22. ❝watch the light, dude❞

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„Du verarschst mich." Taehyung wandte sich so abrupt zu mir um, dass die Coordi-Noona, die ihm soeben mit Puder über die Wangen gefahren war, einen tief genervten Seufzer von sich gab und gänzlich von ihm abließ. „Du verarschst mich auf ganzer Linie. Nie und nimmer macht Yoongi mit jemanden rum, der nicht Jimin ist."

„Nein!", sagte ich vehement, während ich am Kragen meiner Jacke herumzupfte und Jimins Gesicht im Spiegel betrachtete, der schon seit einer Weile fertig mit Make-Up ausgestattet war. „Ich sag's dir, das ist das, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Und Jimin war auch dabei."

„Oh", machte Taehyung, als würde ihm plötzlich einiges klar. Dann: „Ach, du heilige Scheiße, ich kann nicht glauben, dass Yoongi uns so verraten würde."

„Uns?", fragte ich schnaubend. „Der Junge kann küssen, wen er will."

„Nein." Taehyung schüttelte den Kopf. „Er hat Gefühle für Jimin. Was macht er nur?"

„Vielleicht... ist er über ihn hinweg. Ich meine, fünf Jahre von unerwiderten Gefühlen sind nicht gerade das, was ich unter Selbstfürsorge verstehen würde."

Taehyung starrte mich an, als habe ich seine lange Ahnenreihe beleidigt. „Ja, aber wir reden hier von Suji! Das ist nicht nur irgendeine dämliche Romanze – das ist der einzige Grund, wieso ein Romantiker bin! Wieso ich an Liebe glaube und dass sie das einzige ist, das dieses düstere Leben überwindet!"

Ich lehnte mich tiefer in meinen Stuhl zurück, während die Coordi-Noona, die hoffentlich kein Englisch sprach, Taehyungs Haare zu bearbeiten begann. „Wie wär's, wenn du mal selbst jemanden suchst, bevor du die beiden für deine Zwecke missbrauchst?"

Aber Taehyung gab nur ein unbekümmertes Lachen von sich. „Niemals, Pey", sagte er träge. „Ich bin mehr... der Beobachter. Erste Reihe dieses Minenfelds ist nichts, was ich mir antun möchte."

Ich erhob mich kopfschüttelnd aus meinem Stuhl, um mir die Beine zu vertreten. „Wow, Taehyung, du machst mich fertig."

„Außerdem wieso bist du plötzlich so auf dem Anti-Suji-Kurs?" Er stemmte die Hand gegen seine Brust, als wollte er tiefe Entrüstung ausdrücken. „Ich dachte, ich könnte auf dich zählen."

Ich lehnte mich gegen die Wand, sodass ich ihm unmittelbar ins Gesicht sehen konnte. „Kannst du auch. Ich bin nur... überrascht. Weißt du? Ich dachte, dass wir wenigstens mit Yoongi ein einfaches Spiel haben würden."

„Einfaches Spiel wobei?", fragte diejenige Person, die wir in diesem Augenblick wohl am wenigsten gebrauchen konnten. Jimin war durch die Tür in die Garderobe getreten und mich traf beinahe der Schlag. Er wirkte, als wollte er vom koreanischen Staatsfernsehen zensuriert, oder alternativ, Head Stripper in irgendeinem zwielichtigen Lokal werden. Er trug schwarzes, rauchiges Make-up, ein bauchfreies T-Shirt, das mir garantiert nicht gehörte und – einen Rock. Ein kurzes, schwarzes Lackding, das er zu allem Überfluss auch noch mit Netzstrümpfen und Lederstiefeln kombiniert hatte.

„Woher... hast du das?", fragte ich ihn konsterniert, während er an mir vorbeischritt und Taehyung eine liebevolle Kopfnuss gab.

„War shoppen", sagte er und kaute überdeutlich an einem rosa Kaugummi herum. Himmel, er wirkte wie ein laufendes Klischee einer verlassenen Frau. „Ziemlich cool, sich in der Stadt bewegen zu können, ohne das man erkannt wird. Obwohl ich glaube, dass ein paar Mädchen in dem letzten Laden, wo ich war, heimlich Fotos von mir gemacht haben."

Ich stöhnte auf, während ich meinen Kopf in den Händen vergrub. „Du datest Namjoon, Jimin. Du kannst nicht einfach rumrennen und tun, wie dir beliebt."

„Pey, ich bin zum ersten Mal in meinem Leben frei", sagte er unbekümmert, während Taehyung und ich einen bedeutungsschweren Blick tauschten. Jimin wirkte, als sei er vollkommen in eine Position des Nichtwahrhabenwollens abgerutscht.

Hurricane TortillaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt