Ich hatte beinahe die ganze Nacht dagestanden und einfach nur auf das schwarze Eisengitter geschaut. Ihr Anwesen hier in Venedig war wirklich .. pompös, aber was hatte ich auch anders von Beth erwartet? Sie umgab sich gern mit teuren Dingen und lebte gern das Luxusleben, aber das hatte dennoch nicht ihren Charakter verändert. Kein Geld der Welt würde das schaffen. Das Haus war wirklich wunderschön und typisch italienisch mit diesem Flair und dem Charme. Ein Balkon verlief im ersten Stock einmal ums komplette Haus herum und im Innenhof war ein wunderschöner Garten angelegt mit einem Springbrunnen. Eingezäunt wurde das Alles mit diesem besagten schwarzen Gitter im Florentiner Stil. Ich hatte beobachtet, wie die Sonne aufgegangen war und das Alles in ein warmes Licht getaucht hatte. Und um ehrlich zu sein konnte ich es kaum glauben. Ich hatte sie wirklich gefunden. Endlich und sie hatte sich nicht wirklich versteckt.
Während ich so meinen Gedanken nachhing drehte ich den Ring an meinem Finger und schaute auf meine Hand, die mit schwarzer Tinte bemalt waren. Als ich so die Rose betrachtete musste ich daran denken, wie gern Beth die Linien nachgefahren hatte und jedes einzelne der Blütenblätter geküsst hatte. Ihr zierliche Hand in meiner war das wohl schönste Gefühl, dass ich mir vorstellen konnte. Sie hatte zu mir gehört und würde es wohl noch, wenn ich nicht so ein Idiot gewesen wäre. Ein totaler Arsch. Ich liebte sie und das würde sich auch nie ändern, egal welche Entscheidungen Beth treffen würde.
Eine leise Melodie holte mich aus meinen Gedanken und ich sah nach oben. Ein Fenster wurde geöffnet und Musik drang heraus. Ein leises Klavierspiel. Bitter Sweet Symphonie.Das hatte ich für sie beim Abendessen gespielt. Sie hatte auf der Couch gesessen und mir zugehört. Die leisen Klänge waren so wunderschön und doch so traurig. Fuck. Ich schluckte und trat näher an das Gitter und sah nach oben zum offenen Fenster.
"Hallo Elijah"
Ich wirbelte herum und da stand sie. Im Schatten der großen Weide. Ich war absolut gefesselt von ihrem Anblick und ich konnte jeden Mann verstehen, der sie angeschmachtet hatte. Sie war eine wahre Schönheit, wie von Engeln gemacht. Sie trug einen purpurroten, kurzen Morgenmantel aus Seide der ihre Kurven umschmeichelte. Ein kleiner Ausschnitt ließ erahnen, was sie darunter trug. Schwarze Spitzenunterwäsche, so wie ich sie kannte. Ihr Dekolleté zierte eine feine silberne Kette mit einem Kreuz als Anhänger. Ihre schwarzen Haare umrahmten ihr Gesicht und fielen wie ein Wasserfall über ihren Rücken. Ihre Augen glühten, aber es war keinerlei Emotion darin zu erkennen. Sie waren eiskalt und Ausdruckslos. Wie der Tod selbst.Barfuß lief sie den Weg entlang. Langsam und sie verfolgte jede meiner Bewegungen. Ich hatte absolut keine Ahnung, was ich sagen sollte oder wie ich mich verhalten sollte. Sie Griff in die Tasche ihres Morgenmantels und zog eine schneeweiße Schachtel heraus. Mit einer flüssigen Bewegung steckte sie sich eine Zigarette in den Mund und mit einem Fingerschnipsen war sie angezündet. Sie bließ den Rauch in die frische Morgenluft und blieb einen halben Meter vor mir stehen. Ich konnte nichts anders machen, als sie anzusehen. Mir jedes Detail einzubilden, weil ich sie nicht einschätzen konnte. Würde sie gleich verschwinden? Würde sie mir das Herz aus der Brust reißen? Was würde sie tun? Ich schluckte und ging einen Schritt auf sie zu, prallte aber an dem Eisentor ab.
Sie grinste und zog an ihrer Zigarette "Das funktioniert nicht. Dieses Haus gehört Poppy und nur sie kann jemanden hereinbitten. Zu blöd, dass sie in London ist"
Ihre Stimme war kratzig und doch so sanft und zart.
"Hat es dir die Sprache verschlagen?" fragte Beth und kam einen Schritt auf mich zu. Sie blieb mir den Rauch ihrer Zigarette ins Gesicht. Als sich ihr Mund zu einem Lächeln verzog blitzen ihre weißen Zähne hervor und ihre Fangzähne bohrten sich in ihre Unterlippe. Ihre Zunge strich über ihre Unterlippe und sie legte den Kopf schief "Der große Elijah weiß nicht was er sagen soll"
Sie verspottete mich und sie hatte jedes Recht dazu. Und sie hatte Recht. Ich wusste wirklich nicht was ich sagen sollte, weil ich auch nicht damit gerechnet hatte, dass sie mit mir reden würde. Jedes Mal, wenn ich mich ihr hier in Venedig genähert hatte war sie verschwunden, denn sie wusste ganz genau, dass ich in der Nähe war.
Beth trat noch einen Schritt näher und sah mich an. Gott war sie schön. Ich wollte durch ihre Haare streichen und meine Hand in ihren Nacken legen. Ihren Kopf ein wenig zur Seite beugen und ihren Hals küssen.
Als ich sie so ansah wollte ich sie fragen, wie es ihr geht. Was sie die letzten Monate gemacht hatte und warum sie sich Venedig ausgesucht hatte. Ob sie mich noch liebte .. aber wie konnte man ein Monster wie mich lieben? Ich hatte sie zerstört und von London weggetrieben. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie sie sich fühlen musste.
"Wenn du nur hier bist um mich anzustarren, dann kannst du dich wieder verpissen. Du hast genügend Fotos von mir. Weißt du, als ich dich gesehen habe, habe ich kurz mit dem Gedanken gespielt ich einfach in Brad zu stecken" sie trat ganz nah ans Gitter und war nur noch Zentimeter von mir entfernt. Sie zog ein letztes Mal an ihrer Zigarette und schnippte den Stummel auf den Boden.
"Warum tust du es dann nicht?" fragte ich und vergrub meine Hände in den Hosentaschen. Sie zuckte mit den Schultern und sah auf ihre Hände. Zarte Flammen erschienen auf ihrer Handfläche und tanzten mit dem Wind. Sie sah mich an "Wenn ich das tun würde Elijah, dann wäre ich genauso ein abgefucktes Monster wie du. Der Tod wäre für dich keine Bestrafung. Eher ein unendliches Leben mit dem schlechten Gewissen und dem gebrochenen Herzen" grinste sie und strich sich verführerisch mit der Hand über den Hals und über ihre Brust "Du sollst so leiden wie ich"
Ich schluckte und sah sie an. Meine Augen verfolgten ihre Bewegungen. Was würde ich jetzt dafür tun um Alles rückgängig zu machen.
"Du kannst es nicht oder?" fragte ich und ich wusste, dass das riskant war von mir. Sie war unberechenbar und wenn man sie provozierte, dann machte sie erst recht das, was falsch war.
Sie sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich konnte hören, wie sich ihr Herzschlag verschnellerte.
"Du tust es nicht, weil du es nicht übers Herz bringst mir etwas anzutun, nicht wahr?" Dünnes Eis Elijah, ganz dünnes Eis. Ich hörte es schon knacken.
"Denkst du Allen Ernstes, dass ich das wegen dir tue? Wie arrogant und selbstverliebt bist du eigentlich?" ihre Stimme war lauter und eine Oktave höher. Sie war aufgeregt und dennoch konnte ich keinerlei Emotionen oder Gefühle in ihren Augen erkennen. Sie waren kalt "Du verdienst den Tod nicht, also bilde dir nicht ein, ich würde es tun, weil ich dir nicht wehtun will. Das will ich sogar sehr gern, Elijah. Ich stelle es mir jeden Tag vor, wie ich dabei zusehe, wie du zu Asche verbrennst oder mich mit leeren Augen ansiehst und ich dein Herz in der Hand halte"
"Jeden Tag?" fragte ich und legte den Kopf schief. Also dachte sie jeden Tag an mich? Zwar nicht wirklich im guten Sinne, aber sie dachte an mich. War das nicht gut?
Doch dann fing sie an zu kichern und biss sich auf die Unterlippe "Du denkst, ich tue es nicht, weil ich dich noch liebe?"
Sie lachte mich aus. Dachte ich das wirklich? Ein kleiner Teil hoffte es, aber wirklich glauben tat ich das nicht. Nein.
"Weißt du Elijah. Seitdem ich die Schule verlassen habe, habe ich aufgehört irgendwas zu fühlen und das ist einfach großartig. Du stehst hier und das bedeutet mir einfach gar nichts. Ich sehe dich an und sehe diesen unheimlich attraktiven Mann, aber mehr" sie deutete auf ihr Herz "ist da nicht. Und weißt du was das schön ist, du bist selber dran schuld. Du hast dieses eiskalte Monster selbst erschaffen, Elijah. Das Biest, dass keine Empfindungen hat und dem es Spaß macht Unschuldige zu töten, also im Grunde geht jedes meiner Opfer auf deine Kappe" Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem Grinsen "Hättest du es mir erzählt, von dir aus hätte ich dir vielleicht vergeben können, aber durch diese Umstände ist das anders. Also warum gehst du nicht einfach zurück nach London und fristest dein einsames Leben irgendwo"
"Ich kann nicht. Ich muss .. das mit dir klären. Ich .. kann nicht einfach so aufgeben. Ich kann dich nicht aufgeben" sagte ich und legte meine Hände um die dünnen Gitterstäbe. Sie lachte auf und legte den Kopf schief "Das solltest du aber, weil ich es auch bereits getan habe. Du solltest deine Gefühle auch ausschalten, das fühlt sich toll an"
"Das kann ich nicht. Ich kann nicht einfach meine Liebe zu dir ausschalten und alles aufgeben"
"Wo soll dieses Gespräch hinführen? Du bist Schuld an dem ganzen Bullshit. Hast du im Ernst geglaubt, dass sich irgendwann ändern wird, wenn du hier auftauchst?" kicherte sie und ich zuckte mit den Schultern "Irgendwie wohl schon"
"Das ist ja wirklich herzallerliebst. Ich rate dir einfach zurück nach London zu fliegen und dir eine andere zu suchen, mit der du glücklich sein kannst. Nein nicht glücklich, das verdienst du nicht, aber ein bisschen Spaß kann ich dir ja nicht verbieten, also. Verschwinde einfach aus Venedig. Ich hab dir schon damals gesagt, dass ich dich nie wiedersehen will, Elijah"
"Ich bin nicht nur wegen mir hier" versuchte ich das Gespräch irgendwie am Laufen zu halten. Immerhin redete sie mit mir, das war doch schon mal ein Fortschritt oder nicht?
"Ach. Dann sag den anderen einfach genau das, was ich dir gerade gesagt habe und du kannst ihnen gern erzählen, dass es mir gut geht und ich mein Leben in vollen Zügen genieße" sie trat so nah an mich heran, dass ich den Stoff ihres Morgenmantels an meinen Händen spüren konnte.
"Chiao Chioa, Baby" hauchte sie und leckte sich verführerisch über die Unterlippe. Und dann war sie verschwunden. Wie als wäre sie nicht da gewesen. Ich stand einfach nur da und starrte auf den Fleck, an dem sie gerade noch gestanden hatte. Ihr Parfüm hing in der Luft und ich konnte noch immer die Seide auf meiner Haut spüren. Die Musik oben war verstummt und das Fenster verschlossen."Fuck" fluchte ich und schlug mit der Hand auf das Gitter. Du bist so ein Idiot Elijah. Ein absoluter Arsch. Ich hatte die erste Chance so vermasselt, schlimmer ging es fast nicht. Fluchend stapfte ich den Kanal entlang und ließ das Gespräch nochmal durch meinen Kopf laufen. Das war absolut sinnlos gewesen. Das Einzige was ich jetzt wusste war, dass sie mich nicht tötete um mich leiden zu lassen, so wie sie gelitten hatte. Und dennoch hatte ich noch einen kleinen Funken Hoffnung, dass sie es nicht konnte, weil sie mich noch liebte. Das was zwischen uns war, konnte man nicht einfach so abstellen oder? Selbst dann nicht, wenn sie die Gefühle aus ihrem Körper verbannt hatte. Wir waren Seelenverwandte und füreinander bestimmt, oder nicht? Schöne Scheiße.
Mein Handy vibrierte in der Hosentasche und ich sah auf das Display. Das hatte mir gerade noch gefehlt "Was?" blaffte ich hinein und schob meine Sonnenbrille in meine Haare.
"Ja dir auch einen schönen guten Morgen"
Ich verdrehte die Augen. Jeden Tag bekam ich diesen Anruf und es nervte mich, aber ich konnte froh sein, dass er noch mit mir redete "Hast du sie gefunden?"
"Ja, ich hab sie gefunden Nick"
"Hast du mit ihr geredet?"
"Ja, hab ich, aber .."
"Du hast es vermasselt?" er klang irgendwie angepisst und das konnte ich verstehen. Ich war es ja auch. Ich war sogar ziemlich angepisst und wütend. Wütend auf mich und auf Luzifer und auf meinen Bruder.
"Sie .. Nick, ich hab keinerlei Gefühle in ihren Augen gesehen, sie ist eiskalt. Emotionslos. So kenne ich sie nicht" sagte ich seufzend und setzte mich auf eine Bank.
"Was hast du denn erwartet? Dass sie dich mit offenen Armen empfängt?"
In meiner Naivität hatte ich das wirklich geglaubt. Ich hatte mir vorgestellt, wie ich mit ihr reden würde und ihr Alles erklären konnte. So, dass es versteht und mich zurück nimmt, weil sie mich liebt und ich sie, aber .. wie konnte ich das glauben?
"Streng dich verdammt nochmal an Mann. Oder muss ich nach Italien kommen und das für dich in Ordnung bringen?"
"Jetzt beruhig dich doch mal. Das ist eine Sache zwischen mir und Beth, also .. ich bekomm das schon irgendwie hin nur weiß ich noch nicht wie"
"Dann lass dir mal was einfallen. Beth ist Familie geworden und es macht uns Alle wahnsinnig nichts von ihr zu hören"
"Ich weiß Nick" stöhnte ich und rieb mir über die Stirn. Ich stützte meinen Kopf in meine Hand und kniff meine Augen zusammen.
"Wie geht es ihr denn?" fragte Nick dann etwas ruhiger und es herrschte kurzes Schweigen.
"Ich denke gut. Sie .. sieht umwerfend aus wie immer. Sie wohnt hier in einem wirklich schönen Haus und ich denke es fehlt ihr an nichts. Sie hat wieder angefangen zu rauchen. Ich kann nur hoffen, dass sie nicht in ihre alten Gewohnheiten zurück verfällt" sagte ich und drückte das Handy an mein Ohr.
"Das wird sie nicht und wenn doch .. sterben kann sie daran nicht mehr. Aber ich denke, das war ihr eine Lehre"
Vermutlich hatte er Recht und ich konnte es ihr nicht verübeln, auch wenn es mir nicht gefiel sie Rauchen zu sehen. Allerdings sah es wahnsinnig sexy an ihr aus, warum auch immer.
"Immerhin hast du sie gefunden" sagte Nick und da konnte ich nur zustimmen. Ich hatte ja ziemlich lang nach ihr gesucht und dann endlich hatte ich sie hier gefunden.
"Okay Nick, ich muss jetzt auflegen. Hier treibt sich irgendwo ein Urwesen rum. Ich kann es riechen. Außerdem hab ich Hunger" sagte ich und verabschiedete mich von ihm.Ich steckte mein Handy weg und stand auf. Dank meinem Vampirgehör wusste ich sofort, wo das Wesen war. Ich griff nach dem Dolch in meiner hinteren Hosentasche und spähte um die Ecke. Asche und Feuer. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken, aber das war normal. Ich hielt den Dolch fest in der Hand und konzentrierte mich, was mir gar nicht so leicht fiel, weil ich immer nur an Beth denken musste. Scheiße. Aber ich nutze meine Wut auf mich und auf Alles und Jeden. Ich stapfte auf das Urwesen zu und fletschte die Zähne. Es fauchte mich an, aber das konnte mich nicht beeindrucken. Mit nur einem gezielten Schlag brach ich dem Urwesen das Genick und trieb den Dolch in seine Brust. Es zerfiel zu Staub und wurde vom Wind ins Wasser geblasen. Ich schaute auf den Fleck und ballte meine Hände zu Fäusten. Dann machte ich kehrt und suchte mir ein kleines Café, wo ich mir was zu essen bestellte und meinen Kaffee mit Blut mischte. Ich überlegte fieberhaft, wie ich das mit Beth wieder hinbekommen sollte. Alles versank in Chaos und auch ich versank in meiner Wut und meinem Selbstmitleid. Das war alles einfach nur krank. Wie sollte ich das wieder hinbekommen? Wie?
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Burning Sky
VampirosBand 2 zu Hellfire „Ist das schon Alles?" brüllte ich und sah zum Himmel „Du kannst mich nicht aufhalten, Lucifer. Niemand kann das" Für einen kleinen Moment war es still, aber dann hörte ich ein lautes Lachen, dass aus der Finsternis zu kommen sch...