Kapitel 16

35 3 0
                                    

"Sehr gut! Und jetzt lässt du sie einfach wachsen, du weißt wie es geht." Ich schaute Ivana und Dad gerne beim Training zu. Es hatte etwas meditatives an sich und man konnte seinen Gedanken nachhängen.

Es waren schon zwei Monate vergangen, seit Ezra de Fray das letzte mal da war. Die ersten Wochen lebten wir in ständiger Angst, er könne plötzlich auftauchen, aber er tat es nicht. Und so fingen wir an die Zeit ohne den schwarzen Magier zu genießen, in dem Wissen, dass er jetzt erst mal nicht erscheinen würde. Allerdings mischte sich jetzt nach der vergangenen Zeit ein seltsames Gefühl dazu, immer wenn ich an Ihn dachte. Wie lange bleibt er wohl noch fort, wie lange hat er noch Geduld? Aber wie jedes mal, wenn mir diese Gedanken kamen schob ich sie beiseite.

"Avelle! Guck mal!" rief Ivana und deutete auf die rote Rose, die sie hatte wachsen lassen.

"Sehr gut. Du machst Fortschritte." sagte ich lächelnd.

"Und jetzt du." forderte sie mich auf, kam zu mir und setzte sich neben mich ins nicht mehr ganz so frische Gras. Der Sommer konnte ja leider nicht ewig anhalten und so machten sich nun die ersten Anzeichen des Herbstes bemerkbar. Auch wenn es noch immer warm genug war, um im T-shirt draußen zu sitzen.

"Was soll ich denn machen?" meine Schwester liebte es, wenn sie mir beim Zaubern zusehen konnte, so wie ich es liebte ihr zuzusehen.

"Auch etwas blumiges?" sie schielte zu mir hoch und klimperte mit den Augen. Ich lachte kurz auf und begann kurz darauf mit dem Zauber. Ich schloss meine Augen, um mich besser zu konzentrieren und ließ meine Hand über das Gras schweifen. Dort, wo meine Finger das Gras berührt hatten wuchsen kleine Gänse- und Butterblümchen.

"Warum kannst du auf Anhieb, wofür ich Wochen brauche?" fragte sie mich mit matter Stimme. "Das kommt. Du weißt doch, dass Mom und Dad sagen, dass das am Alter liegt." Doch obwohl unsere Eltern das wirklich immer wieder sagten habe ich mitbekommen, wie Mom einmal zu Dad sagte, dass meine Kräfte ungewöhnlich stark für mein Alter waren.

"Morgen werde ich 14. Meinst du, dass wird etwas ändern?" "Bestimmt."

"Eleanor, Ivana. Kommt herein, es fängt an zu regnen!" rief unsere Großmutter uns von der Terrassentür aus zu. Wir standen auf und gingen herein. "Es gibt auch gleich Kaffee und Kuchen,also zieht euch schnell um und kommt dann in den Speisesaal." mit einem letzten Blick auf das Medaillon um meinen Hals drehte Edeltraut sich um und verschwand in einem der Räume. Gemeinsam gingen wir hoch zu unseren Zimmern und machten uns für das Essen fertig. Eigentlich war mir mein Erscheinungsbild ziemlich egal, allerdings hatte ich keine Lust mehr auf das ewige Gerangel mit Antonia, die sich immer wieder über mein schlichtes Aussehen lustig machte. Also hatte ich mir angewöhnt die feinen Blusen mit der kostbaren Spitze anzuziehen, die mir meine Tante und Großmutter immer und immer wieder ans Herz gelegt hatten. Fertig umgezogen traf ich Ivana wieder auf dem Weg zum Speisesaal.

"Hast du dir jetzt eigentlich schon ein vernünftiges Geschenk zu deinem Geburtstag überlegt?" fragte ich sie "Was meinst du mit 'ein vernünftiges Geschenk'?" "Damit meine ich kein Pferd oder Pony." "Ein Pferd ist aber ein guter Wunsch!" "Warum? Du hast hier einen Stall mit lauter großen Viechern in allen Farben, die du alle reiten kannst. Wozu dann dein eigenes?" "Weil es einen Unterschied macht, ob man das Pferd von unserer Tante, Oma oder Cousine reitet oder sein eigenes. Außerdem habe ich keine lust mehr auf diesen Kannst-dir-wohl-kein-eigenes-Pferd-leisten-Blick von Antonia. Verstehst du dass?" "Ich verstehe, dass du dir nicht immer was von unserer 'Familie' leihen willst. Aber warum denn ausgerechnet ein Pferd?" "Weil es nichts cooleres gibt, als zu reiten und ich mit meinem eigenen Pferd das erste Mal alleine Ausreiten will. Du weist ja, dass Dad meinte, sobald ich 14 bin, darf ich auch alleine Ausreiten. Ich freu mich soo!"

Wärend des Essens unterhielten wir uns weiter über die Geburtstagswünsche meiner Schwester und was wir genau machen wollen. Schließlich mussten wir uns auf den Wunsch Ivanas hin damit zufrieden geben den größten Teil des Tages nichts mit dem Geburtstagskind zu machen, da diese lieber reiten wollte. Aber es war ja auch ihr Geburtstag, von daher sollte sie doch auch selbst entscheiden was sie machen möchte.

"Gute Nacht" ich gab Ivana noch einen Kuss auf die Stirn, bevor ich aus dem Zimmer heraus trat und die Tür hinter mir zu machte. Mit meinem Handy in der Hand unterhielt ich mich noch per Whats App mit Cloe, die mich immer wieder dazu drängte mit meiner Großmutter zu reden, damit sie mich besuchen könne. Und jedes mal musste ich ihr sagen, dass ich damit lieber nicht anfange, weil sie immer so schnell davon genervt war. Ich hasste es sie anlügen zu müssen, allerdings wusste ich nicht, was mir anderes blieb.

Ich freute mich auf die Nacht. Durch die vielen schlaflosen Nächte hatte ich einen ruhigen Schlaf zu schätzen gelernt und seit auch Ezra de Fray nicht mehr auftauchte hatte ich keinen schlechten Träume mehr. Entspannt ließ ich mich in die vielen weichen Kissen fallen, schloss meine Augen und schlief fast Augenblicklich ein.

Die große Eingangshalle unten im Schloss. Ich konnte meine Eltern sehen, wie sie dort unten miteinander redeten und lachten. Die Sonne schien warm durch die großen Fenster zu beiden Seiten und erfüllten den Raum mit warmen, hellen Licht. Ich fühlte mich leicht und unbeschwert. Ich kehrte der ganzen Szenerie den Rücken zu und öffnete eine große, dunkle, schwere Holztür. Auch da fiel das strahlende Sonnenlicht durch, doch als ich die Tür hinter mir schloss und sie mit einem leisen Klicken einrastete wurde es plötzlich schwarz. Ich schaute mich um, konnte aber nichts entdecken. Bis ein kleines, flackerndes Licht langsam von weit weg auf mich zu kam. Es war eine Kerze, die von einer Person auf brusthöhe getragen wurde, ein Mann in einem Schwarzen Anzug. Panik stieg in mir auf. "Ezra" wollte ich sagen, brachte aber kein Ton hervor. "Dachtest du tatsächlich, ich bliebe für immer weg?" sagte die kühle Stimme "Ich bin gekommen um dir zu sagen, dass meine Geduld zu ende ist. Du musst dich nun entscheiden. Komm mit mir." fügte er mit seidig weicher Stimme hinzu und streckte mir seine Hand entgegen. Die lähmende Panik, die mich bei seinem Anblick erfasst hatte veschwand und ich ließ mich mehr oder weniger auf den süßen Klang seiner Stimme ein. "Komm mit zu mir." Es war mehr ein Flüstern, so sanft, so weich, dass ich zweifelte, dass es von dem schwarzen Magier mir gegenüber kam. Langsam trat er einen Schritt weiter auf mich zu. "Vertraue mir." Seine Stimme war so betörend, so einfühlsam. Als er merkte, dass ich nicht zurück weichen würde, ging er noch einen Schritt weiter auf mich zu. Ezra schaute mir tief in die Augen. Doch sie schienen mich nicht mehr zu durchbohren, sondern vorderten mich sanft auf sein Angebot anzunehmen. Wie hypnotisiert starrte ich ihn an, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. "Nimm meine Hand." flüsterte er leise. Ich musste nur meinen Arm anheben und seine Hand ergreifen. Und das tat ich, langsam, wärend ich ihm unentwegt in die blauen Augen guckte. Als meine Finger die seinen berührten geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Ein triumphierendes Lächeln bahnte sich auf sein Gesicht, wärend mich ein starker Druck erfasste, wie Wind, der mich an die Person mir gegenüber zu drücken schien. Auch der Hintergrund veränderte sich und statt des dunklen Raumes standen wir jetzt in einem kreisrunden Raum, mit grauen Steinmauer-Wänden. Die Sonne schien leicht durch die vielen grauen Wolken.
Ich konnte nicht begreifen warum, aber plötzlich wirkte das alles auf mich sehr bedrohlich. Dies war nicht mehr das Schloss meiner Mutter, mein neues Zuhause. Dies war ein Schloss oder eine Burg, die mir völlig fremd vorkam. Ich zog meine Hand vor Schreck zurück, Ezra versuchte noch sie festzuhalten, aber sie entglitt ihm, und das Bild des Zimmer verschwand in dem Augenblick, als ich seine Finger nicht mehr spüren konnte. Stattdessen befanden wir uns wieder in dem völlig dunklen Raum "Nein!" schrie Ezra zornentbrannt "Du wirst sehen, was du davon hast!" Mit den Worten verschwand er und mit ihm das Kerzenlicht. So blieb ich allein zurück, mit einem Gefühl der Leere und Kälte. Es war, als würde ich in einem Meer aus flüssigen Eis ertrinken.

Und ich verharrte in der völligen Dunkelheit, bis ich keuchend nach Luft schnappte und die Augen aufschlug. Es war das erste mal seit zwei Monaten, dass ich von Ezra träumte. Es bedrückte mich und der Gedanke, ich könnte erneut von ihm träumen raubte mir für diese Nacht den Schlaf.

So verbrachte ich die restliche Nacht wach, immer auf der Huht, nicht einzuschlafen, um nicht wieder von dem schwarzen Magier mit den blauen Augen zu träumen.

So ihr Lieben. Ich habe lange nach einer Möglichkeit gesucht regelmäßig zu updaten und bin zu dem Schluss gekommen dass ich immer 2x im Monat ein neues Kapitel hochzuladen.
Also viel Spaß beim lesen ;)

L'Histoire d'AvelleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt