Der Schuss

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Verzeiht mir meine nicht vorhandene Waffenkenntnis, durch die eventuell Logikfehler auftreten könnten.

(2013: Rückblick 13)

Pov. Julien
Das in gewissen Stadtteilen Straßengangs eine große Macht besaßen war kein großes Geheimnis. Sie ließen einen vollkommen in Ruhe, wenn du nichts mit ihren Geschäften zu tun hattest, darum hatte ich mich noch nie näher mit ihnen beschäftigt. Die Kriminalitätsrate war laut Medien sehr hoch, doch die Banden bekriegten sich nur gegenseitig und es entstand selten ein Schaden der Außenstehende betraf. Ich wusste nicht viel von Bandenaktivitäten, darum wurde ich zunehmend nervöser je näher wir dem Ort kamen den uns Pat beschrieben hatte.

Es war eine etwas abgelegene Lagerhalle, die neben den Gebäuden rundherum gar nicht richtig auffiel. Pat meinte, es wäre der Treffpunkt der Großfamilie, der Johann seit kurzem angehörte. Es wäre gut möglich, dort auch Mika vorzufinden... wenn sie den noch lebte. Ich schüttelte den Gedanken ab. Zweifel waren jetzt mehr als unangebracht.

Es dämmerte bereits, als ich die Lagerhalle entdeckte. Sie stand neben einer mäßig befahrenen Straße. Es war nicht ungewöhnlich hier vorbeizufahren, nur war es kein Ort um halt zu machen. Hier gab es nichts, außer heruntergekommene Wohnblöcke. Gegenüber unseres Ziels hielt ich an.

„Was jetzt?", fragte Sunny.

„Mach das Handschuhfach auf."
Sunny tat was ich ihm gesagt hatte und betrachtete schweigend den Inhalt der sich ihm bot.

„Wo hast du die her?", kam es von ihm. Vorsichtig umgriff er den Gegenstand und zog ihn heraus.

„Ist das eine Glock 19?", kam eine weitere Frage.

„Ist von meinem Vater und ja", beantwortete ich beide.

Prüfend hielt Sunny sie hoch.
„Willst du mit einer Waffe da rein laufen? Du musst Selbstmordgedanken haben", stellte er fest.

„Nein nicht ganz, aber das was ich vorhabe könnte genauso tödlich enden."

„Und wieso tun wir es dann?"

„Die Polizei hat hier keine Macht und ich glaube kaum, dass wir jemanden finden werden, der sich in das Machtspiel von zwei Banden einmischt, nur um einen Hund zu befreien."

„Und du glaubst ich mach da mit?"

Ich blickte zu ihm rüber. Er hatte Recht. Vielleicht hatte ich vorschnell gehandelt. Nur bedeutete mir Mika alles und ich war bereit dieses Risiko einzugehen. Selbst wenn ich mit Kugeln in der Brust am Straßenrand enden würde, aber es war egoistisch zu denken, dass Dima dasselbe Opfer für ein Tier aufbringen würde. Ich würde mich vermutlich selbst für verrückt halten, wenn ich nicht ich wäre.

„Soll ich dich zurückfahren?"

„Auf keinen Fall. Ich bin dabei also ziehen wir's durch. Erzähl mir von deinem Kamikaze-Plan."

„Ich hab selbst auch etwas recherchiert. Es gibt nur zwei Banden, die wirklich Einfluss hier haben. Sie sind die Größten Erzfeinde. Ich denke, dass Webber mit einen der beiden Kontakt hat."

„Der Feind meines Feindes ist mein Freund", wiederholte Dima die Worte, die ich vorhin erwähnt hatte. „Du willst die andere Großfamilie suchen?"

„Richtig."

„Und du glaubst, dass die zwei dahergelaufene Kerle, die einen Hund suchen, helfen wollen?"

„Nein", gab ich zu, „Aber einen besseren Plan hab ich nicht."

„Und wie willst du die finden?"

„Vertraust du mir?", stellte ich eine Gegenfrage.

Skeptisch sah mich Dima an.

„Eigentlich nicht", grinste er dann und sah mich von der Seite an.

Ich musste lachen: „Solltest du vermutlich auch nicht. Ich stell die Frage anders: Bist du dabei, bei dem was ich als nächstes vor habe ja oder nein?"

„Ja"

„Bist du sicher? Ich kann auch verstehen wenn..."

„Nalos, beginn endlich mit deinem Suicideplan, bevor ich es mir anders überlege."

Ich holte tief Luft.
„Hoffen wir auf ein Wunder, dass wir da wieder heil rauskommen", sagte ich noch, bevor ich die Autotür aufstieß. Ich nahm Sunny die Waffe aus der Hand und entsicherte sie.

„Wenn die Presse einmal ihren Job richtig gemacht hat und deren Informationen stimmen, dann müsste die Straße die Grenze der beiden Territorien sein."
Ich zeigte auf ein Gebäude gegenüber des Lagerhauses.
„Das ist der Wachposten der anderen Gang um das Lagerhaus zu beobachten."

Ich zielte mit der Pistole auf eines der Fenster.

„Ich hoffe ich erschieße niemanden", murmelte ich noch und drückte ab. Das Geschoss flog in die Richtung in die ich sie haben wollte und mit einem lauten Knall zersprang eines der Fensterscheiben.

Geschockt sah mich Dima an. „Abwarten", sagte ich „Ab jetzt hat es das Schicksal in der Hand ob wir das hier überleben."

Es dauerte keine zehn Sekunden da hörte man schon die ersten Befehle, die von jemanden gebrüllt wurden und das entsichern von mehreren Waffen. Mittlerweile war es dunkel geworden. Aus dem Schatten der Häuer kamen bewaffnete Männer und kreisten uns ein.

Bisher hatte noch niemand geschossen. Ich sah das als gutes Zeichen an.

Ich blickte mich um. Wir waren von zwanzig Mann umrundet worden, die alle ihren Lauf ihrer Waffen auf uns richteten.
„Hinlegen!", brüllte einer.

„Tu was er sagt", raunte ich Sunny zu. Der starrte nur vor Schock mit geweiteten Augen das Geschehen vor ihm an. Ich zog in mit runter auf den Boden.

Mein Herz schlug bis zum Hals und meiner Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, doch es war mein Ziel gewesen hier zu enden. Zwischen all diesen bewaffneten Männern auf dem Boden. Ich hatte keine andere Lösung gesehen und so war ich darauf vorbereitet gewesen.

„Gehört das auch zu deinem Plan?", wisperte Dima, als wir uns beide auf den schlammigen Boden legten.

„In gewisser Weise schon."

Entgeistert sah mich Dima an.

„Du bist geisteskrank", brachte er noch heraus, bevor er von zwei Männer hoch gehoben wurde. Er zuckte zusammen. Für ihn war es wie ein Déjà-vu. Jemand hielt ihn fest, während er sich nicht wehren konnte. Es tat mir Leid für ihn, aber er hatte sich bereiterklärt mitzumachen. Ich konnte mich jetzt nicht um ihn kümmern. Er musste selbst damit fertig werden. Auch ich wurde hochgehoben und ein Dritter entwendete mir die Waffe, mit der ich geschossen hatte. Ich musste mich ab jetzt darauf konzentrieren sie davon zu überzeugen, dass wir nichts Böses wollten. Es war mir klar wie unmöglich das erschien, im Anbetracht dessen, dass ich gerade auf ihre Basis geschossen hatte, aber eine andere Wahl hatte ich nicht.

Der Kerl vor mir entlud meine Waffe und hielt sie mir vors Gesicht.
„Mit sowas schießen Cops. Du siehst aber nicht aus wie ein Bulle."

„Bin ich auch nicht", antwortete ich kurz angebunden. Noch war es nicht der richtige Zeitpunkt mich zu erklären.

Der Mann der mich angesprochen hatte drehte sich zu einem seiner Gangmitglieder um: „Die sind nicht von der anderen Seite." Damit meinte er wahrscheinlich ihre Gegner auf der anderen Straßenseite. „Glaubst du sie sind von irgendeiner anderen Gang?"

„Die würden doch nie auf uns schießen. Die hätten zu großen Respekt vor uns!"

Fast schon ratlos blickten uns die Männer an.

„Wir nehmen sie erstmals mit", beschloss der Typ vor mir schließlich und ich bekam einen Stoß in den Rücken. „Vorwärts!"

Started from the BottomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt