07.

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Um 7:30 weckt uns die Wohnungstür. Ich grummele etwas, bereit wieder einzuschlafen. Harry grummelt zurück. Am Rande meiner Wahrnehmung spüre ich, dass wir uns sehr nah sind. Da ist Haut an meiner Haut und unter meinen Fingerspitzen. Da ist ein Atem an meinem Hals und Haare, die mein Gesicht kitzeln und nicht mir gehören. Ich entschließe, dass es mich nicht stört und verschwinde zurück ins Reich der Träume. 

Später wache ich wieder auf, in der selben Position. Diesmal bin ich etwas wacher. Ich versuche wieder einzuschlafen, aber merke, wie ich mich anspanne. Langsam kehren die Erinnerungen an gestern zurück: Meine schlechte Laune, das Telefonat mit Mama. Welcher Tag ist heute? Freitag? Uni? 

Die Unzufriedenheit mit allem kehrt zurück in meinen Kopf und verkrampft meinen Bauch. Ich verziehe das Gesicht und löse Harry von mir, der immer noch schläft. Ich weiß nicht, was genau ich brauche, aber ein halbnackter Junge in meinen Armen, hilft mir definitiv nicht weiter. Ich setze mich auf, klettere über ihn aus dem Bett und suche meine Klamotten zusammen. Ich muss irgendetwas tun, was nicht nichts tun ist, also entschließe ich mich für das, was am naheliegendsten ist: Zur Uni gehen. Wenn ich mich beeile, schaffe ich es noch pünktlich zur zweiten Vorlesung. 

Ich gehe schnell duschen, ziehe mich an, schnappe mir meine Sachen und verlasse die Wohnung. Es ist kalt draußen und die U-Bahn ist voll. Wie jedes Mal sehen mich die Plakate mit Jobanzeigen an, als wollten sie sich über mich lustig machen. Ich seufze, senke den Blick. Es hat einen guten Grund, warum ich bei Mama nie ans Telefon gehe. Ich mache mir jedes Mal danach so viele Gedanken und es dauert Tage, bis ich mich wieder an mein jämmerliches Dasein gewöhnt habe. 

In der Vorlesung versuche ich mir ausnahmsweise sogar, Notizen zu machen, aber da ich die letzten Monate nicht zugehört habe, verstehe ich kaum etwas. Ich bin unkonzentriert, sehe mich immer wieder im Raum um und beobachte die anderen Studenten. Die meisten schreiben mit, ein paar wenige sind am Handy. Ich will gar nicht an die Klausuren denken, die in ein paar Wochen bevor stehen. Eigentlich kann ich es gleich sein lassen. Ich seufze nochmal, diesmal so laut, dass mir mein Sitznachbar einen seltsamen Blick zuwirft, lasse den Stift fallen, lege meinen Kopf auf die Tischplatte und schließe die Augen. 

Nach der Uni will ich noch nicht nachhause. Ich laufe durch die Gegend, so lange, bis meine Füße weh tun und ich nicht mehr weiß wo ich bin. Als ich in meinem Handy nach meinen Standort suche, stelle ich fest, dass ich in die komplett entgegengesetzte Richtung von Zayns Wohnung gelaufen bin. Ich steige in die nächste Bahn, muss drei Mal umsteigen und komme schließlich am frühen Abend, als es schon dunkel ist, wieder zu Hause an. 

Ich bin froh, als ich die Wohnung leer vorfinde. Ich esse schnell ein paar Toasts, was als Abendessen reichen muss, und klettere zurück ins warme Bett. Jetzt, allein in meinem Zimmer, erinnere ich mich daran, wie es war, hier allein gewohnt zu haben. Ich konnte mich ungestört im Bett hin und her wälzen. Ich konnte die Decke zwischen meine Beine klemmen und noch bis in die Nacht das Licht anlassen. Ich konnte viele Dinge ungestört tun, die ich jetzt im Bad machen muss ... Mamas Worte sitzen mir im Nacken. Ich gebe mich wirklich immer mit dem Einfachsten zufrieden. Wenn mir mein bester Freund umsonst ein Zimmer anbietet, sage ich ja, damit ich mir keinen Job suchen muss. Wenn ein Fremder mit in dieses Zimmer einzieht, sage ich auch ja, um Konflikt zu vermeiden oder mir wohlmöglich etwas anderes suchen zu müssen. 

Ich ziehe die Decke über meinen Kopf und sehe mir Lotties neuen Freund auf Instagram an. Meine Schwester ist 15, ihr Freund 16. Er trägt auf fast jedem Foto Hemden und Haargel und ich habe fast das Gefühl, Lottie hätte extra ihn ausgesucht, weil sie wusste, dass er Mama gefallen würde. Ich weiß nicht, ob ich Mitleid habe oder neidisch bin. Auf meinem Profil sind nur Partybilder mit Zayn. 

Irgendwann schlafe ich ein. Als ich wieder aufwache, ist es nachts. Harry liegt neben mir und schläft. Er hat nicht einmal versucht, mir ein Stück der Decke wegzunehmen, sondern liegt einfach nur da, in T-Shirt und Boxershorts. Er war nicht laut, als er zurückkam, hat nicht das Licht angemacht – das hätte ich gemerkt. Ich seufze. Er ist nicht das Problem. Harry stört mich nicht. Aber trotzdem ... 

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