Der Tag war schon lange angebrochen und im Dorf herrschte reges Treiben, nur Jared war noch ungemütlicher als er sonst war.
Edwin hatte die schlechte Laune bemerkt, er mied ihn wo er nur konnte, nur Noelie traute sich. Als ihre Tochter gegen Mittag ins Dorf zu Freunden rannte, kam sie zu ihrem Bruder.
"Ich werde dich nicht zwingen, doch ich erwarte ehrliche Worte von dir. Weshalb bist du nicht mehr im königlichen Dienst?"
Erstaunt sah er zu seiner Schwester, wie hatte sie dies durchschauen können? Sie hatte sofort mitbekommen, dass er nicht mehr als Krieger für den König kämpfte.
"Jared du kannst es sehr gerne in die Länge ziehen, doch dann verpasst du die Gelegenheit mit den Fahrenden zu reisen."
"Weshalb sollte ich schon mit ihnen reisen?" Er atmete aus und wappnete sich den bevorstehenden Worten. "Ich bin nicht mehr ein General der Armee des Königs. Nicht weil er starb es hat andere Gründe, diese musst du wahrlich nicht wissen."
"Na gut, es müssen wohl sehr gute Gründe sein, wenn du dich so entscheidest. Doch wieso zweifelst du an dem Angebot, welches du erhalten hast?"
"Ich brauche keine Hilfe." Brummte er, sie hingegen lachte nur auf.
"Du bist unverbesserlich, wird deine Sturheit nie weniger? Was soll denn dein Ziel sein?"
"Ich muss zum Schloss." Jared wusste, dass er vor seiner Schwester nichts verbergen konnte.
"Wegen deiner Stellung?" Sie zog fragend ihre Augenbrauen in die Höhe.
Er wand sich ihr die Wahrheit zu sagen. "Es gibt jemanden, der dort auf mich wartet und womöglich in Gefahr ist."
Ein schelmisches Lächeln stahl sich auf Noelies Gesicht. "Ist es eine Frau? Ich hoffe du hast keine Dummheiten begangen, mach nichts Dummes, nicht so wie ich damals."
Jared spürte wie ihm warm wurde und diese Wärme stieg geradewegs in seinen Kopf.
"Ich bin kein Kind mehr." Brummte er nur und sah weg.
Als sich Edwin nährte machte sich Noelie davon. Der Mann wartete kurz neben Jared ehe er nach langer Zeit sprach.
"Wie sieht dein Plan aus? Ich möchte endlich eingeweiht werden, nicht mehr solche Überraschungen wie mit deiner Schwester."
"Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Würdest du an meiner Stelle mit den Fahrenden mitgehen, auch wenn du sie vor gar nicht all zu langer Zeit betrogen hast?"
Edwin dachte nach, Jared hatte ihn noch nie nachdenken sehen, aber Jared hatte ihn auch noch nie nach seiner Meinung gefragt.
"Ich denke schon, doch ich würde vorsichtig sein."
Jared nahm seine Worte schweigend hin, eine Stille entstand bis Edwin sie brach.
"Nimm es bitte nicht zu persönlich, aber was ist mit Noelies Mann?"
"Sie hat keinen."
"Ja ja dies ist mir schon bewusst, aber Lenita muss einen Vater haben sonst würde es sie nicht geben."
"Er existiert nicht in ihrer Welt." Jared presste seine Hände zusammen, so kräftig, dass seine Knöchel weiß hervor traten.
"Was hat er getan?"
"An sich nichts. Nur hat er meiner Schwester alles vorgelogen, sie war noch jung, er verließ sie als unsere Familie verarmte, er ließ eine unschuldige junge Frau schwanger zurück."
"Weshalb verarmte eure Familie?"
"Unser Vater verspielte alles. Es blieb nichts mehr, wir wurden zu einfachen Bauern."
"Dann muss doch Lenitas Vater von Rang sein."
"Er ist der Bruder des Herzogs."
"Ihr wart mit solchen Leuten bekannt?" Edwins Erstaunen war zurecht, wer sah wie Noelie jetzt lebte, würde nie damit rechnen was sie damals in ihrer Jugend gehabt hatte.
Ihr Vater und auch die Mutter stammen aus sehr guten Handelsfamilien, sie waren so wohlhabend wie Herzöge und Grafen. Doch der Vater verfiel dem Spiel und verlor alles, Jared hatte es nie verstanden, doch die Mutter liebte ihren Mann dennoch so sehr, dass sie weiterhin bei ihm blieb.
Sie verzichtete auf alles was sie gewohnt war und zog mit ihm und den beiden Kindern in ein kleines Haus in einem unbedeutenden Dorf. Sie verlor bis zu ihrem Tod nicht ihre Ausgelassenheit und ihre Lebensfreude und sie hatte ihre Entscheidung nie bereut.
Stattdessen brachte sie ihren Kindern weiterhin alles bei, was ihnen vorher ein Lehrer beibrachte. Da sie Noelie lehrte zu tanzen und Jared immer dabei war, hatte auch er es sich angeeignet.
Nach einem langen Kampf mit dem Alkohol verstarb der Vater, Noelie hatte erst ein Jahr vorher ihre Tochter zur Welt gebracht. Die kleine Familie tat alles was sie nur konnte um ruhig zu leben, Jared hatte schon damals zum Militär gewollt, doch auf Wunsch seiner Mutter ging er nicht.
Jedoch verstarb auch sei ein Jahr später an einer Krankheit und Jared hielt nichts mehr zurück, als in jungen Jahren ein Soldat zu werden und schnell auf zu steigen. Er hatte seinen Vater immer verflucht und seine Mutter nie verstanden, genauso wie er nie verstanden hatte, wie Noelie nie den Mann hasste der sie schwanger zurück ließ.
"Jared?"
Edwin riss Jared aus dessen Erinnerungen. Lange hatte er nicht mehr daran gedacht, für ihn war es immer wichtiger an die Zukunft zu denken, daran möglichst viel Geld für seine Schwester und seine Nichte zu verdienen.
Doch wenn er nun an die Zukunft dachte überfiel ihn beinahe Angst, noch nie hatte er sie gespürt, aber sie war da, tief versteckt in seinen Gedanken.
Das erste Mal wusste er nicht wie er handeln sollte. Er war sich sicher, dass ihn im Schloss jeder für einen Königsmörder hielt und er fürchtete vor Viennas Urteil. Nichts machte ihm mehr Angst, als die Vorstellung sie würde dem glauben und ihn verabscheuen.
"Kenne ich den Herzog?" Wollte Edwin wissen.
Jared sah weg, sein Kiefer spannte sich an.
"Ich habe mich entschieden, wir schließen uns heute den anderen an." Damit wollte er der Frage ausweichen und das Gespräch beenden. Denn würde er den Namen aussprechen würde nur alter Hass aufsteigen.
Mag sein, dass Noelie den Mann nie beschuldigte und, Gott bewahre, für ihn immer noch etwas empfand, weil es für sie einfach die erste Erfahrung der Liebe war. Doch er konnte, nein er wollte, nicht vergessen, was dieser Mann angerichtet hatte.
Jared liebte Lenita, sie war sein ein und alles, doch fiel es ihm anfangs schwer in ihre Augen zu sehen. Sie besaß die Augen ihres Vaters.
Edwin bemerkte leider wie Jared die eigentliche Frage nicht beantworten wollte, ließ aber nicht locker, zu sehr brannte er darauf die Antwort zu hören.
"Sag schon wer kann das sein?"
Jared holte tief Luft. "Du erinnerst dich bestimmt an die Menschenhändler? Sie standen unter dem Befehl von ihm, er hatte auch Vienna verletzt und zu sich geholt, weißt du noch das große Anwesen in das wir nicht rein konnten?"
Jegliche Farbe war aus Edwins Gesicht gewichen. Er hatte sicher mit vielem gerechnete und eher über eine verruchte Affaire eines Adligen gehofft, doch die grausame Erkenntnis war unvorstellbar.
"Niemals." Flüsterte er.
Diesmal sah ihm Jared fest in die Augen. "Jetzt verstehst du hoffentlich weshalb ich ihn umbringen wollte. Ich habe geschworen, sollte ich ihm jemals wieder begegnen würde es ihn sein Leben kosten."
Niemals würde er je diesen Mann vergessen.
Larus.
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Frühlingstau
FantasyVienna hat das Königreich unter eine unerbittliche Eisschicht gelegt. Ohne Jared scheint alles sinnlos, das Letzte was sie will ist zur Königin gekrönt zu werden. Doch je mehr sie sich selbst überwindet desto mehr fällt ihr auf, dass etwas innerhal...