14.

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Es ist erst das Knallen der Wohnungstür und dann ein leises Brummen nah an meinem Ohr, das mich aus dem Schlaf holt. Ich weigere mich. Zwischen Schlaf und Wachsein ist diese Ebene, in der alles möglich ist: man könnte ohne weiteres wieder einschlafen, ist sich aber gleichzeitig, wenn auch nur eingeschränkt, seiner Umgebung bewusst. Ich bin nicht wirklich wach, bin noch eingekuschelt in der Wärme, die mich umgibt, begraben unter zwei Decken und einem Arm, der über meiner Taille liegt. Mein Gesicht ist eingebettet in einem Knäul aus zerzausten Locken und mit keiner Zelle meines Körpers habe ich das Bedürfnis, mich zu bewegen.

Müde und noch unsicher purzeln die ersten schwachen Gedanken durch meinen Kopf: Das Knallen der Tür bedeutet wahrscheinlich, dass Zayn zur Arbeit gegangen ist. Das Brummen neben mir heißt, dass Harry genauso wenig davon hält wie ich, jetzt schon aufzustehen. Aber das müssen wir auch nicht. Wir haben jetzt mindestens sechs Stunden Ruhe. Nichts und niemand wird mich aus dem Bett kriegen. Ich muss einfach ... wieder einschlafen.

Ich kuschele mich tiefer in die Wärme neben mir, drücke meine Nase so weit vor, bis sie Harrys Hals berührt, atme ruhig ein und lasse mein Bewusstsein langsam wieder in ferne Welten abdriften. Der Fuß an meinem Fuß ist warm. Der Atem neben meinem geht im selben Rhythmus. Einfach ... wieder einschlafen ...

Dann wird die Zimmertür aufgerissen. Es passiert völlig unangekündigt. Kein Klopfen, nicht mal das für Zayn typische ungeduldige Hämmern an der Tür. Niemand fragt, ob er reinkommen darf, niemand zögert. Da ist bloß das unangenehm metallische Geräusch der Türklinke und kurz darauf der Wind, der durch das Aufreißen der Tür erzeugt wird.

Ich stoße ein unzufriedenes Brummen aus. Die Nacht war viel zu kurz. Wie aus einem Fluchtinstinkt kuschele ich mich näher an den warmen Körper neben mir, als könnte ich mich so verstecken und presse die Augen fester zusammen.

„Ups. Das Licht war aus, ich dachte es ist niemand Zuhause."

Ich brumme nochmal zur Antwort. Warum zur Hölle sollte um diese Uhrzeit niemand Zuhause sein, geschweige denn im Zimmer Licht brennen? Ein Schwung aus Müdigkeit überwältigt mich und ich merke, wie ich kurz wieder einschlafe.

„Von wegen, du gehst jetzt immer zur Uni, Louis."

Es ist dieser Satz, der schließlich mein Bewusstsein mit einer neuen Gewaltsamkeit an die Oberfläche reißt. Ich bin aufgeflogen, schießt es mir durch den Kopf. Ich spüre ein unangenehmes Ziehen in der Brust. Mein Körper spannt sich an und eine Panikwelle rauscht durch meinen Bauch. Er weiß, dass ich schwänze.

Ich halte die Luft an, als ich zögerlich auftauche und mich blinzelnd im Raum umsehe, nur um festzustellen, dass es stockdunkel ist. Zayn kann mich noch gar nicht gesehen haben, wahrscheinlich hat er mich nur an dem Brummen erkannt. Ich habe kaum genug Zeit, seine Silhouette im Türrahmen auszumachen, als plötzlich das Deckenlicht angeht. Durch zusammengekniffene Augen erkenne ich Zayn, der mich überrascht ansieht. Erst mich und dann Harry, der neben mir liegt und immer noch schläft.

Zayns Mund öffnet und schließt sich. Der verwirrte Ausdruck fällt von seinem Gesicht. Und dann, langsam aber sicher, schleicht sich ein riesiges Grinsen auf seine Lippen. „Scheiße, seid ihr niedlich!"

Seine Worte passen nicht so richtig zu der Reaktion, die ich erwartet habe, wenn er von der Sache mit der Uni erfährt und für einen Moment bin ich einfach nur wahnsinnig verwirrt, bis mir klar wird, dass ich nicht aufgeflogen bin. Erleichterung durchflutet meinen Körper. Aber um Zayns Strahlen zu verstehen, brauche ich nochmal ein paar Sekunden. Was zur Hölle soll niedlich sein? Ein leises Seufzen lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich und erst als ich Harry ansehe, der sich verschlafen über das Gesicht reibt, und merke, dass er praktisch halb auf mir liegt, dämmert es mir.

„Seid ihr nackt? Soll ich wieder rausgehen?"

Ich spüre, wie ich rot werde und räuspere mich, unsicher, ob ich mich schämen, oder lieber gleichgültig tun soll. Ich entscheide mich schließlich direkt für die Offensive. „Kannst du nicht anklopfen?"

Das Grinsen hört nicht mehr auf, scheint in sein Gesicht geklebt zu sein, als er kopfschüttelnd auf uns zu kommt. „Kann ich wissen, dass um diese Zeit jemand Zuhause ist?"

„Diese Zeit?" Mein Gesicht glüht immer noch und ich versuche unauffällig, mich aus Harrys Umarmung zu ziehen, aber er bleibt standhaft.

„Guten Morgen", brummt er unverständlich, die Augen immer noch geschlossen.

Morgen." Zayn schnaubt. „Es ist fünf." Mir fällt auf, dass er sein blaues Tankstellen T-Shirt trägt. Wenn er nicht zur Arbeit gegangen ist ... heißt das, er ist schon wieder zurück?

„Fünf", wiederhole ich ungläubig. „Nachmittags?"

„Lange Nacht, was?"

Ich greife unter die Decke und schiebe vorsichtig Harrys Bein von meinem. Dann löse ich mich aus seiner Umarmung. Er brummt irgendetwas, noch völlig im Dämmerzustand. Ich trenne mich wenn auch widerwillig von der Wärme, die von seinem Körper ausgeht und steige aus dem Bett, nur um mich nicht mehr so entblößt zu fühlen. Mit so natürlichen Bewegungen wie nur möglich greife ich nach einem T-Shirt, ziehe es über und ignoriere Zayns Blick. „Was willst du überhaupt hier?", frage ich, um von Harry und mir abzulenken.

„Mein schwarzes T-Shirt. Wem von euch hab ich das nochmal geliehen?"

„Ecke unter dem Tisch", brummt Harry in das Kissen.

„So gehst du mit meinen Sachen um?" Zayn beugt sich unter den Tisch, um das schwarze Stück Stoff hervorzuholen. „Was gibts eigentlich heut zu Essen, Styles? Ich hab Hunger."

„Nichts."

Zayn zieht eine unzufriedene Miene und sieht dann mich anschuldigend an, als könnte ich etwas dafür, dass Harry gerade keine Lust hat zu kochen. Ich zucke mit den Schultern. „Bestell doch was."

Zayn seufzt. „Okay. Was wollt ihr?"

„Gebratene Nudeln", brummt Harry.

Ich kratze mich am Kopf, leicht überfordernd und immer noch dämmrig vom viel zu langen Schlafen. „Ich glaube, ich brauche erstmal Kaffee."



Zayn folgt mir in die Küche. Er wäre mir wahrscheinlich auch direkt ins Bad gefolgt, wenn ich ihm nicht die Tür vor der Nase zugeknallt hätte. Also steht er brav vor der Tür, wartet, bis ich von der Toilette zurück bin, und folgt mir dann in die Küche. Sein Blick spricht Bände. „Was?", frage ich, als ich den Wasserkocher anmache.

Er lächelt. „Mit mir würdest du nicht so kuscheln."

Ich schnaube und lege ihm einen Arm um die Schulter, um bei der Offensiv-Taktik zu bleiben. „Ich wusste nicht, dass du das willst."

„Du würdest mir doch sagen, wenn was zwischen euch läuft, oder?"

Zayn."

„Was habt ihr die ganze Nacht gemacht, dass ihr bis eben gepennt habt?"

„Geredet."

„Worüber?"

Ich löse mich von ihm, um mir eine Tasse aus dem Schrank zu holen. „Willst du auch?" Er schüttelt mit dem Kopf. Wartet meine Antwort ab. Ich zögere, während ich mich mit dem Kaffee beschäftige. Ich weiß nicht warum, aber ein Teil von mir sträubt sich, Zayn überhaupt irgendetwas zu erzählen. So als würde es ihn nichts angehen. Dabei ist das totaler Schwachsinn. Was Harry denkt geht Zayn wahrscheinlich mehr an als mich, schließlich ist er sein ehemaliger bester Freund und nicht meiner. Es gibt nichts, was ich verheimlichen müsste. Ich werfe Zayn einen schnellen Blick zu und für einen Moment frage ich mich, wie es für ihn ist, dass Harry und ich uns anfreunden und die meisten Gespräche ohne ihn führen und plötzlich wird mir klar, dass die Liste an Dingen, die ich vor Zayn verheimliche, eindeutig lang genug ist.

„Alles gut bei dir, Lou?" Zayn steht direkt vor mir und wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht rum. „Immer noch zerstreut von der Nacht, was? Ist Harry so gut?"

Ich hasse es, wie schnell ich rot werde und beeile mich, endlich auf die ursprüngliche Frage zu antworten. „Wir haben über seine Familie geredet."

„Also hat er dir sein Herz ausgeschüttet?"

Ich zucke mit den Schultern. Hat er das? „Keine Ahnung."

Zayn mustert mich. Dann klickt der Wasserkocher und ich widme mich wieder dem Kaffeemachen, während Zayn sein Handy herausholt. „Also?", fragt er.

„Was?"

„Soll ich dir was mitbestellen?" Er wedelt mit dem Handy vor meiner Nase herum. „Chinesisch."

Ich muss über den plötzlichen Themenwechsel lachen und beschließe, dass es für ein richtiges Frühstück ohnehin schon zu spät ist. „Ich nehme das selbe wie immer."


///


Als das Essen kommt, ist es nach achtzehn Uhr. Wir sitzen auf dem Sofa und ich stelle unauffällig den Fernseher immer lauter, um Zayns Kommentare auszublenden. So cool und lässig er auch sonst allem gegenüber ist, für stichelnde Kommentare über meine Sexualität ist er sich nie zu schade, vor allem jetzt, nachdem er Harry und mich so im Bett gesehen hat. Dabei ist es nicht mal so, dass er Harry und mich unbedingt zusammenbringen will, viel mehr will er scheinbar unbedingt, dass ich mit einem Mann Sex habe – ganz egal mit welchem.

„Ich will, dass du glücklich bist", sagt er auf meinen bösen Blick hin. „Und ich finde, du solltest es eben einfach mal ausprobieren. Du stehst deinem Glück im Weg, weil du so feige bist. Du musst alle deine Ängste einfach mal fallen lassen!"

Ich verdrehe die Augen und stelle den Fernseher noch eine Stufe lauter. Als Zayn Harry dann ermutigt, mir doch mal ein paar Sachen zu zeigen, und Harry auch noch anstatt ihn abzuwimmeln völlig ernsthaft darauf antwortet, während er sich seelenruhig die gebratenen Nudeln in den Mund stopft, habe ich genug. „Wie läuft es eigentlich mit Gigi?", frage ich laut, um den Fernseher, vor allem aber ihr Gespräch zu übertönen.

Zu meiner Enttäuschung wird Zayns Grinsen nur noch breiter. „Das wüsstest du wohl gern", sagt er mehr als zweideutig.

„Eigentlich nicht", brumme ich.

„Ich glaube, es wird langsam."

„Das klang letzte Woche noch ganz anders. Kann's sein, dass du deine Meinung alle paar Tage änderst?"

„Es ist nicht meine Schuld, wenn sie mir so unverständliche Signale sendet."

Harry grinst. „Du hast die Signale von Mädchen noch nie kapiert."

Zayn stößt ihn spielerisch an. „Na und? Du auch nicht."

„Brauche ich ja auch nicht."

Zayn streckt Harry die Zunge raus. „Zumindest hat sie mich auf eine Party eingeladen am nächsten Freitag." Er seufzt langsam und lehnt sich in die Sofalehne zurück. Ich stelle den Fernseher wieder etwas leiser, froh, vorerst das Thema gewechselt zu haben. „Das heißt wieder eine ganze Nacht im Zigarettenqualm stehen und versuchen, nicht zu atmen. Wisst ihr eigentlich, wie sich das anfühlt?"

„Sicher scheiße", murmele ich.

„Darauf kannst du wetten."

„Immerhin hast du ein Date."

Zayn lächelt und ich sehe, bevor er es ausspricht, dass er wieder irgendeinen Spruch auf den Lippen hat. „Du kannst dich doch auch nicht beschweren", sagt er mit einem eindeutigen Seitenblick auf Harry.

„Also, was ist das für eine Party?", frage ich, bevor das Gespräch wieder in die falsche Richtung ausartet. Zayn beginnt, davon zu erzählen. Wir bleiben ziemlich lange auf dem Sofa sitzen. Ab und zu lassen wir uns von dem Fernseher ablenken, dann sagt wieder jemand etwas. Als ich das nächste Mal auf die Uhr sehe, ist es nach Mitternacht und ich habe immer noch das Gefühl, gerade erst aufgewacht zu sein. Ich werfe einen unauffälligen Blick auf Harry. Auch er sieht noch ziemlich wach aus. Er hat ein Notizbuch auf seinem Schoß liegen und schreibt seit ein paar Minuten konzentriert irgendetwas hinein. Zwischen uns liegen gut zwanzig Zentimeter Abstand und für eine Sekunde kommt mir der Gedanke, etwas näher zu rutschen. Das war schließlich unsere Abmachung, oder? Dass Körperkontakt gut ist. Dann huscht mein Blick zu Zayn und ich reiße mich zusammen. Ich will ihm wirklich nicht noch mehr Gründe geben, mich aufzuziehen.

„Du gehst morgen zur Uni, oder Lou?"

„Was? Klar!"

Zayn streckt sich. „Gut. Dann bleib nicht mehr so lange wach." Er lehnt sich über den Tisch um eine übriggebliebene Nudel vom Teller zu fischen und schiebt sie sich in den Mund.

„Alles klar, Papi."

Zayn steht auf, strubbelt mir durch die Haare, so wie man es bei einem Kleinkind tun würde und lacht. „Ich leg mich hin." Er beugt sich zu Harry, um auch ihm durch die Haare zu strubbeln, der kaum aufsieht, weil er zu sehr in sein Notizbuch vertieft ist.

„Schlaf schön."

„Gute Nacht."

Zayn verlässt den Raum. Harry und ich sagen nichts, während wir ihn im Bad hören. Ich verfolge mehr oder weniger motiviert die Geschehnisse im Fernsehen. Erst als ich seine Schlafzimmertür höre, entspanne ich mich. Ich weiß, dass ich mich selbst in diese Situation gebracht habe, aber ich kann in letzter Zeit vor Zayn einfach nicht ich selbst sein. Und das liegt nicht an den Sticheleien sondern an den Lügen. Ich seufze leise. Harry fragt mich nie direkt, ob ich zur Uni gehe. Deshalb muss ich ihn auch nicht anlügen.

Jetzt, wo wir allein sind, rutsche ich etwas näher und lege meinen Arm um ihn, froh, dass Zayn nicht da ist um irgendetwas dazu zu sagen. Ich mache das hier schließlich nicht für Zayn. Auch nicht für mich. Sondern einzig und allein für Harry. Ihm hilft Körperkontakt? Okay, dann gebe ich ihm Körperkontakt. Als ich meinen Arm um seine Schulter lege, sieht er kurz auf und lächelt mich an, dann wendet er sich wieder seinen Notizen zu, die ich von meiner neuen Position aus auch erkennen kann. Sofern ich das richtig verstehe, macht er eine Liste mit all seinen Einnahmen und Ausgaben und stellt Prognosen für die nächsten Wochen an.

„Sparst du auf etwas?", will ich wissen.

„Mhm", murmelt er gedankenversunken. „Miete."

Für einen Moment kommt es mir unheimlich schade vor, dass er all sein hart erarbeitetes Geld an Zayn abtreten will, doch dann merke ich, wie dumm ich bin. Zayn arbeitet genauso hart für sein Geld. Er steht immer pünktlich in der Tanke, meldet sich niemals krank und beschwert sich auch nur, wenn seine Laune es nicht anders zulässt. Ich reagiere auf den stechenden, unangenehmen Kloß in meiner Brust auf die einzig logische Art, die mir einfällt: Ich lege meinen Kopf an Harrys Kopf, und denke daran, wie er mir gesagt hat, dass ich für ihn da gewesen bin. Dass ist nicht nutzlos war. Dass meine Anwesenheit ihm geholfen hat. Ich klammere mich an diesen Gedanken, obwohl ich weiß, dass es albern ist.

Harry riecht nach einer Mischung aus gebratenen Nudeln vom Asiaten und diesem Shampoo, das an ihm besser riecht als an mir und Zayn. Er scheint in die Berührung zu schmelzen, lehnt seinen Kopf völlig natürlich an meine Schulter, sinkt in meine Seite und ist dabei so entspannt, dass es sich anfühlt, als hätten wir nie etwas anderes gemacht. Ich sehe weg von den Zahlen in seinem Heft und betrachte stattdessen die Bewegung seiner Finger, die den Stift halten. Ich denke an Zayns Sprüche und daran, wie Harry es überhaupt nicht stört, ja, wie er sogar mitmacht. Ich weiß nicht wieso, aber plötzlich denke ich auch an die Nacht, als Harry Ablenkung brauchte, und mir ins Ohr geflüstert hat. Warte, bis wir allein sind. Es war nur ein Witz von ihm, aber trotzdem fällt es mir gerade jetzt ein. Und kurz danach, als ich zu betrunken war, um viel mitzukriegen, als er seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt hat. Was hat er nochmal gesagt? Ich weiß nur noch, dass er sich für die Berührung entschuldigt hat.

Aber warum? Mein Blick huscht auf unsere Beine, die jetzt aneinander gedrückt auf dem Sofa liegen. Es ist doch nichts dabei. Warum hat er sich entschuldigt? Wenn nicht deshalb, weil es für ihn mehr bedeutet? Ich merke, wie meine Wangen warm werden. So abwegig ist es doch gar nicht, oder? Zu glauben, dass er mehr von mir will.

Harry klappt sein Buch zu. Ich beobachte, wie er es zusammen mit dem Stift zwischen sich und das Ende des Sofas klemmt und dann seine Hände auf seinen Schoß legt. Er betrachtet den Fernseher und ich denke an gestern. Ich weiß, dass es nur ein Witz war, als er mir angeboten hat, mit mir Dinge auszutesten, um zu sehen, wie weit ich mit einem Mann gehen würde. Aber vielleicht sagt er diese Dinge auch nur, um mir die Wahl zu lassen: Ich kann es als Witz auffassen oder darauf eingehen. Vielleicht will er damit andeuten: Wenn du willst, will ich auch. Ich bin hier, du musst mich nur fragen.

Aber selbst wenn ... es wäre völlig egal. Er kann mich noch so sehr wollen, es spielt keine Rolle. Weil ich nicht will. Ich muss kurz über meine eigenen, albernen Gedanken lachen und Harry sieht mich neugierig an, wodurch sein Gesicht sehr nah ist. Er hebt fragend die Brauen. „Was ist?"

„Gar nichts." Ist es soweit schon gekommen? Dass ich mir, um nicht über die Uni, finanzielle Probleme und diesen ganzen anderen Mist nachdenken zu müssen, einrede, dass mein neuer Mitbewohner auf mich steht?

„Bist du schon müde?"

„Nein ... ich glaube, das dauert noch." Ich werfe einen Blick auf die Uhr und stelle fest, dass wir erst acht Stunden wach sind.

Harry stimmt mir zu. Wir setzen uns etwas bequemer hin, bleiben aber eng zusammen, während wir unsere Aufmerksamkeit auf den Film richten, der immer noch leise im Hintergrund läuft. Irgendwann nach drei schlafe ich auf dem Sofa ein. Eine Weile später weckt Harry mich sanft und als ich müde protestiere, hilft er mir ins Schlafzimmer. Noch eine Weile später deckt er uns zu und als ich seine Hand wie gewohnt an meiner Taille spüre, frage ich mich wieder, ob er mich mag. Es ist mein letzter Gedanke, bevor ich einschlafe.

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