Simple Chemistry - XXIV

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Ivory

Mit vor Wut verzerrtem Gesicht stürmte ich aus dem Restaurant und beachtete den verblüfften Kellner nicht, dem ich wortlos einen hundert-Euro-Schein in die Hand gedrückt hatte.

Diesmal war Brittany zu weit gegangen. Diesmal waren alle zu weit gegangen. Diesmal war die komplette, verdammte Menschheit zu weit gegangen!

Entkräftet ließ ich mich gegen eine Mauer sinken, schloss meine Augen und konzentrierte mich auf das warme Gefühl der Sonne auf meiner Haut. Ich musste dringend damit aufhören, alles und jeden zu beschuldigen und zu verfluchen - ich hörte mich ja schon an wie... der Fuckboy, dessen Namen man nicht nennen darf. Ihr wisst schon.

»Ivory-«

»Halt den Mund Adriano, bitte.« schon allein deswegen, weil er mir nachgerannt war, konnte und durfte ich ihn nicht so angehen, aber gerade kochte mein Blut wie die Lava in einem Vulkan. Ein verständnisvoller Ausdruck trat in seine blauen Augen und er sagte eine ganze Weile nichts mehr - so lange, bis ich mich wieder einigermaßen runtergefahren hatte. Zumindest meine Agressionen, mit meinen Gefühlen sah es da ganz anders aus.

»Cazzo sie hat mir fast meine Zehen gebrochen«, er lachte leer, was bei mir aber keine Regung zeigte. Nicht mal annähernd.

»Notamputation?«, fragte ich fast schon herablassend, was aber eigentlich gar nicht so gemeint war. Er lachte leicht auf und zog mich in eine Umarmung. »Ich denke nicht.«

Doch kaum hielt er mich in seinen Armen, wand ich mich jedoch wie eine Schlange heraus. Es war mehr Reflex als tatsächlich gewollt. Und augenblicklich breitete sich Reue in mir aus, da ich in seinen blauen sah, wie sehr diese kleine aber bedeutende Reaktion ihn verletzt hatte. »Ich... lass mich jetzt bitte, ich will nichts sagen das ich später bereuen könnte.«

»Was?«, jetzt lachte er als wäre ich vollkommen durchgeknallt. »Ivy wieso geht dir das Ganze eigentlich so nah? Es sind deine Schüler, nicht deine Kinder.«

Ich trat einen Schritt zurück und verzog ablehnend mein Gesicht. Ich verstand ihn schon, aber er hatte kein Recht sich in meine Angelegenheiten einzumischen, noch, mir zu sagen wie ich mit diesen kleinen Biestern umzugehen hatte. »Irgendwie sind sie alle meine Kinder.«

Ich drehte mich um, um zu gehen, doch perplexes Auflachen von Adriano hielt mich davon ab. »Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?« ich sah düster über meine Schulter. Die Wahl, die ich jetzt gleich treffen müsste, würde nicht leicht werden. Mein Gewissen würde mich in den Wahnsinn treiben und meine Schuldgefühle wären grenzenlos. »Du stellst sie über mich?«

Ich bis mir auf die Lippe. Aber hey, was konnte ich ihm vorwerfen? Adriano hatte seinen Einser-Abschluss eben doch nicht umsonst. Mein Mund öffnete sich wieder, ich würde ihm schonend beibringen, dass meine Arbeit jetzt vorgehen würde, doch noch bevor ich irgendeinen Piep zustande brachte, kam er mir wieder zuvor.

»Oder nein... du stellst nicht deine Schüler über mich«, ich sah wie sich sein gesamter Körper anspannte, was bei Adriano immer darauf hinwies, dass er kurz davor war, lozuschreien und irgendetwas gegen die nächste Wand zu schmettern. »Du stellst ihn über mich.«

Als ich nichts erwiderte, wusste er, dass ich ihm schweigend zustimmte. Denn ich selbst wollte es nicht leugnen, wieso auch? Es war Tatsache.

»Du stellst diesen kanadischen Dreckskerl ernsthaft über mich?!«, an alle Passanten: nehmt die Beine in die Hand und rennt. Das hier wird unschön. »Er hat dir dein Herz gebrochen und die mehr als deutlich klargemacht, dass er nichts von dir will - also sag mir Ivy, warum er und nicht ich?!«

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