Teil 9

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Xayra

Nichts das wir tun, egal wie perfekt, kann alleine erreicht werden; deshalb werden wir durch Liebe gerettet
-Reinhold Niebuhr

Was tut dieser Idiot hier? Ich dachte ich sei ihn los, doch anscheinend hat er ganz andere Pläne...
Genervt laufe ich an der dicken Mauer der Militärbasis entlang. Ich brauche einen neuen Plan. Seit dieser dunkelhaarige Kerl in mein Leben getreten ist, passiert mir das andauernd. Immer muss ich meine Pläne revidieren und mir innert kürzester Zeit neue zurechtlegen.
Ich hasse es.
Ich hasse es die Kontrolle zu verlieren.
Ich hasse es nicht zu wissen, was auf mich zu kommt.
Ich hasse Überraschungen.
Doch in letzter Zeit passiert das einfach viel zu oft.
Auf der Suche nach einem neuen Eingang, schleiche ich um die Militärbasis herum und analysiere meine Umgebung nach möglichen Eingängen.
„Ich wiederhole mich ja nur äusserst ungern, aber du kannst mich nicht eifach so stehen lassen! Erst recht nicht zwei Mal hintereinander!" höre ich plötzlich eine, mittlerweile vertraute, Stimme hinter mir. Ich mache mir gar nicht erst die Mühe zu antworten, stattdessen suche ich einfach weiter nach einer Möglichkeit in die Militärbasis einzubrechen.
„Hey! Hör auf mich zu ignorieren!" ruft der Mann mit den goldenen Augen hinter mir.
„Ich verschwende meine Zeit sicherlich nicht damit, mit dir zu diskutieren. Lass mich einfach in Ruhe." spreche ich schliesslich doch zu ihm. Mit ein paar schnellen Schritten überholt er mich und läuft dann rückwärts vor mir her.
„Was wenn ich dir helfe, da rein zu kommen?" will er wissen.
„Wie solltest du mir helfen können? Es scheint keinen anderen Eigang mehr zu geben, ausser natürlich, wenn du durch das Haupttor spazieren willst." sage ich sarkastisch und werfe ihm einen genervten Blick zu. „Oh es wird kein Problem sein in die Militärbasis reinzukommen. Überlass das ruhig mir." versichert er mir mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.

Ich muss echt verzweifelt sein...
Wieso habe ich mich darauf eingelassen und bin mit ihm mitgegangen?
Genervt sehe ich mich um. Wir sind nun bestimmt mindestens einen Kilometer von der Militärbasis in Fernil entfernt. Ich dachte er will mich in die Basis rein bringen, nicht von ihr weg.
Das kommt davon, wenn man Fremden, oder generell anderen Leuten traut. Schlussendlich kann man sich nur auf eine einzige Person verlassen und das ist man selbst.
„Was wollen wir hier?" frage ich verärgert, da er meine Zeit verschwendet. Ich muss in diese verdammte Basis und zwar am besten noch heute!
„Das solltest du doch wissen, immerhin bist du diejenige, die in das bestbewachteste Gebäude von ganz Fernil einbrechen will." erwidert Goldauge amüsiert.
„Wir befinden uns nicht einmal mehr in der Nähe der Militärbasis." mache ich ihn darauf aufmerksam.
„Nur Geduld, Prinzessin." meint er grinsend. „Nenn mich nicht so!" zische ich verärgert über seinen lächerlichen Spitznamen. Er lacht nur amüsiert auf, was mich noch wütender macht. Ich balle meine Hände zu Fäusten, doch ich muss mich beherrschen und darf den Typen vor mir nicht zu Brei schlagen. Immerhin ist er momentan meine einzige Chance irgendwie in den Militärstützpunkt reinzukommen.
Auch wenn ich daran zweifle, inwiefern seine Behauptung stimmt und er mich wirklich dort rein bringen kann.
Immer noch grinsend, führt er mich in eine schmale Seitengasse. Als ich gerade wieder reklamieren will, weil wir immer weiter auf das anderen Ende der Stadt zusteuern, öffnet er plötzlich eine Luke im Boden.
Skeptisch betrachte ich ihn dabei, wie er in die Öffnung rein steigt und schliesslich ganz darin verschwindet.
Ich bleibe oben stehen, unsicher was ich tun soll.
Kann ich es riskieren und tatsächlich mit ihm alleine in einen dunklen Keller hinabsteigen? Nicht das ich hilflos wäre und mich nicht verteidigen könnte, aber falls er etwas versuchen sollte, wäre dies alles hier nur eine noch grössere Zeitverschwendung, als es ohnehin schon ist.
„Kommst du, Xayra?" Höre ich ihn von unten fragen. Auch wenn mir das hier alles sehr zwielichtig erscheint, gibt es trotzdem die winzig kleine Wahrscheinlichkeit, dass er wirklich einen geheimen Weg ins militärische Hauptquartier von Fernil kennt.
Ich seufzte einmal laut auf, bevor ich, wie der goldäugige Mann zuvor, ins Loch steige.
Unten angekommen, betrachtet er mich mit einem breiten Grinsen und einem triumphierend Blick. Nicht sicher was in seinem verwirrten Kopf vor sich geht, ignoriere ihn einfach und blicke mich um.
Wir befinden uns in einem, nach Verwesung riechenden Keller. Es stehen lediglich ein paar Kisten in den verstaubten Ecken, doch ansonsten ist, abgesehen von Rattenkot und Schimmel, nichts in diesem Keller zu finden. Ich rümpfe angeekelt die Nase.
„Von hier aus sollen wir also in die Militärbasis gelangen?" frage ich und mustere den Dunkelhaarigen kritisch.
„Sieh her und staune, Sonnenschein."
Er zwinkert mir einmal neckisch zu, bevor er anfängt mit seinen Händen, die Wand uns gegenüber abzutasten.
„Hast du mich gerade Sonnenschein genannt?" frage ich irritiert nach.
„Ja, besser als Prinzessin, nicht wahr?" schmunzelt er als Antwort, auf meine eher rhetorische Frage.
Er macht sich über mich lustig...
Ich schnaube genervt auf und weise ihn an, sich endlich zu beeilen, mit was auch immer er gerade macht.
„Keine Angst, mein Sonnenschein, ich habs gleich geschafft." meint er amüsiert und zwinkert mir kurz charmant zu.
Ich betrachte ihn mit einem bösen Blick. „Du solltest vorsichtig sein mit deinen Provokationen..." weise ich ihn drohend darauf hin, dass meine Geduld mit ihm nicht unendlich ist.
„Oh ich bin keines Wegs darauf aus, dich zu provozieren, meine Schöne." sagt er mit seinem immerwährenden Grinsen auf den Lippen.
Ich weiss nicht, weshalb ich ihm das alles durchgehen lasse. Normalerweise hätte ich jemanden wie ihm schon längst eine Lektion erteilt...
Plötzlich ertönt ein lautes Klicken und die Wand, die der Mann bis eben noch betatscht hat, lässt sich nun zur Seite schieben.
„Ich bin nur ein einziges Mal per Zufall hier rein kommt und habe es trotzdem nochmal ohne Probleme geschafft. Verdammt bin ich gut!" meint er stolz und fährt sich zufrieden einmal mit der Hand durch die Haare.
Ich bin zu erstaunt über den dunklen Gang, der sich nun vor uns befindet, als das ich auf seinen selbstgefälligen Kommentar eingehen will.
Es sieht so aus, als hat er tatsächlich die Wahrheit gesagt und das hier ist wirklich ein verborgener Weg direkt in den Militärstützpunkt von Fernil. Die richtige Richtung wäre es schon mal.
„Dann lass uns mal loslegen." meint Goldauge noch und reibt sich mit ein wenig zu viel Vorfreude die Hände. Ohne zu zögern, schlendert er gutgelaunt in den neuen Durchgang hinein. Er hebt eine Fackel aus der Halterung und zündet sie mit Hilfe eines Feuersteins an.
Auch ich laufe in den Tunnel und musterte ihn neugierig. Die Wände und die Decke sind nicht etwa mit Steinen gepflastert, wie es im Keller der Fall war, sondern bestehen aus Erde und Gestein. Man hat anscheinend wirklich nur einen Tunnel zur Basis gegraben und sich keinerlei Mühe gegeben, diesen irgendwie zu verschönern. Immerhin ist er nur zweckmässig. Ich kann mit vorstellen, dass er gebraucht wird, falls es eine Evakuierung geben sollte oder man unbemerkt rein und raus kommen muss. Die Ästhetik kann man dabei vernachlässig, schliesslich sollte wahrscheinlich sowieso niemand über diesem Durchgang Bescheid wissen.
Schweigend laufen wir, nur im Licht der Fackel, durch den Tunnel.
Erstaunlicherweise hat der dunkelhaarige Mann neben mir nichts mehr gesagt, seit dem er den Eingang zum Tunnel hinter uns wieder verschlossen hat. Die einzigen Geräusche sind der Klang unserer Schritte und das Knistern des Feuers.
Leider kann er aber sein Schweigen nicht lange aufrechterhalten und fragt plötzlich: „Was suchen wir eigentlich in der Militärbasis?"
Wir suchen nichts. Du zeigst mir lediglich den Weg und danach werde ich alleine weiter machen." korrigiere ich ihn.
„Du willst doch nicht ernsthaft alleine da rein?" Erkundigt er sich ungläubig.
„Ich arbeite immer alleine." bemerke ich knapp.
„Tja dann möchte ich dir herzlich gratulieren! Ab heute hast du einen neuen Partner!" verkündet er jubelnd und zeigt mit beiden Daumen auf sich selbst.
„Nein." erwidere ich trocken, was sein breites Grinsen nur ein kleines bisschen zu schmälern vermag.
„Wieso nicht?" fragt er, offensichtlich komplett verwirrt.
„Weil ich es so will."
„Das macht aber keinen Sinn, wenn du mich als Partner haben kannst." bemerkt er selbstbewusst. Er strapaziert meine Nerven gerade ziemlich stark.
„Ich arbeite mit niemandem." sage ich deshalb noch einmal und betone ‚niemandem' mit viel Nachdruck, damit auch er es hoffentlich endlich versteht.
„Korrigiere: Du hast bisher mit niemandem gearbeitet, aber nun bist du die glückliche Auserwählte, die mit mir zusammen arbeiten darf, deshalb-"
Wütend wirble ich zu ihm herum und blicke ihm kalt in die goldenen Augen. „Was soll das ganze Theater? Denkst du das hier ist ein Spiel oder so etwas in der Art?" zische ich zornig und mache bedrohlich einen Schritt auf ihn zu.
„Ich weiss nicht, wieso du mich umbedingt begleiten willst, aber ich kann gut auf einen dahergelaufenen Dieb oder gelangweilten Sohn von irgendeinem reichen Typen verzichten."
Bei meinen Worten blitz etwas in seinen goldenen Augen auf und er zieht nachdenklich die Augenbrauen zusammen.
„Wieso denkst du, dass ich ein Dieb oder ein reicher Erbe bin?" will er von mir wissen. Plötzlich ist seine Stimmung viel ernster. Er hat anscheinend nicht erwartet, dass ich von alleine hinter seine Identität komme.
„Dafür muss man nicht allzu viel nachdenken." schnaube ich verächtlich. „Die Kleidung, die du trägst..." Ich greife nach einen Zipfel seines Umhangs und hebe ihn auf seine Augenhöhe. „... um in so etwas umherzulaufen, muss man es entweder gestohlen haben oder reich sein."
Ganz entgegen meiner Erwartung, fängt er plötzlich an zu lachen.
„Du erstaunst mich echt immer wieder..." schmunzelt er. „Der Sohn von irgendeinem reichen Typen also... ich fühle mich geschmeichelt." meint er und läuft einfach weiter.
Verblüfft blicke ich ihm hinterher. Ich hätte gedacht, dass er sich ertappt fühlt, mich bestätigt oder versucht meine Schlussfolgerung abzustreiten, aber stattdessen lösen seine Worte in mir nur Verwirrung aus.
Normalerweise kann ich Personen gut einschätzen und analysieren, aber er ist wirklich ganz anders als die meisten Menschen, die ich bisher kennengelernt habe und ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das finden soll.

Endlich zurück aus der Verdammnis! 🙌🏻
Somit ist die Pause also offiziell beendet!
Ich hoffe natürlich wie immer, dass euch das Kapitel gefallen hat! ❤️

XayraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt