Kapitel 1

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Mit Kopfhörern in den Ohren warte ich darauf, dass das Flugzeug endlich abhebt. Wir haben bereits 20 Minuten Verspätung und müssen noch auf zwei Idioten warten, die meinen zu spät kommen zu müssen. Und die sitzen natürlich neben mir. Da bucht man sich mal erste Klasse und dann hat man so nervige Leute neben sich. Ich hoffe wenigstens, dass es normale Leute sind und ich während des Fluges nicht gestört werde. Müde schließe ich meine Augen, als zwei Männer reingehastet kommen, sich bei dem Flugbegleitern entschuldigen und dann schnell ihr Handgepäck verstauen. ,,Entschuldigung, wir müssen einmal hier durch", sagt der Dunkelhaarige. Freundlich mache ich platz und muster die zwei kurz. Irgendwie kommen die mir bekannt vor. ,,Diese Scheiß Fans", flucht der Blonde, lässt sich am Fensterplatz nieder und schnallt sich an. Ein Promi also. Gernevt verdrehe ich die Augen und lehne mich zurück. Die Sicherheitseinweisung muss ich wirklich nicht anschauen, so oft wie ich schon geflogen bin.

Ein Ruckeln lässt mich aus meinem Halbschlaf hochfahren. ,,Nur ein Luftloch", murmel ich beruhigend vor mich hin. Ich mag fliegen nicht. Mag das Gefühl nicht, vom Land weg zu sein und zu wissen, dass man hier eingesperrt ist und nicht einfach rauskann. Ein weiteres, stärkeres Ruckeln. Nervös sehe ich mich um, doch niemand scheint beunruhigt zu sein. Kurz erhasche ich einen Blick aus dem Fenster. Schwarze Wolken hüllen uns ein und ein weiteres Ruckeln. So langsam werden auch die anderen Fluggäste unsicher. ,,Meine Damen und Herren, hier spricht der Kapitän, wir haben leider ein paar Probleme mit dem Wetter, ich bitte Sie ruhig sitzen zu bleiben und auf eventuelle Anweisungen der Flugbegleiter zu hören. Vielen Dank." Ein weiteres Ruckeln und das Flugzeug sinkt etwas. Ich spüre wie das Flugzeug etwas schwankt. ,,Na toll, da will man einmal einen geilen Urlaub mit seinem Kumpel verbringen und dann sowas", schimpft der Blonde aus meiner Reihe. ,,Beruhig dich, Marco. Niemand hat gesagt, dass wir abstürzen." Marco heißt der Kerl also. Ein starkes Wackeln und lautes Krachen bringt ein paar zum aufschreien. ,,Hier spricht nochmal Ihr Kapitän, auf Grund starker Turbulenzen bitten wir Sie sicherheitshalber die Schwimmwesten anzuziehen und ruhig sitzen zu bleiben. Sollte es zu einer Notlandung kommen, machen Sie sich jetzt schon mal mit dem nächsten Ausgang vertraut." Panisch kramen alle die Schwimmwesten hervor. Schnell lege ich mir das Ding um und lehne mich zurück. Ich rechne nicht damit, das hier zu überleben. Vielleicht bin ich pessimistisch, doch so wurde ich erzogen. ,,Hey, alles gut bei dir?" Ich öffne meine Augen wieder und sehe den Dunkelhaarigen neben mir an. ,,Geht schon." ,,Keine Sorge. Ich glaube fest an den Piloten." Ich nicke dankbar. So langsam bekomme ich auch Panik. Das Ruckeln und Wackeln wird stärker und wir verlieren immer mehr am Höhe. Der Lautsprecher knackt und die Stimme des Piloten ertönt wieder. ,,Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Notlanden müssen. Ich bitte alle, solange auf den Plätzen zu bleiben, bis die Flugbegleiter die Türen öffnen. Hilfe ist bereits unterwegs." Mit einem Mal verliert das Flugzeug steil an Höhe und das Kreischen wird lauter. Zwanghaft blende ich alles aus, konzentriere mich darauf nicht zu hyperventilieren. Fest umgreife ich meinen Rucksack, während die ersten Leute schon panisch aufstehen und die Flugbegleiter versuchen alles unter Kontrolle zu bekommen. ,,Hey." Der Dunkelhaarige tippt mich an. ,,Willst du den Scheiß hier überleben?" Ich nicke schwach. ,,Drück dich an der Stewardess vorbei. Dann stehen wir direkt an der Tür." Ich sehe mich um. Das macht Sinn und ab jetzt gilt: Jeder kämpft für sich. Vorsichtig drücke ich mich an der Frau vorbei, welche das gar nicht richtig mitbekommt, da sie viel zu sehr mit einer hysterischen Frau beschäftigt ist. Kurz darauf stehen wir zu dritt im Vorraum zum Cockpit. ,,Ich bitte Sie, wieder zurückzugehen", weißt uns ein Flugbegleiter streng zurecht. ,,Jetzt hören Sie mir mal zu. Mein Name ist Marco Reus und das da ist Mats Hummels. Was glauben Sie passiert wenn wir draufgehen?" Fußballspieler also. Da hätte ich auch drauf kommen können. Bevor noch jemand was sagen kann gibt es einen lauten Knall und ich werde unsanft gegen Mats Hummels geschleudert. Kaum stehe ich wieder richtig, als die Tür geöffnet und die aufblasbare Rutsche installiert wird. Mehrere Rettungsinseln werden rausgeworfen. Ängstlich sehe ich nach draußen. Es regnet in Strömen und weit und breit ist nur das offene Meer zu sehen. ,,Sie können jetzt raus. Schwimmen Sie zu einer Rettungsinsel und warten Sie auf Hilfe." Der kleinere Fußballspieler springt ohne zu zögern auf die Rutsche, landet im Wasser und schwimmt zu einer Rettungsinsel. Zitternd stehe ich immernoch im Flugzeug. ,,Los. Ich bin direkt hinter dir", ermutigt mich dieser Mats. Glaube ich zumindest, dass er das war. Fest schließe ich meine Augen und springe. Erst lande ich weich doch dann werde ich von eiskalten Wasser umspült. Panisch verliere ich die Orientierung, spüre das Brennen in meinen Augen und schmecke das Salz. Nachdem ich wieder die Kontrolle über meinen Körper habe, sehe ich mich um. ,,Hey", ruft jemand und ich sehe mich nach der Quelle der Stimme um. Der Dunkelhaarige aus dem Flugzeug hängt an einer Rettungsinseln und winkt mich zu sich. Mit ein paar kräftigen Schwimmzügen bin ich dort angelangt und halte mich an dem Gummi fest. Die zwei Männer ziehen mich rein und hustend versuche ich das Salzwasser aus meiner Lunge zu bekommen. Sofort vergewisser ich mich, dass mein Rucksack noch da ist, den ich die ganze Zeit nicht losgelassen habe. Wer weiß wie lange wir hier noch rumtreiben? Nervös sehe ich nach draußen. Das Flugzeug ist gebrochen und aus allen Ausgängen strömen die Menschen raus, während es erschreckend schnell sinkt. ,,Wir müssen vom Flugzeug weg", sage ich, nehme mir eine Schnur und lasse mich wieder ins Wasser gleiten. ,,Wieso?", fragt Mats Hummels nach. ,,Der Sog wird uns mit in die Tiefe reißen. Wir brauchen so viel Abstand wie möglich. Auch von den Turbinen", rufe ich ihm durch den Lärm zu. Sofort erkennt er die Situation, nimmt sich ebenfalls eine der Leinen, welche außen hängen und kommt zu mir ins Wasser. Mit kräftigen Schwimmzügen befördern wir das orangene Gummiteil immer weiter vom Flugzeug weg. Mit der Zeit werden meine Beine immer schwerer, da das Adrenalin abnimmt. ,,Das sollte reichen", sage ich mit kratzender Stimme. Das Flugzeug ist kaum noch zu sehen. ,,Denke ich auch. Lass uns wieder reingehen. Marco?" Der Blonde steckt seinen Kopf aus der Plane. ,,Hilf uns mal." Erst zieht er Mats rein und anschließend helfen die beiden mir wieder ins Innere zu gelangen. Erschöpft lehne ich mich gegen die Außenwand. ,,Hier. Trink was." Ich nehme die Flasche vom Mats an und nehme ein paar wohltuende Schlucke. ,,Wir sollten uns etwas ausruhen", sagt jemand noch, bevor ich bereits wegdämmer.

SolitaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt