Kapitel 20

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Vorab ein riesen großes Dankeschön an @Jule-im-Wolfspelz und @sinja_ninja.

Trotz der Ereignisse der vergangenen Nacht schlief ich fest, tief und traumlos. Es war angenehm ohne die übliche Müdigkeit aufzuwachen und so reckte ich mich. Meine Handflächen glitten über den ungewohnten Stoff und ich zuckte zusammen. Tatsächlich hatte ich im ersten Moment vergessen, wo ich war, doch als die Erinnerung zurückkehrte schlug ich die Augen auf. Ein gleißend helles Licht fiel durch das Fenster, was den großen Raum trotz des Vorhangs erhellte. Mein Kopf wandte sich schon fast automatisch nach links, in der Erwartung den schwarzen Magier vorzufinden. Doch alles was ich sah war ein zerwühltes Bettlaken und ein paar zerknautschte Kissen. Mein rasendes Herz beruhigte sich ein wenig, als mir bewusst wurde, was das bedeutete. Ich war allein. Schnell schlug ich die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken in seinem Bett zu liegen. Ich war halb nackt, nur meine Unterwäsche bedeckte die intimen Bereiche meines Körpers. Mein Blick glitt durch den Raum in der Hoffnung mein Kleid von gestern zu finden. Vergeblich. So war ich vor die Wahl gestellt mich erneut in die Bettdecke zu hüllen, um so meine Blöße zu verbergen oder aber ich suchte mir etwas aus seinem Kleiderschrank. Keines von beiden gefiel mir aber ich entschied mich für die zweite Variante und tappte nun auf den goßen Schrank zu. Die Kleider waren vielseitig. Es schien, als hätte Ezra Anzüge aus jeder einzelnen Epoche. Die unterschiedlichsten Hemden, Hosen und Jacken kamen zum Vorschein. Die einen bunt, mit extravaganten Rüschen, die anderen einfarbig und schlicht. Doch nichts, was ich hätte tragen können, ohne offensichtlich so auszusehen, als hätte ich mich in Männersachen gekleidet. Erst in der Kommode entdeckte ich einen Morgenmantel, in den ich schließlich nach langer Überlegung hineinshlüpfte. Ich fühlte mich unwohl in Ezra's Sachen, jedoch war es besser als in Unterwäsche, und wärmer. Ich stellte mich vor den Spiegel und strich mir ein-, zweimal durch meine zerzausten Haare, bis sie einigermaßen geordnet über meine Schultern fielen. Die Spuren meiner Tränen kratzte ich mit den Fingernägeln von meiner Wange. Ich zog noch einmal tief Luft in mich hinein, als ich barfuß zur Tür hinüber tapste und sie leise einen Spalt breit aufzog. Mit einem Auge lugte ich durch den Spalt und konnte nichts erkennen, was mich zum Rückzug bewegt hätte. Also öffnete ich die Tür weit genug, um durch zugehen und schloss sie leise. Die Arme fest um meine Taille geschlungen, froh über den warmen Stoff auf meiner Haut, ging ich den Flur entlang auf die Treppe zu, die ich vergangene Nacht noch empor gestiegen bin. Eine seltsame Leere umfing mich, als ich an vergangene Nacht dachte. Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich nicht weinen können, geschweige denn auch nur eine Träne zu verlieren. Es war, als würde ich nicht mehr weinen können, als hätte ich letzte Nacht all meine Tränen vergossen.

Vor der Treppe blieb ich stehen, unentschlossen, wo ich hergehen sollte. Noch bevor ich eine Entscheidung treffen konnte trugen meine Füße mich weiter den Flur entlang, weg von der Treppe. Durch die Fenster fiel helles Licht und im Schein der Sonne wirkte das Schloss zwar nicht minder bedrohlich aber die Steine hatten ihre tiefe Schwärze verloren und waren nur noch dunkel. An einem der Fenster blieb ich stehen, legte die Hände auf die kühle Fensterbank und schaute 'raus. Es war ein seltsamer, unerwarteter Ausblick. Zu sehen war ein Garten, groß und schön mit hohen Bäumen und bunten Blumen. Die Sonne tauchte alles in ein warmes, friedliches Licht und ich hätte endlos lange hier stehen und vergessen können, wo ich bin.

Lange genoss ich den Ausblick, bis ich ein paar Hände spürte, die sich um meine Hüfte legten.

"Genießt du die Sicht?" Hörte ich die raue Stimme Ezra's an meinem Ohr. Ohne mich zu wehren ließ ich mich von ihm umdrehen. Er hob mich hoch und setzte mich auf die Fensterbank. Er stand unmittelbar vor mir. Seine kalten blauen Augen fest auf mich gerichtet. Eine Hand lag auf meinem Oberschenkel, mit der anderen strich er meine Haare zurück und umfasste meinen Kopf. Ich verkrampfte mich bei den vielen Berührungen. "Du trägst meinen Morgenmantel." stellte er sachlich fest und ich lief dunkelrot an. "Ich habe mir die Freiheit genommen und dein Kleid reinigen lassen." redete er weiter, als er bemerkte, dass ich nichts erwidern würde. "Reinigen lassen?" fragte ich verwirrt, noch bevor ich mich zurückhalten konnte. "Ja," meinte er, sichtlich amüsiert "Es hat gewisser Vorteile, wenn man über Magie verfügt." langsam ließ er seinen Blick über mich wandern. Begierig blieb er immer wieder an meinen Lippen hängen. Als er seine andere Hand hob und mir sanft über die Wange strich, den Blick weiterhin auf meinen Lippen, kniff ich die Augen zusammen, in der Hoffnung, meinen Puls unter Kontrolle zu bringen, vergeblich. Ich atmete schnell und flach, wärend ich den Atem Ezra's auf meiner Haut spüren konnte, warm und nah. Er drückte mit seiner Nase gegen meine. Ich spürte seinen Atem an meinen Lippen. Ich konnte den Hauch einer Berührung seiner Lippen auf den meinen Spüren. Ich verkrampfte mich noch mehr. "Du hast bestimmt Hunger." flüsterte er, als er sich von mir entfernte und die Hände von meinem Kopf weg nahm. Ich schlug die Augen auf, überrascht und froh darüber, dass er mich nicht geküsst hatte. Leicht perplex nickte ich. Auch wenn ich nicht glaubte auch nur einen Bissen herunter zu bekommen, war essen eine annehmbarere Alternative als weiterhin hier auf der Fensterbank zu sitzen. Ezra ging ein paar Schritte zurück und sagte dann:"Komm.", drehte sich um und ging den Flur herunter. Schnell rutschte ich von der Fensterbank und folgte ihm.

Wir kamen zu einem großen Saal in dessen Mitte ein langer hölzerner Tisch stand mit zehn Stühlen darum herum. Vier zu jeder langen Seite und einer jeweils vor Kopf. Viele hohe Fenster verliefen die Wand entlang und auch hier fiel warmes Sonnenlicht herein. Mit einem kleinen Wink ließ Ezra zwei Gedecke auf dem Tisch erscheinen. "Setzt dich." sagte er, nahm selbst vor Kopf platz und deutete auf den Stuhl zu seiner Linken. Zögernd ging ich auf den mir zugewiesenen Platz zu, streckte die Hand aus, um den Stuhl zurück zu ziehen, als er wie von selbst zurück glitt. Erschrocken wich ich nach hinten. Ich vernahm ein leises Lachen und schaute zu Ezra "Dies ist ein Zaubererschloss" meinte dieser, sichtlich amüsiert "Du wirst dich daran gewöhnen müssen,dass manche Dinge von selbst geschehen. Sowie auch die Türen von selbst aufschwingen oder auch das Feuer von selbst an geht." Er warf ein Blick auf den Kamin und nickte scheinbar der Flamme zu. Ich dachte mich getäuscht zu haben, als eine rauchige Stimme sagte:" Guten Morgen Sir." Die Flammen hatten sich zu einem Gesicht verformt, das unentwegt flackerte und zuckte. "Guten Morgen Siél" antwortete er dem Flammengesicht beiläufig. "Was ... was ist das?" stotterte ich fasziniert und erstaunt wärend ich mich auf den Stuhl setzte, der automatisch wieder noch vorne ging. "Das?" fragte Ezra und deutete mit seinem Kopf Richtung Kamin "Das ist Siél. Er ist ein Feuergeist und wohnt hier schon genauso lang wie ich. Aber lass uns nun essen." Gern hätte ich gefragt, wie lang er schon hier ist, traute mich jedoch nicht, eine derart persönliche Frage zu stallen. Wie auf Kommando erschien das Frühstück. Es bestand aus vielem verschieden Obst, Käse, verschiedener Wurst und Fleischaufstriche, Brote und Marmeladen. Hätte ich Hunger und wäre ich zu Hause hätte ich mich sicherlich über die Vielseitigkeit des Frühstücks gefreut. Hier jedoch, neben dem schwarzen Magier verspürte ich nicht den leisesten Hauch von Hunger. Also saß ich da und schwieg. Die Minuten verstrichen. "Warum isst du nicht?" fragte Ezra schließlich nach dem er zum wiederholten mal zu mir guckte. "Ich habe keinen Hunger." antwortete ich tonlos. "Vorhin sagtest du noch du habest Hunger. Magst du das Essen das hier steht nicht?" Ich musste schmunzeln bei der Vorstellung, dass mir bei der Vielfalt an Essen, die hier auf dem Tisch standen nichts schmecken würde und so meinte ich noch immer mit einem leichten Lächeln auf den Lippen:"Nein, es liegt nicht an dem Essen." "Woran dann?" Ich schwieg und mein Lächeln verblasste. Nach längerem Schweigen wiederholte Ezra seine Frage. "Ich glaube nicht, dass Sie das wissen möchten." erwiderte ich bemüht einen sachlichen Ton zu behalten. "Ich würde nicht fragen, würde ich es nicht wissen wollen." seine Stimme hatte etwas eisiges. "Es liegt nicht an dem Essen sondern eher an der Gesellschaft und dem Ort." beim sprechen hatte ich den Blick starr auf meinen Teller gerichtet. Ich konnte die Stille gerade zu hören und den kalten Blick den Ezra mir zuwarf förmlich spüren. "Ich glaube es ist an der Zeit das du dein neues zu Hause richtig kennenlernst." seine Stimme war dunkel und tonlos und direkt nachdem er das gesagt hatte stand er auf und auch mein Stuhl glitt zurück. Er hielt mir seine Hand hin und guckte mich auffordernd an. "Komm." Ich bezweifelte stark, dass ich eine Wahl gehabt hätte. Zögerlich nahm ich seine Hand und er zog mich hoch. Durch den starken Ruck fiel ich geradewegs gegen Ezra's Brust, wo er mich hielt. "Mal schauen, wann du beginnst meine Gesellschaft zu genießen." flüsterte er mir bedrohlich ins Ohr. Dann ging er los und zog mich an meiner Hand hinter sich her. Wir durchquerten den Flur, bogen einige male ab,stiegen Treppen empor, bis wir schließlich vor einer kleinen, schlichten Holztür stehen blieben, die eher in ein Kloster als in dieses Schloss gepasst hätte. "Deine Gemächer. Mache es dir bequem." Mit einer Härte in der Stimme, wie ich sie noch nie bei ihm gehört hatte und auch gut hätte darauf verzichten können, machte er die Tür auf, stieß mich in den Raum dahinter und knallte die Tür wieder zu. Nachdem ich einige Minuten gewartet hatte versuchte ich die Tür zu öffnen, vergeblich. Ich war in dem Turmzimmer eingeschlossen. Zwei Fenster ,je gegenüber des anderen, verrieten mir, dass ich mindestens fünf Stockwerke über dem Boden war. Geschockt und ausgelaugt ließ ich mich an der kühlen Steinwand zu Boden sinken, kauerte mich zusammen und begann bitterlich zu weinen.

Sooo
Hier schon Kapitel 20! Einen wunderschönen zweiten Advent :-*
Was habt ihr eigentlich gestern schönes vom Nikolaus bekommen?

Gute Nacht Janaaa14

L'Histoire d'AvelleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt