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(2013: Rückblick 30)

Pov. Julien:

„Fassen wir zusammen. Dennis ist Journalist und hat gleichzeitig die Blue Wings ins Leben gerufen. Er schreibt hauptsächlich über Salah, aber da es nicht wirklich viel Spannendes über ihn zu berichten gibt denkt er sich Sachen aus. Außerdem deckt er die Blue Wings. Da er der einzige Journalist in diesem Gebiet ist gelingt ihm das auch ganz gut."

„Glaubst du er hatte etwas mit den Skorpionen zu tun?"

Ich schien einen Moment nachzudenken nickte dann aber.
„Er ist mehr oder weniger der Erschaffer der Blue Wings. Was man nicht vergessen darf, ist das viele seiner Jungs ihm das Leben zu verdanken haben. Sie stehen damit in seiner Schuld und würden alles tun was er verlangt."

„Du glaubst Dennis ist verantwortlich für das Massaker im Lagerhaus?"

„Weißt du noch als die Batterien in unseren Taschenlampen fehlten? Er hat vermutlich mitbekommen, dass wir vorhatten ins Lagerhaus einzubrechen und hat sie irgendwie entwendet. Ich meine, er ist Journalist, die spionieren doch ständig jemandem hinterher!"

„Aber was hätte das für einen Sinn gemacht? Er entnimmt die Batterien von unseren Taschenlampen damit wir im Dunkeln nichts sehen und von den Skorpionen überrascht werden, aber die wurden alle schon auf Dennis Befehl hin ermordet. Warum würde Dennis gewollt haben, dass die Skorpione uns töten, wenn er wusste, dass sie schon tot waren? Er wird schlecht gehofft haben, dass sie wieder von den Toten auferstehen."

Ich deutete hinter mich. „Frag Juri, er ist der Einzige der das wissen könnte."

Dima erzählte Juri alles was er wusste, oder zumindest glaubte zu wissen und wartete auf eine Reaktion von ihm.

Der schien im Zweikampf mit sich selbst zu sein, ob er seinen Anführer verraten sollte oder nicht:

„Ich weiß nicht warum ihr mir geholfen habt, oder was ihr euch von mir erhofft, aber ich hab euch ohnehin schon Zuviel gesagt. Macht was ihr wollt, aber haltet mich da raus."

„Juri ich verstehe deine Loyalität, aber dieser Mann ist gefährlich. Er stachelt euch doch nur gegen Menschen auf die ihr nicht einmal kennt. Er nutzt euch aus, weil er weiß das ihr im blind folgt."

Juri sah stur geradeaus. Verzweifelt warf ich die Hände in die Luft. Das hier war nutzlos. Ich konnte genauso gut mit der Wand reden.

„Julien ich ruf Salah an." informierte Dima mich. „Ich werde hinausgehen und eine seiner Truppen abpassen und allen erzählen was wir rausgefunden haben. Du kannst in der Zwischenzeit ja versuchen noch was aus ihm rauszupressen, auch wenn ich nicht glaube das das etwas nützt."

Zum X-ten male wurde ich heute alleine gelassen. Wäre ich bloß nicht in das Messer gelaufen.

Ich humpelte zu Juri in den Raum und bekam gerade noch mit, wie dieser versuchte aufzustehen. Dass er den ganzen Tag gesessen hatte, hatte seinem Körper wohl nicht gerade Freude bereitet. Dies machte er nun deutlich indem er Juris Vorhaben auf eigenen Beinen zu stehen nicht unterstützte. Juri kippte um.

Hätte Juri nicht ein schmerzhaftes Zischen von sich gegeben hätte ich am liebsten laut aufgelacht. In Zeitlupe humpelte ich auf ihn zu um ihm zu helfen.

Ich kam mir vor, als hätte jemand die Zeit verlangsamt. Wir beide waren die einzigen Menschen in diesem Haus und jede Bewegung die wir machten zögerte sich unendlich in die Länge. Das Wohnzimmer zu durchqueren fühlte sich bei meinem Tempo an, als würde ich einmal den Kontinent ablaufen.

Als ich nach einer halben Ewigkeit bei Juri ankam streckte ich ihm die Hand hin.

Skeptisch sah er sie an

„Du kannst auch auf dem Boden liegenbleiben falls du das gemütlicher findest."

Mit diesen Worten nahm er meine Hilfe dann doch an. Da er immer noch Kabelbinder an den Händen hatte, konnte er sich nicht auf dem Boden aufstützen und mir fiel es auch nicht gerade leicht, ihn hoch zu hieven ohne selbst vor Schmerz umzukippen.

Schließlich stand er wieder auf beiden Beinen. Und zu meinem Erstaunen ich ebenfalls.
Wenn auch mehr schlecht als recht. Gemeinsam torkelten wir zu einem der Sofas und ließen uns darauf niederfallen.

„Ihr seid ein echt seltsamer Haufen", gab Juri schließlich von sich.

„Was wir? Was ist an uns seltsamer, als ein Haufen tollwütiger Teenager die Amok laufen mit 'nem Journalisten las Anführer?"

„Er ist nicht unser Anführer!" protestierte Juri.

„Ja, sagtest du bereits, aber trotzdem rennt ihr ihm alle hinter her und tut genau das was er sagt. Hört sich für mich nach 'nem Anführer an."

„Halt die Klappe."

„Wir sind also wieder bei diesem Punkt hm?"

„Wieso leb ich noch?" wechselte Juri das Thema.

„Weil du nicht Tod bist. Was für eine seltsame Frage."

Mit einem Dein-ernst-Blick sah Juri zu mir hinüber.

„Ich meinte damit eigentlich warum ihr euch um meine Verletzungen gekümmert habt und all das andere. Ihr behandelt mich nicht mal wie einen Feind."

„Du hast Kabelbinder an den Händen", erinnerte ich ihn.

Als hätte er das vergessen, sah er zu seinen Handgelenken hinab die durch den Druck mittlerweile leicht angeschwollen waren.

„Aber bis jetzt ist niemand davon ausgegangen, dass ich hier wieder versuchen könnte jemanden anzugreifen."

Ich schnaubte kurz und sah dann an ihm hinunter.
„Sieh dich mal an. Du kannst alleine nicht mal richtig stehen."

Juri seufzte: „Das war nicht auf was ich hinauswollte."

„Naschön", gab ich mich geschlagen „Also eine ehrliche Antwort. Du willst wissen warum wir dich nicht sterbend in irgendeiner Gasse gelassen haben? Das nennt sich menschlich sein. Ich weiß ja nicht was ihr bei eurer Kindergartengruppe so eingetrichtert bekommt, aber normale Menschen rennen nicht durch die Gegend und lassen wahllos Menschen sterben nur weil ihnen gerade danach ist."

Danach bekam ich keine Antwort mehr, aber das war in Ordnung. Ich ließ ihn erstmal über das Nachdenken was ich gesagt hatte. Vielleicht änderte er ja seine Meinung gegenüber uns.



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