Simple Chemistry - XXXVIII

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Ivory

Mit einem Lächeln im Gesicht stand ich auf der Bühne in der wirklich riesigen Sporthalle und umarmte Carter kurz, bevor er von der Bühne ging. Applaus hallte durch den Raum und die aufgeregte wenn auch euphorische Stimmung musste man bis draußen mitbekommen. Seine Klasse hatte bestanden. Alle - was nicht wirklich verwunderlich war, da in der b-Klasse sowieso nur Streber waren. Aber trotzdem freute ich mich für Carter, da ich seine Art in Literatur und Spanisch (und meistens auch spanischer Literatur) regelrecht zu versinken, liebte. Er war und würde immer einer der besten Lehrer, als auch Freunde hier bleiben.

»Gut gemacht Mister Kings«, flüsterte ich leise und strich mir eine Strähne meiner Haare aus dem Gesicht, die mir Mary vorher gelockt und in eine elegante boohoo Hochsteckfrisur gezaubert hatte. Carter schenkte mir ein breites Grinsen, bevor er mir die Bühne überließ. »Viel Spaß hier oben, Miss Capwell. Es wird grauenvoll.«

Ich schluckte. Mein eben noch im Überschuss vorhandenes Selbstvertrauen war mit einem Mal wie vom Wind verweht. Puff, einfach weg. Danke dafür Carter.

Ich trat einen kleinen Schritt näher auf das Mikrofon zu, welches ich erst einmal auf meine Höhe herunter stellen musste und diese Aktion unerwartete Stille verursachte, sodass ich mich augenblicklich wie in einem schlechten Comedy-Battle fühlte. Ich räusperte mich leise und versuchte damit meine Unsicherheit zu kaschieren und die Tatsache, dass ich Ella's Designerschuhen beinahe nicht einmal stehen konnte.

»Ladies und Gentlemen, noch einmal vielen Dank dass Sie heute so zahlreich hier erschienen sind, um-«, ich hielt inne und ließ meinen eingeschüchterten Blick durch die Menge schweifen. Meine akute Unsicherheit war eigentlich vollkommen unbegründet; ich war Lehrerin, ich stand jeden Tag vor einer Gruppe Menschen und redete. Aber das hier... ich holte tief Luft.

»Wissen Sie was? Vergessen Sie was ich eben gesagt habe und fangen wir noch mal an, okay? Mein Name ist Ivory Capwell und ich habe die schlimmste Klasse dieser High School unterrichtet«, schockiertes Flüstern ging durch die Menge, doch ich ließ mich nicht beirren, »Am Anfang dieses Schuljahres war ich eine motivierte, lebensfrohe junge Lehrerin, die nichts weiter wollte, als jungen Menschen neues Wissen zu vermitteln und ihr zukünftiges Leben damit zu bereichern«, ich lächelte und zuckte meine Schultern, »Jetzt bin ich ein nervliches Wrack und täte nichts lieber, als den Horror des vergangenen Jahres in Alkohol zu ertränken. Aber heute Abend geht es nicht um mich, nein, es geht um eine gewisse Gruppierung von auffälligen Menschen, die -von einer gewissen Person deren Namen ich aus gutem Grund nicht nenne- den Namen 'Analphabeten-Squad' erhalten hat«, ich warf Mace einen gewissen Blick zu und das nicht gerade unauffällig, sodass sich auf einmal der ganze Saal zu ihm umdrehte und er sichtbar schluckte, »Und ich muss zugeben: der Name passt wie Faust auf Auge.«

»Auf wessen Seite stehen Sie eigentlich, Miss Capwell?!«, hörte ich Liam schreien und konnte mich nicht zurück halten, wie alle anderen Anwesenden ebenfalls, loszuprusten, als die postwendende Antwort von Mace kam: »Jedenfalls nicht auf eurer, OneDirection!«

»Aber«, fuhr ich fort und fühlte mich inzwischen um einiges besser. »jedes menschliche Individuum -so verblödet und verwöhnt es am Anfang auch sein mag- ist lernfähig. Und so ist von einer absoluten Katastrophen-Klasse, die am Anfang kein Wort Französisch und lediglich den Satz 'Vuoi fare sesso con me' auf Italienisch konnte, eine Klasse die erfolgreich ihren Abschluss bestanden haben und...«, ich schluchzte leise und sah mit einem liebevollen Lächeln zu meiner Klasse, die in Anzügen und Kleidern an einem Tisch saß, »mir so sehr ans Herz gewachsen sind, als wären sie meine eigenen Kinder.« ein 'Aww' war von der Menge zu hören und ich lachte peinlich berührt.
»Egal was sie auch angestellt haben: mich in Grund und Boden genervt, öffentlich blamiert, mein Date gecrasht, sich gegenseitig ins Krankenhaus gebracht oder am Flughafen mit mir in einer Arrestzelle gesessen haben - ich kann ihnen nicht böse sein. Ich hab's versucht, wirklich, aber es... es geht einfach nicht. Und -egal wie prekär die Lage auch mal sein konnte- die schlechten Zeiten sind immer irgendwie ganz gut ausgegangen und damit kann ich sehr sicher sagen, dass die guten Zeiten überwiegen«, jetzt merkte ich, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, als ich meine Klasse lächelnd zu mir winkte, »Aber alles Gute hat mal ein Ende und jedes Ende ist auch ein neuer Anfang. Und dieses Ende...«, ich nickte leicht für mich selbst, »dieses Ende ist gar nicht mal so schlecht. Kommt schon hoch Leute, machen wir's schnell und schmerzlos; meine Schwester meinte, wenn ich weine und damit mein Make up ruiniere, ertränkt sie mich im Klo.«

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