Chapter 28

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Es waren 3 Tage vergangen und wir mussten immer noch in der Hütte wohnen zu unserem ,,eigenen Schutz". So ein Scheiß.
Warum konnte ich nicht einfach zuhause schlafen? Zudem hatte ich, trotz der sehr guten Internetverbindung nichts von meiner Mutter gehört, was ein ungutes Gefühl in mir ausbreitete.
Sie wollte am Vortag zuhause ankommen, hatte sich aber noch nicht mal nach mir erkundigt.
Der todnervende Klingelton meines Handys ertönte und ich schreckte auf.
Mateo.
,,Ivy?", hörte ich seine tiefe Stimme.
,,Hey, ja was gibt's? Hat Jane mit dir geredet?", fragte ich und versuchte optimistisch zu klingen, um mir nicht anmerken zu lassen, dass ich seit vier Tagen in dieser Hütte verkümmerte.
,,Ja, ich übernehme deine Schichten, kein Problem. Ich wollte nur fragen, ob du mal nach deinem ,,Urlaub" Lust hättest auszugehen, mit den anderen natürlich. Einfach ein bisschen feiern. Joe und Jane wären dabei."
Ein Grinsen Schlich auf mein Gesicht, ich war schon so lange nicht mehr feiern.
,,Ja, ich hätte richtig Bock drauf."
,,Ok, dann ist ja alles klar. Bye."
Er legte auf und mein Grinsen wurde breiter, bei dem Gedanken aus dieser Hütte rauszukommen.
,,Wer war das?", ertönte Vics Stimme hinter mir.
,,Mateo."
Vico seufzte und ließ sich neben mir auf's Sofa fallen.
,,Was wollte der denn?", fragte er genervt.
,,Ich wüsste nicht, was dich das angeht."
,,Wenn du ihm auch nur ein Wort erzählt hast über unseren Aufenthaltsort, dann.."
Ich unterbrach ihn mitten im Satz:,,Ich hab nichts verraten!"
Vic nickte und schaltete den riesigen Fernseher an.
,,Übrigens was sollte das, als du dich am ersten Tag für ne Stunde im Bad verkrochen hast? Schiss gehabt vor den Ärschen von der Schießerei?"
Sein Kiefer spannte sich an und seine Augen verformten sich zu Schlitzen.
,,Halt einfach dein Maul.", fauchte er in einem gefährlichen Ton.
Seine Stimmungsschwankungen machten mir langsam echt Angst.
Er war emotional so zurückgeblieben! Wahrscheinlich wird er immer so verstummt bleiben. Das tat mir ehrlich gesagt echt Leid.
,,Guck mich nicht so scheiße an."
Wow, seine Intelligenz sprach ganz für sich selbst.
,,Die Art wie du dich ausdrückst ist so ausgeprägt, unglaublich. Das hast du wahrscheinlich von deinem Vater geerbt."
Nachdem ich das letzte Wort ausgesprochen hatte realisierte ich, was ich gerade gesagt hatte und erwartete einen Schlag in mein Gesicht. Es kam jedoch nichts. Ich öffnete meine zusammengepressten Augen und sah mich um, doch er war weg. So hart wollte ich ihn gar nicht treffen.
Sofort machte sich ein Gefühl des schlechten Gewissens in mir breit.

Zum ersten Mal seit wir angekommen waren ging ich in den Garten, aus dem Fenster konnte man gar nicht erkennen, wie wunderschön und groß er eigentlich war.
Blumenbeete, ein wenig ungepflegt aber trotzdem schön umrahmten den Wintergarten inmitten des Gartens.
Ich ging die Treppe die zum Wintergarten führte rauf.
Drinnen war ein Teich/verkommener Pool und ein paar Pflanzen auf Regalen verstaut. Irgendwer interessierte sich hier offensichtlich für's Gärtnern.
,,Was machst du hier?"
Vico packte meine Schulter und drehte mich in seine Richtung.
,,Ich, äh. Ich wollte mir nur den Garten anschauen. Wem gehören die ganzen Pflanzen?"
Er ließ mich los und ging zu den bunten Blumen.
,,Wie können die überhaupt noch leben, hier war niemand seit Jahren.", murmelte er unauffällig und fasste vorsichtig an die Blüten.
,,Ähm, vielleicht durch das riesige Loch im Dach.", sagte ich und zeigte mit meinem Finger an die Decke des Wintergartens.
Er schaute nach oben und seufzte.
,,Alles okay? Du scheinst ziemlich fertig zu sein."
Vic nickte bloß und verließ den gläsernen Garten.

Ich lag im Bett, neben mir Vic.
Sein regelmäßiger Atem ließ mich vermuten, dass er bereits am schlafen war.
Ich fragte mich wie lange wir noch in dieser Hütte bleiben müssten. Vielleicht hatte ich die Schießerei weniger schlimm eingeschätzt als sie war. Vielleicht hatte Vico ernsthaft Freunde daran verloren und ich hatte ihn so unsanft und grob behandelt.
Ich war so dumm, schließlich konnte er diese Leute gut leiden. Nur weil ich sie nicht ausstehen konnte und sie niemals als meine echte Familie anerkennen würde, hieß das nicht, dass Vico sie nicht von kleinauf als Familie kannte.
Ich habe gar nicht daran gedacht, dass Vic menschliche Gefühle fühlen konnte, dass auch er Schmerzen empfinden konnte.
,,Ich habe meine Schwester in der Schießerei verloren.", sagte er als ob er meine Gedanken lesen konnte.
Ich schaute ihn erschrocken an.
,,Du meinst ein Mitglied?"
Er schüttelte den Kopf.
,,Nein, ich meine meine Schwester. Sie war erst fünfzehn. Sie war zum Abendessen bei meinem Vater und.. Er konnte sie nicht retten."
Ich hatte keine Ahnung, dass er überhaupt eine Schwester hatte.
,,Ich... Ich. Es tut mir so Leid Vico.", stümmelte ich mit Tränen in den Augen.
,,Ich hatte keine Ahnung, dass du überhaupt..." Weiter konnte ich nicht sprechen, denn meine Stimme brach und Tränen rollten über meine Wangen.
Er bemerkte meine Schwäche und schaute mich an. Mit seinem Daumen wischte er die Tränen von meiner Wange und legte seine Hand auf meine Wange.
Ich wusste genau, wie er sich fühlte. Und doch irgendwie nicht, denn ich hatte ihn die letzten Tage über die ganze Zeit geärgert. Wie konnte ich denn so ignorant sein?
Er wusste was in meinem Kopf vorging, doch ignorierte es.
,,Die Blumen gehörten meiner Mutter. Sie kam bei der Geburt meiner Schwester um."
Mehr Tränen flossen über mein Gesicht und durchnässten die wahrscheinlich mega teure Bettwäsche.
Wieder wischte Vico über mein Gesicht, bis er merkte was er da eigentlich tat. Sein Blick versteinerte sich und er drehte sich auf die andere Seite.
Ich schaute ihn noch eine Weile an, bevor ich mich ebenfalls umdrehte.

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Hoffe das Kapitel gefällt euch 🌸😋

RecklessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt