Avocatio

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Falls es jemanden ineressiert. Der Teil zwei dieser Geschichte hat jetzt andere Bilder die ich selbst gezeichnet habe. Ist jetzt nichts Besonders aber ja. Vermutlich währt ihr alle glücklicher wenn ich mehr an der Geschichte weiterschreiben würde, anstatt hier diese Bilder zu ändern. xD

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(2013: Rückblick 22)

POV. Dima

Die Sonne schien mir mitten ins Gesicht, als ich am nächsten Tag aufwachte. Erstaunt stellte ich nach einem Blick auf den Wecker neben dem Bett fest, dass es bereits nach Mittag war. Sonst hat mich immer Julien geweckt. Mit einem beklemmenden Gefühl schlich ich nach unten. Innerlich bereitete ich mich auf eine Konfrontation seitens Julien vor.

Unbewusst ging ich langsamer als sonst, um einem Gespräch so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen. Zu meiner Überraschung musste ich in der Küche angekommen feststellen, dass niemand außer mir im Haus war. Auf dem Esstisch fand ich einen Zettel auf dem mir mein Gastgeber mitteilte, dass er und Mika erst abends wieder zu Hause sein würden. Einen genaueren Grund gab er nicht an.

Etwas verloren stand ich einige Minuten in der Küche und starrte aus dem Fenster, dann begann ich Kaffee zu machen. Völlig in Gedanken versunken machte ich rein aus Gewohnheit Kaffee für zwei Personen. Resigniert goss ich mir meine Tasse ein und ließ den Rest kalt werden.
Immer noch in Gedanke setzte ich mich an den Tisch. Natürlich hatte Julien Mika mitgenommen. Seit dem Vorfall ließ er sie nicht mehr aus den Augen. Aber vermutlich würde er mir ohnehin Mika nicht mehr anvertrauen. Verständlich. Aber es machte mich trotzdem wütend. Vielleicht war es aber auch Einsamkeit. Seit langer Zeit war ich wieder alleine. Tag für Tag war ich mit Julien unterwegs gewesen und wir waren zu Salah gefahren, oder hatten einfach Runden mit seinem Jaguar gedreht. Nun war es still. Ich fragte mich wie es Felix ging und ob er mich immer noch hasste. Hatte er mich den jemals gehasst? Ja, Kolle hatte einen Fehler gemacht, aber war nicht ich derjenige gewesen der ihm nie verziehen hatte und ihm die kalte Schulter zeigte? Ich hatte schon lange nicht mehr an ihn gedacht.

Ich dachte auch an Pat. Einen meiner engsten Freunde. Zumindest war er das einmal gewesen. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich Hilfe von ihm wollte und als ich diese bekommen hatte, hatte ich unnötigerweise Streit mit ihm angefangen und war gegangen. Er hatte sich bisher nicht mehr bei mir gemeldet und ich mich auch nicht bei ihm. War es meine Schuld? Vermutlich.

Nun kam mir auch Webber wieder in den Sinn. Auch er war ein guter Freund von mir gewesen der sich schlussendlich von mir abgewandt hatte.
Ich hatte drei Freunde innerhalb kürzester Zeit verloren und nun waren es mit Julien vier. Ich kam zu dem Schluss, dass es wohl oder übel an mir liegen musste, dass sich alle von mir abwandten.

Gerade jetzt war es kein guter Zeitpunkt noch jemanden zu verlieren.
Ich musste das mit Julien wieder geradebiegen.

Am Nachmittag war er immer noch nicht zurück, doch Akay war vorbeigekommen und saß nun mit mir am Tisch. Wir spielten Karten und unterhielten uns über die nächsten Schritte der Gang. Unser Gesprächsthema wechselte sich nach einiger Zeit und schließlich begann ich Akay mehr über Rap zu erzählen. Sein Interesse brachte mich dazu ihn zu fragen ob er nicht einmal bei einem Videodreh dabei sein wollte und er willigte ein.

Ich wusste, dass ich der beste im Turnier war, nur jetzt wo Julien allem Anschein nach nicht mehr so gut auf mich zu sprechen war standen meine Chancen auf einen Sieg nicht mehr so gut. Ich überlegte ob ich Akay davon erzählen sollte entschied mich dann jedoch dagegen.

„Hast du deinen Text schon fertig?", fragte Akay und ich bejahte.
„Dann könnten wir doch heute schon dein Video drehen", schlug er vor.

Ich sah ihn erstaunt an: „Ich hab kein Kameraequipment und keinen Drehort."
„Das kriegen wir schon hin", meinte mein Gegenüber zuversichtlich.

Den restlichen Tag verbrachten wir damit eine Kameracrew zu organisieren und einen perfekten Drehort zu finden. Am Ende des Tages hatten wir, gegen meine Erwartungen, das gesamte Video fertig gedreht. Auch mein Umgang mit Akay wurde lockerer uns so beschlossen wir abends noch in eine Bar zu gehen.

Akay wählte sie aus und fuhr mich dort hin.

„Sieh mal", er zeigt auf eine auffällige Eingangstür gegenüber des Clubs „Eine Schwuchtelbar. Halt dich bloß von denen fern."
Erschrocken sah ich ihn an. Warum musste er gerade dieses Thema aufgreifen?
Karma vermutlich.
Zu meinem Erstaunen fühlte ich mich sogar selbst bei diesen Worten angegriffen.

„So schlimm ist es jetzt auch wieder nicht schwul zu sein", sagte ich, bevor ich darüber nachdenken konnte.

War ich wirklich so verletzt von seinen Worten, oder versuchte ich hier nur Julien zu verteidigen? Ich wusste es nicht.

Akay hatte wohl nicht mit dieser Art von Antwort gerechnet. Er zog seine Augenbrauen hoch.

„Aber findest du es nicht ekelhaft von so jemanden angegriffen zu werden?"

Ich dachte an Julez und wollte verneinen, aber dann fiel mir mein eigenes Verhalten der letzten Tage ihm gegenüber auf. War ich angeekelt von seinen Berührungen? Hatte ich mich deshalb auf dem Sofa so weit weg gesetzt?
Ich hatte keine Antwort auf Akays Frage und zuckte nur mit den Schultern.

„Ich hab nicht wirklich was gegen die, aber wenn dann plötzlich jemand von denen auf dich steht...", Akay sah mich gleichgültig an „Weiß auch nicht...", beendete er den Satz.

Ein seltsames Schweigen entstand. Ich schüttelte den Kopf
„Lass uns reingehen."
Mit einem Schwung öffnete ich die Tür zu dem Club. Rauch quoll uns entgegen und fegte damit meine Gedanken beiseite. Ablenkung war genau das was ich jetzt brauchte.

Nach gefühlten drei Stunden hatte ich genug. Ich konnte Akay nirgends finden und schickte ihm daher eine Nachricht, dass ich nach Hause ging.

Draußen rief ich ein Taxi und lehnte mich darin gegen die Rückenlehne.
Im Auto war es still und der Kontrast zu dem lauten Bass im Club schmerzte in meinen Ohren. Der Taxifahrer schwieg und auch das Radio war nicht eingeschalten. Mit der Stille kamen auch die Gedanken wieder. Ich seufzte. Ich wollte sie jetzt nicht da haben. Sie sollten alle weggehen.
Es gelang mir nicht.
Julien kreuze einen meiner Gedankengänge, dann noch einen und noch einen. Ich drückte meine Hand gegen meinen Kopf, aber mein schlechtes Gewissen war hartnäckig.
Schließlich gab ich auf.

Ich konnte zumindest versuchen meine Gedanken zu sortieren. Anfangs hatte ich kein Problem mit Juliens Sexualität und jetzt plötzlich doch. War es für normal nicht umgekehrt? Hatte ich den wirklich ein Problem damit? Wenn ich genauer darüber nachdachte Nein aber etwas stört mich trotzdem.
Ich erinnerte mich an Akays Worte. Findest du es nicht ekelhaft, wenn dich so jemand berührt? Fand ich es ekelhaft, wenn Julien mich berührte? Nicht wirklich. Fände ich es ekelhaft, wenn er auf mich stehen würde? Stand er denn auf mich?

Ich ließ die Frage unbeantwortet. Draußen fing es an zu regnen. Es war stockdunkel, nur das Licht der Straßenlaternen blendete mich.

„Wie heißen Sie?", fragte ich meinen Fahrer. Dieser schien überrascht über meinen plötzlichen Drang ein Gespräch führen zu wollen. Nicht sonderlich begeistern darüber gab er schließlich 'Gerold' als Antwort.

„Wenn man ein Problem mit einem Menschen hat, der einem sehr wichtig ist und man nicht weiter weiß, was sollte man dann Ihrer Meinung nach am besten tun?"
Ich hatte keine Ahnung warum ich dachte, es sei eine gute Idee eine so persönliche Frage einem Taxifahrer zu stellen. Ich schob die Schuld auf den Alkohol.
Dasselbe schien der Taxifahrer auch zu denken, denn er wirkte leicht verwirrt.
„Vielleicht versetzten Sie sich mal in die Lage Ihres Gegenübers?", schlug er sichtlich überfordert vor. „Bin ja kein Psychologe", setzte er dann noch murmelnd hinzu.

„Hm", sagte ich nur. Aber so schlecht war der Vorschlag gar nicht.
Was wäre wenn ich schwul wäre und Julien an meiner Stelle?
War ich den schwul? unterbrach ich mich selbst in meinen Gedanken.
Ich hatte mal wieder keine Antwort darauf.
Was wäre, wenn Julien auf mich stehen würde? Was wäre wenn ich auf ihn stehen würde?
Ich blinzelte. Stand ich auf ihn? Auch darauf hatte ich keine Antwort.
Das waren alles zu viele Fragen und zu wenige Antworten.

Ich musste das anders lösen.

Started from the BottomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt