Das stärkste Mädchen der Welt

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- Krankheit der Stunde: Klaustrophobie, allgemeine Angst?; Triggerwarnung: Klaustrophobie -

Jetzt springen wir ein oder zwei Jahre weiter. Ich bin noch nicht eingeschult, aber nicht mehr ganz so klein. Und nicht mehr ganz so unbedarft darin, meinen Kopf durchzusetzen.

Wir sind im Krankenhaus, denn ich soll in die Röhre. Ich weiß nicht mehr genau, welche, denke aber, es war ein simpler CT-Scan.

Simpel vielleicht, wäre da nicht die Tatsache, dass das eine große, finstere und offenbar auch laute Röhre ist. Und ich da ganz rein muss. Nicht nur mit dem Kopf, nicht nur mit den Füßen, komplett. Nein, stimmt nicht. Meine nackten Füße dürfen rausschauen, damit meine Mama mir statt der Hand den Fuß halten kann.

Der Arzt versucht, mich zu beruhigen. Das werde zwar ein wenig laut werden, aber mir könne nichts passieren. Hat der eine Ahnung. Das ist eng und dunkel und rund und alles, was ich nicht mag. Außerdem muss ich stillliegen. Etwas, was ich so gar nicht kann. Denn genau dann, zuckt der Körper doch extra. Man merkt Jucken schlimmer. Alles kribbelt, alles will bewegt werden.

Als ich nicht auf die Liege hoch will, versucht dieser Leibhaftige - also der Arzt - doch wirklich, mich da hoch zu heben?

Ich bin zu schnell und kann ihm in die andere Ecke des Raumes entwischen. Zu meinem Unglück ist da aber ein Krankenpfleger, der dem Arzt helfen will. Er packt mich. Nicht unsanft, glaube ich, aber ich wehre mich dennoch. Letzten Endes trete, kratze und beiße ich gegen gleich drei Leute an, denn meine Mutter will mich ja auch in der Röhre wissen. Nur deshalb sind wir hierher gekommen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der mich drei Erwachsene mit vereinten Kräften aber immer noch nicht in dieses Monstrum haben stecken können, geben sie auf. Wir sollen uns einen neuen Termin geben lassen.

Falls du das hier je liest, Mama, kann es sein, dass du mir beim zweiten Termin Beruhigungsmittel untergejubelt hast? An den kann ich mich nicht mehr erinnern. An absolut nichts. Und, dass ich mich da nicht wieder gewehrt habe, erscheint mir doch sehr unwahrscheinlich.

Aber auch das ist ein Moment meines Lebens, der mir immer wieder Mut gibt, wenn ich daran denke. Wie das kleine Mädchen drei Erwachsene überwinden konnte, um ihren Kopf durchzusetzen. In meinen schlimmsten Augenblicken erinnere ich mich daran, dass die Kleine da immer noch in mir drin sein muss. Und,  dass sie aufwachen wird, wenn ich sie wirklich brauche.

Unter drei AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt