"Du bist ein Dummkopf."
Er hatte den Grund hinter ihrem Satz sofort verstanden und konnte nicht anders als darüber zu lächeln.
"Wie?"
"Dachtest du ehrlich, ich laufe jetzt in den Tod wegen dem kleinen Streit?"
Sie runzelte deutlich verwirrt die Stirn, so dass er lachen musste.
"Ich würde dich lieber fesseln und mich deiner Wut nach dem Kampf stellen, als mich töten zu lassen, weil wir uns gestritten haben."
Ihr schienen diese Worte nicht wirklich zu gefallen, sie hatte ganz klar nicht mit dieser Reaktion gerechnet.
"Du weißt, dass ich die Seile vereisen würde und dann dennoch mitkomme."
Nun war sie wieder diese dickköpfige, sture Frau.
"Ich hatte sehr viel Zeit nachzudenken und es ist nicht geheim geblieben mit was du deine Zeit verbracht hast." Er hatte das Blut, welches nicht ihres war, sofort bemerkt. "Mir ist bewusst, dass ich dich weder zwingen noch von dir so etwas erwarten sollte."
Nun kehrte wieder der vertraute Glanz in ihre schönen, grünen Augen, die ihm jedes mal den Atem raubten.
"Ich möchte nur, dass du dich nicht heldenhaft irgendwo rein stürzt, verstanden?"
"Ich möchte, dass du den Hinterhalt führst."
Ungläubig sah er zu ihr auf.
"Ich will an deiner Seite bleiben, sonst kann ich dich nicht beschützen."
"Nein, du bist der einzige dem ich diese Aufgabe anvertrauen kann, ich vertraue dir. Was auch geschehen mag, du würdest eine Lösung finden und schnell da sein."
Er freute sich zwar, dass sie so auf ihn zählte, doch könnte er keine Ruhe finden, wenn er nicht an ihrer Seite wäre.
"Ich werde mit dem General und meinem Bruder sprechen."
"Wieso schickst du mich fort?" Er hatte ihre Hände ergriffen.
"Ich schicke dich nicht fort, ich möchte, dass du mir zum Sieg hilfst."
"Hast du je darüber nachgedacht, womöglich mit etwas Pech nicht zu siegen?"
Dies war eine Frage die sich jeder Krieger stellen musste, er musste darüber nachdenken, ob er auch bereit war die Gefahr einzugehen, zu sterben, ohne Sieg, ohne Ruhm.
Er sah an ihrem Ausdruck, dass ihr dieser Gedanke noch nicht gekommen war.
"Wir sollten so nicht darüber denken, wir werden es schaffen, wir haben es bis jetzt auch geschafft."
Mochte sein, dass diese Worte die restlichen Soldaten ermunterten, doch Jared sah es realistisch, ihre Chance auf den Sieg war sehr gering und sie würde schwinden sollte der Hinterhalt misslingen.
Aber sie strahlte ihn nur an und tat genau das was ihn immer vergessen ließ. Sie küsste ihn so leicht, doch nicht weniger liebevoll.
"Ich mach mich auf den Weg zu dem Gespräch."
Unschlüssig saß Jared auf der Bank.
Sollte er ihr wieder nachgeben? Dann würde er die andere Gruppe im Griff haben, dies würde ihm jegliche Sorgen nähmen, doch dafür musste er Vienna alleine ziehen lassen.
Wieso wollte sie sich nur in den Kampf stürzen?
Ohne eine Entscheidung getroffen zu haben stand er auf, wenn sie nun mit Noel sprach, dann musste auch Jared dabei sein, so könnten sie sich schon einmal auf einen Tag und eine Zeit einigen.
Als er das Zelt betrat saß der General alleine da.
"Wenn du die Königin suchst, sie ist schon fort, sie sucht nun ihren Bruder."
War es so offensichtlich gewesen, dass er Vienna im Zelt erwartet hatte?
"Was hältst du von der Idee?" Fragte ihn der alte General.
"Sie hat selbstverständlich Recht auch wenn es bei mir einen Zwiespalt auslöst."
Er hatte sich zu dem Alten gesetzt, Jared kannte ihn seit er selbst damals als Soldat angefangen hatte, selbst da war Noel schon ein General.
"Du solltest auf sie hören, sonst endet euer kleines Glück schneller als ihr wollt."
"Ich weiß gar nicht was du meinst."
"Ach hör auf, das ganze Lager weiß Bescheid, es ist nicht zu übersehen, wie du sie ansiehst. Es ist eine Sache wie respektlos du die Königin ansprichst, aber der logische General, der immer einen kühlen Kopf hat, rennt vor lauter Sorge einer Frau hinterher." Lachte der Mann.
Jared war nicht klar gewesen, dass man ihm so deutlich seine Gefühle für sie ansehen konnte.
"Weißt du, ich habe nie geheiratet."
Der junge Mann war erstaunt über die plötzliche Offenbarung, nie hatten die Männer über so etwas gesprochen, doch in Jareds Augen war Noel immer der liebende Ehemann, der schon Enkel hatte.
"Ich wollte nie, dass jemand hoffnungslos auf mich wartete, ich wollte nicht darum bangen ob ich meine Frau nach dem nächsten Kampf noch einmal wieder sehe. Nun da ich alt bin bereue ich an manchen Tagen meine Entscheidung. Damals wollte ich nicht wie die anderen Männer ein Testament schreiben und mich so von Menschen verabschieden, die mir wichtig waren."
Die meisten Männer schrieben Testamente vor einer Schlacht. Jared hatte nie eines geschrieben.
"Du solltest an ihr festhalten. Du hättest sehen sollen wie sie plötzlich vor uns gestanden hatte, sie hatte den Mut gehabt sich einer Horde Männern zu stellen und sie hat die Kraft dich keine Dummheiten machen zu lassen."
"Sie ist diejenige mit den Dummheiten im Kopf."
"Dabei bist dennoch du derjenige, der den Stein ins Rollen brachte. Oder warst nicht du es, der ihr das Bogenschießen beibrachte?"
Es stimmte er hatte Vienna am Ende nie wie eine Prinzessin behandelt, er hatte ihr nicht verboten die Dinge zu erlernen die sie wollte.
"Ich habe nichts zum wiederkehren sollten wir in dieser Schlacht Gewinnen. Ich habe kein Zuhause, keine Frau die da sein wird, keine Kinder die sich freuen, nichts."
Jared tat der Mann leid, er hatte letztendlich keinen sonderlichen Grunde sich über einen Sieg zu freuen.
"Wann wollen wir uns sammeln?"
Noel dachte einen kurzen Moment nach. "Wir sollten nicht so lange warten, dafür haben wir weder die Zeit noch einen Grund, wir sollten uns morgens bei Dämmerung sammeln und weiter vor gehen, so dass das andere Lager eine gute Sicht auf uns hat."
Der jüngere General konnte dem nur zu stimmen.
"Wirst du ein Auge auf sie haben?"
"Selbstverständlich, sonst werden wir noch scheitern, weil unser wichtigster General seine Gedanken wo anders hat." Lachte der Mann.
"Gut, dann wird es morgen ernst. Ruh dich aus und übertreib es nicht." Jared war aufgestanden.
"Diese Worte kommen vom Richtigen." Noel lachte noch während Jared schon das Zelt verlassen hatte, er rief ihm noch hinter her. "Wenn dies alles vorbei ist lass uns endlich einen zusammen Trinken!"
Nun blieb ihm nichts mehr als die letzte ruhige Nacht bei seiner Liebsten zu bleiben.
DU LIEST GERADE
Frühlingstau
FantasyVienna hat das Königreich unter eine unerbittliche Eisschicht gelegt. Ohne Jared scheint alles sinnlos, das Letzte was sie will ist zur Königin gekrönt zu werden. Doch je mehr sie sich selbst überwindet desto mehr fällt ihr auf, dass etwas innerhal...