertig als ich mir das wünschen würde. „Normalerweise stehen Leute nicht direkt vor meinem Zimmer herum."

„Das ist nicht dein Zimmer!", höre ich Zayn aus der Küche brüllen. „Es gehört jetzt Harry. Du weißt schon, die Miete."

Ich blinzele und unterdrücke die aufkommenden Erinnerungen an meine miese Laune, die kaum eine Stunde her ist. Ich weiß, dass Zayn mich nur ärgern will. Und dass ich es definitiv verdient habe, geärgert zu werden.

Gigi lächelt. Sie sieht an mir herunter, so auffällig, dass ich ihrem Blick folgen muss. Ich seufze innerlich. Natürlich trage ich ausgerechnet dann nur Boxershorts, wenn wir eine Frau im Haus haben. Das ist mal wieder eine Glanzleistung. Ich spüre, wie meine Schlagfertigkeit noch tiefer in den Keller sinkt und wage es nicht mal, ihr einen verteidigenden Blick zuzuwerfen.

„Wo ist denn der andere?", fragt sie in den Raum hinein.

„Harry ist arbeiten", murmele ich.

„Was arbeitet er?"

„Straßenmusikant."

„Oh. Ist er gut?"

Ich werfe einen kurzen Blick zur Küchentür und bete, dass Zayn bald da rauskommt und mich vor dieser Konversation rettet. Ich habe nichts gegen Gigi, aber trotzdem sehe ich keinen Grund, mich mit ihr zu unterhalten. „Ja", sage ich, obwohl ich insgeheim keine Ahnung habe, ob Harry gut spielt.

„Wie heißt du nochmal?"

„Louis."

Sie nickt nachdenklich und so langsam wird mir das ganze wirklich unangenehm. Ich trete mit den Füßen unruhig auf der Stelle und räuspere mich, als ein unangenehmes Schweigen zwischen uns ausbricht. Für mich ist es zumindest unangenehm. Gigi scheint davon rein gar nichts mitzukriegen. Sie sieht mich immer noch sehr unverwandt an.

„Also ...", sage ich, als ich es nicht mehr aushalte. „Ich geh dann mal wieder ..."

„Ins Bett?"

„Ja, ich denke schon."

Wir schweigen weiter. Plötzlich lacht sie. Es ist kein lautes Lachen, eher ein unauffälliges Schnauben. Wenn ich das hier richtig verstehe, verarscht sie mich gerade. Aber ihr Lachen ist nicht böse, sondern freundlich. Verwirrt sehe ich sie an.

„Okay, reicht das?" Zayn kommt in den Flur mit einer riesigen Tupperdose, die bis oben hin mit Salat gefüllt ist.

Ich runzele die Stirn. „Du hast Salat gemacht?"

Er wirft mir einen irritierten Blick zu. „Natürlich nicht. Ich hab drei abgepackte Fertigsalate gekauft und zusammengeschüttet", sagt er, als wäre es selbstverständlich.

„Das reicht bestimmt." Gigi klaut sich eine Tomate aus der Dose.

Ich muss nicht nachfragen, um zu verstehen, wofür Zayn plötzlich Salat braucht. Schließlich redet er seit fast einer Woche nur noch von der Party, zu der Gigi ihn eingeladen hat. Die Party, auf der alle von Gigis Freunden sind. Ich wundere mich bloß, warum Zayn ausgerechnet Salat und nicht eine Tüte Chips oder sowas zum Buffet mitbringt.

Zayn seufzt und etwas in seinem Seufzen verrät mir, dass er irgendwie nervös ist. Auch Gigi scheint es zu merken. Sie sieht ihn forschend an. Ich betrachte die beiden für einen Moment, wie sie dort nebeneinander stehen, sie ein Stück größer als er, blond und schön und er, mit seinem dunklen Teint und den schwarzen Klamotten. Nach einem Paar sieht das noch lange nicht aus, aber vorstellen kann ich es mir trotzdem.

Gigi verengt kurz die Augen und ich habe das Gefühl, sie denkt gerade über irgendetwas nach, zumindest kommt sie schließlich zu einem Entschluss und sieht mich an. „Okay", sagt sie. „Also, kommt ihr nachher mit?"

Ich blinzele sie an. „Was?"

„Du und der Typ mit den Locken."

Ich blinzele wieder und sehe zu Zayn, der genauso verwirrt aussieht. Ich hebe fragend die Brauen und er zuckt mit den Schultern. Es ist ihm scheißegal, ob wir mitkommen oder nicht. Oder ... vielleicht ist da sogar so etwas wie Erleichterung in seinem Gesicht. Er scheint sich selbst nicht wirklich im Klaren darüber zu sein, was genau er denkt, aber dann nickt er mir kurz zu und ich bin noch verwirrter als vorher. Also ja? Will er, dass wir mitkommen?

„Also?", fragt Gigi forsch, die unseren Blickaustausch wahrscheinlich mitbekommen hat, aber ignoriert.

„Ähm." Ich sehe von ihr zu ihm und zurück. Eine Nacht unterwegs ist eine Nacht weniger, in der ich mir Gedanken machen muss. Wahrscheinlich würde es mir ganz gut tun, mal wieder unter Leute zu kommen. „Keine Ahnung", murmele ich. „Von mir aus."

Scheinbar reicht ihr das. „Gut." Sie lächelt. Dann bis später."

Ich muss grinsen, als die zwei sich zum Abschied freundschaftlich umarmen. Da umarmt Zayn ja mich inniger. Er wirft mir über ihre Schulter einen strengen Blick zu, woraufhin ich nur noch mehr grinsen muss. Fehlt nur noch, dass sie sich kumpelhaft auf den Rücken klopfen ...

Als Gigi aus der Tür ist, bleiben wir im Flur stehen. Ich spüre, wie meine Laune deutlich besser geworden ist. Die Aussicht darauf, die Nacht draußen zusammen mit meinen Freunden zu verbringen, verdrängt alles andere. Nicht mal Zayns nachdenkliche Miene kann das ändern. Er seufzt laut und mitleidserregend und ich sehe ihn an. „Was ist denn los mit dir, Malik?", frage ich übertrieben väterlich, gehe auf ihn zu und lege ihm einen Arm um die Schulter.

Er verzieht nur das Gesicht. „Ich glaub, sie hat gecheckt, dass ich Angst vor ihren Freunden hab. Deshalb hat sie dich eingeladen."

„Du hast Angst vor ihren Freunden?"

„Angst? Was? Nein, hab ich Angst gesagt?"

„Ja, hast du."

Er stöhnt genervt. „Ach, keine Ahnung. Du müsstest die mal sehen. Die sind alle so ..."

„So?"

Er seufzt. „So wie sie eben. Scheiße perfekt. Ich übertreibe nicht, man. Die sehen aus wie Models und tragen Pullover, die teurer sind als die Miete, die du theoretisch zahlen müsstest."

„Aah." Ich ignoriere die Anspielung. „Deshalb bringst du Salat mit zum Buffet?"

Er zuckt mit den Schultern und sagt nichts.

„Und seit wann interessiert dich so ein Mist?"

„Tut es gar nicht. Nicht wirklich. Aber ..." Er bricht ab und starrt finster gegen die Wand. Ich sehe ihn an. Ich bin derjenige von uns beiden, der sich über sowas Sorgen machen müsste, nicht Zayn. Zayn hat alles. Einen Job, ein Studium, eine Wohnung und eine sexuelle Orientierung, die nicht für Probleme sorgt. Es kommt mir seltsam vor, ihn aufzumuntern, so als wäre er derjenige von uns, der Probleme hat. Aber gleichzeitig fühlt es sich gut an, diese Rolle zu übernehmen. Ich schulde ihm etwas, mehr als ich ihm je geben könnte. „Du weißt aber, dass du echt cool bist, oder?", frage ich also.

Er verdreht die Augen. „Klar weiß ich das."

„Gut." Ich klopfe ihm auf die Schulter. „Du bist nämlich so ziemlich der coolste Mensch, den ich kenne. Oder siehst du hier noch jemanden, der neben seinem Studium noch dreißig Stunden die Woche arbeitet? Oder jemanden, der seine Freunde für nichts bei sich pennen lässt, einfach weil er so ein verflucht guter Kerl ist und niemals jemanden hängen lassen würde?"

Er lacht. „Okay, hör auf zu schleimen."

Ich stoße ihn an. „Dann hör auf dir Sorgen zu machen."

„Ich mache mir keine Sorgen", sagt er, obwohl es ganz offensichtlich ist, dass er es doch tut. „Aber Gigi hat's gecheckt, sonst hätte sie euch nicht eingeladen. Sie will, dass ich Beistand habe, oder so."

Ich sehe ihn nachdenklich an. „Willst du damit sagen, dass sie mich nicht wegen meinem Charme und meinem unvergleichlichen Aussehen eingeladen hat?"

Zayn schnaubt. „Dich? Träum weiter du Spinner."

Wir albern eine Weile herum, bis es an der Tür klingelt. Da wir ohnehin beide im Flur stehen, machen wir zusammen auf. Harry sieht durchgefroren aus und wirkt etwas verwirrt über das Begrüßungskomitee. Auf dem Rücken trägt er meine Gitarre. „Hey", murmelt er mit rauer Stimme.

„Hi." Zayn grinst ihn an, jetzt offensichtlich ebenfalls besserer Laune. „Was machst du heute Abend?"

Harry runzelt die Stirn. Er ist noch nicht mal in der Wohnung. „Nichts, wieso?"

„Falsche Antwort!"

Harry wirft mir einen fragenden Blick zu und ich grinse nur und weiche ein Stück zurück, um ihn in die Wohnung zu lassen. „Mach die Tür zu, es ist kalt."

„Du bist ja auch nackt."

„Ich habe geschlafen", verteidige ich mich.

Harry grinst mich an und legt eine eiskalte Hand auf meinen Bauch, die mich zusammenzucken lässt. „Arsch", zische ich und schubse ihn weg, woraufhin er lacht.

Zayn räuspert sich. „Willst du gar nicht wissen, was du heute vor hast, Styles?"

Harry zuckt mit den Schultern. „Egal was es ist, ich bin dabei", meint er nur und macht sich dann auf in Richtung dem Zimmer, das jetzt anscheinend mehr ihm als mir gehört. Ich sehe ihm nach, höre zu wie Zayn etwas murmelt, das klingt wie Wäre bloß jeder Mensch so umkompliziert und bin einfach froh, dass ich mir zumindest heute Nacht keine Sorgen mehr machen muss.

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