Reversio

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(2013: Rückblick 19)

Pov. Sunny

Ich saß schon am Küchentisch, als Julien die Treppe hinunter stieg und sich zu mir setzte. Er wirkte erschöpft, aber ich sah bestimmt nicht besser aus. Die Bilder von letzter Nacht waren noch präsent in unseren Köpfen.

„Wir sollten darüber reden", sprach ich vorsichtig das Thema an.
„Zuerst Kaffee", war das einzige was Julien mir zur Antwort gab, bevor er sich in die Küche begab um Frühstück vorzubereiten. Nach einigen Minuten war er fertig. Bevor er zu sprechen begann holte er einmal tief Luft und sortierte seine Gedanken: „Salah geht davon aus, dass alle Skorpione umgekommen sind. Eine neue Mafia hat sie umgebracht. Den genauen Grund kennen wir nicht. Es muss jedoch schon ein zwei Wochen her sein. Mika war nicht im Lagerhaus und von Webber war auch keine Spur. Man kann davon ausgehen, dass er sie mitgenommen hat. Vielleicht ist er geflüchtet, oder er war zu diesem Zeitpunkt nicht im Lagerhaus."

Ich unterbrach ihn: „Wenn Webber nicht im Lagerhaus war, dann konnte er auch Mika nicht mitnehmen. Außer er ist zu einem späteren Zeitpunkt gekommen und ist dann mit ihr geflohen, als er merke, dass sein gesamter Clan Tod ist."

Julien nickte: „Wir haben in unserem Ziel versagt. Unser Plan war es Mika zu befreien, stattdessen wissen wir jetzt nicht einmal wo sie ist."

Julien wirkte niedergeschlagen, als ihm bewusst wurde, dass die Chancen Mika lebend wiederzusehen weiter gesunken waren. Ich versuchte ihn aufzumuntern: „Sieh es positiv Julez, Webber ist nun schutzlos. Er hat seine komplette Crew verloren. Er hat uns gedroht und weiß, dass er so einfach nicht davon kommt. Wenn er Mika hat wird er sie nicht töten, dass einzige was uns davon abhalten könnte ihn zu verletzten ist ein Tausch gegen Mika. Sein Leben gegen Mikas."
Erst jetzt merkte ich auf was ich hier anspielte. Was würde passieren, wenn Webber nicht auf diesen Deal eingehen würde? Würde Salah ihn wirklich töten? Und wenn ja, war ich dann nicht auch dafür verantwortlich? Das letzte was ich wollte, war nach all dem was passiert war auch noch als Mörder zu gelten. Ob indirekt oder nicht, ich wollte kein Menschenleben auf dem Gewissen haben. Schon gar nicht jemandem mit dem ich früher viel Zeit verbracht hatte. In was war ich da bloß hineingeraten?

„Du bist so still alles ok?", erkundigte sich Julien besorgt und ich nickte bloß. Ein Zurück gab es jetzt nicht mehr. Wir mussten das nun beide durchstehen. Ich betete dafür, dass all das Chaos ein gutes Ende nehmen würde.

Plötzlich fielen mir die Worte von Julien ein die er gestern zu mir gesagt hatte:
„Meintest du nicht irgendetwas mit den Batterien?"

„Ja, ich fand es nur seltsam. Es ist nur ein kleines Detail, aber die Taschenlampe war wichtig für uns. Wären wir mit Licht in das Gebäude hätten wir bessere Chancen gehabt hätte uns jemand angegriffen. Wir waren alle zum ersten Mal im Lagerhaus. Wir waren orientierungslos im dunklen und die Skorpione hätten dadurch einen Vorteil gehabt."

„Auf was willst du hinaus?", fragte ich nach obwohl ich glaubte die Antwort zu kennen.

„Das Salah einen Maulwurf in seinen eigenen Reihen hat.", antwortete
Julien nüchtern und sah mich abwartend an ob ich seiner Schlussfolgerung zustimmen würde.

„Die Idee ist mir auch schon gekommen. Aber", lenkte ich sofort ein „fehlende Batterien in einer Taschenlampe ist kein besonders überzeugender Beweis für so einen schwerwiegenden Vorwurf."

„Du hast Recht, aber wir sollten es im Hinterkopf behalten."

Ich stimmte ihm zu.

„Was hast du heute vor?", wechselte er das Thema.

„Ich werde die Runde gegen GReeeN aufnehmen- ein bisschen Abwechslung zu dem ganzen Drama."

Kurz herrschte Schweigen, als ich plötzlich ein bekanntes Geräusch vernahm. Ich ignorierte es und tat es als Einbildung ab. Es war unmöglich richtig gehört zu haben. Jedoch bemerkte ich Julien, der ebenfalls seinen Kopf Richtung Tür gedreht hatte. Hatte er es etwa auch gehört?

Da wieder, ein leises Bellen war zu hören. Wir sahen uns an. Konnte es sein? Wieder hörte ich das Bellen eines Hundes, nur diesmal gefolgt von einem Kratzen an der Haustür. Angespannt standen Julien und ich auf.

An der Tür kam mir Webber wieder ins Gedächtnis. Ich griff nach Juliens Arm und hielt ihn zurück.
„Vorsichtig", zischte ich ihm zu.
Zu meiner Überraschung hielt er plötzlich seinen Revolver in der Hand. Hatte er den seit gestern nicht mehr aus der Hand gelegt?

Bevor ich näher darüber nachdenken konnte riss Julien die Tür auf und zielte auf das Unbekannte das draußen auf uns wartete.

Zu meiner Überraschung fanden wir dort keine Person. Als mein Blick jedoch tiefer wanderte stand dort eine Hündin deren weißes Fell von Blut und Schmutz verkrustet war: Mika

Juliens Mund klappte auf, als er langsam in die Knie sank und Mika umarmte. Freudig bellte diese auf und fuhr ihm mit ihrer Zunge mehrmals übers Gesicht. Julien kümmerte dies kein bisschen, als seine Arme sich noch fester um sie schlossen. Ich sah eine feuchte Spur von Freudentränen an seiner Wange glitzern und fand mich selbst im Eingang der Tür stehen, während ich wie ein Idiot grinsend auf die beiden hinab blickte.

Es sah nicht so aus, als würde Julien Mika loslassen wollen, da diese jedoch langsam ungeduldig wurde berührte ich ihn leicht an der Schulter.

„Komm Julez, steh auf wir sollten hinein gehen."
Ich half ihm auf und schob ihn ins Haus zurück. Die ganze Situation hatte ihn so überwältigt, dass er nicht fähig war eigenständig zu handeln und so begleitete ich die beiden bis nach oben ins Bad und half wo ich konnte. Sobald ich aufhörte Julez vor mich herzuschieben blieb er einfach stehen und sah Mika an, als würde er einen Geist sehen. Oben angekommen drehte ich den Duschhahn auf um Mikas Fell zu säubern. Ich hob sie in die Badewanne, doch bevor ich mit dem Wasser in ihre Nähe kommen konnte fiel mir an ihrem Halsband etwas auf. Ich griff danach und hielt einen Zettel in der Hand.

Ich steckte ihn vorerst ein und begann das Blut von Mikas Fell zu waschen. Julien versuchte mitzuhelfen, doch da er noch immer Tränen in den Augen hatte verschwamm seine Sicht und er stand mehr im Weg, als wirklich nützlich zu sein. Als ich mit Mika fertig war hatte sich Julez einigermaßen beruhigt.

„Sie ist nicht verletzt", teilte ich ihm mit. „Es war nicht ihr Blut."
Ich reichte ihm den Zettel den ich Mika vorhin abgenommen hatte:
„Der war an ihrem Halsband fixiert."

Julien nahm den Zettel entgegen und entrollte ihn:

Wem immer du gehörst, einer der Skorpione meinte vor seinem Tod du seist eine Gefangene und da Haustiere immer einen Weg zu ihrem Besitzer zurückfinden hier eine Botschaft:
Wenn du einer Großfamilie angehörst die mit den Krebschen Streit hatte, sie sind Tod. Wir regieren ab jetzt hier. Versucht nicht euch uns in den Weg zu stellen. Es gibt nur einen Weg. Schließt euch uns an oder endet wie die Skorpione.

-Blue Wings

Started from the BottomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt