Spatium

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Nachdem nun jeden Sonntag ein Kapitel kommt und es penibel gesehen schon Sonntag ist, da es schon nach Mitternacht ist hier das Kapitel.

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(2013: Rückblick 23)

Pov. Dima

Ich stand vor der Haustür. Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Plan einen Haken hatte. Was wenn Julez nicht zu Hause war? Doch es brannte Licht also standen die Chancen gut. Meine Sicht verschwamm, als ich das Schlüsselloch suchte. Ich hatte nicht viel getrunken, aber anscheinend genug um nicht ganz klar sehen zu können.

Mit einem Schwung ging die Tür auf. Ich kickte meine Schuhe in eine Ecke und ging ins Wohnzimmer. Julien stand in der Küche und war dabei sich etwas aus dem Kühlschrank zu nehmen. Er bemerkte mich und drehte sich zu mir um. Wir sahen uns an. Dann ging ich auf ihn zu.

„Es gibt nur eine Möglichkeit alle Fragen auf einmal zu klären", erzählte ich ihm.

„Was??" gab er verwirrst zurück und sah mich verdutzt an.

Ich stand nun direkt vor ihm. In meinem Vorhaben entschlossen lehnte ich mich vor und drückte meine Lippen auf seine. Dann löste ich mich wieder von ihm.

Ich hatte gehofft so Antworten zu bekommen. Es war der direktere Weg, als ihn einfach zu fragen, aber ich hatte genug von Fragen. Ich wollte Antworten. Ich blickte ihn an und wartete seine Reaktion ab. Er wirkte mehr überrascht als schockiert was ich als gutes Zeichen ansah.

Mein Gegenüber ging langsam einen Schritt zurück um Abstand zwischen uns zu schaffen.

„Dima?" war das einzige was er hervorbrachte.

„Was?", fragte ich.

„Wie was?...Was... Dima... man spinnst du?"

Ich zuckte nur die Schultern. War das alles was ihm dazu einfiel?

„Denkst du nur weil ich schwul bin steh ich auf jeden Mann der mir über den Weg läuft?", brauste er auf.

„Nein", gab ich knapp als Antwort zurück.

„Dann... Warum....", Julien warf verzweifelt die Hände in die Luft. „Was wolltest du dann damit erreichen?"

Ja was eigentlich? In meinem betrunkenen Zustand hatte mein Handeln eben einwandfrei Sinn ergeben, aber rückblickend zweifelte ich nun selbst daran ob es so klug war, so indiskret vorzugegangen zu sein.

Mein Wunsch war es gewesen durch den Kuss feststellen zu können, ob ich auf Männer stand. Und falls ja, ob ich vielleicht auf Julien stand. Es war die einzige Schlussfolgerung zu der ich gekommen war.
Es störte mich nicht, wenn er über seine Sexualität redete, es störte mich wenn er über seinen ex Freund redete. Mein distanziertes Verhalten war kein Hass auf ihn gewesen, es war Neid und Eifersucht auf seinen ehemaligen Partner. Aber die Vernünftigere Weise um dieses Missverständnis klarzustellen wäre gewesen mit ihm zureden und die Sache zu klären, anstatt ihn aus heiterem Himmel zu küssen. Im Nachhinein ist man immer klüger.

Pov. Julien
Völlig verdattert stand ich immer noch vor ihm. Was um alles in der Welt war das denn gewesen? Von der Situation überrumpelt musste ich mich schließlich setzten. Als ob das nicht schon seltsam genug gewesen war sagte Sunny nun schon seit geraumer Zeit nichts mehr. Man sah ihm an, dass er über etwas nachdachte, aber ich hatte keinen blassen Schimmer was gerade in seinem Kopf vorging. Von dem Kuss hatte ich einen leicht beißenden Geschmack im Mund. Ich stellte fest, dass es sich um Alkohol handelte. Er war also angetrunken gewesen. Nun machte das Ganze ein wenig mehr Sinn.

Er schien noch so nüchtern zu sein um bewusst zu handeln, aber nicht nüchtern genug zwischen Vernunft und Impuls unterscheiden zu können. Ich war mir ziemlich sicher, dass er früher oder später seinen Fehler bemerken und bereuen würde. Scheiße, wieso machte er so etwas?

Inzwischen erschöpft blickte ich von meinem Stuhl zu Sunny hoch.
„Wie viel hast du getrunken?"

Er zuckte mal wieder nur mit den Schultern. Langsam machte er mich mit seiner Wortkargheit aggressiv. Ich stand auf und packte ihn an seinem Hemdkragen.
„Entweder du erklärst mir jetzt was das eben werden sollte, oder du gehst und wir tun so als wäre das hier nie passiert."

Zu meinem völligen Erstaunen entschied er sich für zweiteres. Ohne eine weitere Erklärung befreite er sich aus meinem Griff und ging die Treppen nach oben.

Entgeistert blickte ich ihm nach. Was um alles in der Welt war hier gerade passiert?

Ich wusste nicht wie lange ich da gestanden hatte und starr in die Richtung blickte in die Sunny verschwunden war, als plötzlich mein Handy aufleuchtete. Ich nahm es in die Hand und öffnete die Nachricht. Sie war von Salah und beinhaltete folgendes:

Kommt zu unserem Hauptquartier. Es ist zu gefährlich geworden. Ihr seid bei uns sicherer.

Ich blickte nach oben in die Richtung in die Sunny verschwunden war, dann auf die Uhr. Es war mitten in der Nacht und ich war nicht sehr erpicht jetzt noch ins Auto zu steigen. Ich würde vor Müdigkeit am Steuer einschlafen. Zumindest redete ich mir das ein. In Wahrheit wollte ich nur eine erneute Konfrontation mit Dima vermeiden.

Als die Sonne ihre ersten Strahlen in mein Schlafzimmer warf, war ich schon lange wach. Ich hatte nicht gut geschlafen und die ganze Nacht lang über Dima nachgedacht. Vom Schlafmangel schlecht gelaunt stieß ich missmutig die Tür zu Dimas Zimmer auf.

„Aufstehen", brummte ich nur.

Als wir beide angezogen waren stiegen wir beide ins Auto und ich machte mich auf den Weg Richtung Salahs Wohnung. Ich hatte Dima nur die Nachricht von ihm gezeigt. Worte hatten wir noch keine gewechselt. Wir schwiegen uns gegenseitig an bis wir am Ziel angekommen waren. Ich stieg aus ohne auf Sunny zu warten und betrat die Wohnung.

Den restlichen Tag verbrachten wir beide so weit wie möglich voneinander entfernt, soweit es die Wohnung eben zuließ.

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Bevor ichs vergesse: Happy Pride Month an alle:)

Started from the BottomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt