NEUNUNDZWANZIG

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Ich sah Raphael an und wusste im ersten Moment nicht, ob ich lachen oder schreien sollte. Oder doch lieber Weinen? Mir wuchs das Alles hier über den Kopf und mir war schon ganz schwindlig von den ganzen neuen Informationen und jetzt das.

„Das ist ein Scherz" krächzte ich, aber Raphael schüttelte den Kopf.

„Ein Nephilim ist halb Mensch und halb Engel und ich bin kein Mensch" sagte ich und sah die beiden Engel an. Raphael seufzte und nahm meine Hand „Du denkst viel zu kompliziert, Elisabeth. Jeder Vampir ist von Geburt an ein Mensch. So auch du. Und selbst ein Vampirgen oder Hexengen kann das Blut eines Engels nicht auslöschen oder verdrängen. Die Engelsmacht ist die stärkste, die existiert" sagte er und sah mich eindringlich an.

„Du weißt, dass sich das absolut absurd anhört oder? Ich bin das komplette Gegenteil eines Engels, Raphael. Ich habe Menschen getötet und ich trinke Blut um zu überleben. Ich hab eine turbulente Vergangenheit und das hat absolut nichts mit dem Engelhaften zu tun"

Cas schmunzelte und verschränkte die Arme „Beth. Nur weil man ein Engel ist, heißt das noch lange nicht, dass man nur Gutes tut. Nimm Luzifer höchstpersönlich. Er war ein strahlender Engel und jetzt ist er der Herrscher der Hölle. Der Teufel und dennoch fließt in ihm das Blut eines Erzengels"

„Und woher soll ich wissen, dass ihr die Wahrheit sagt?" fragte ich und Raphael sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er trat einen Schritt von mir zurück und einen Moment später wurde das Zimmer von einem gleisenden Licht erfüllt. Ich konnte die Magie in der Luft spüren und ich wurde wie magnetisch von ihr angezogen.

Raphael stand in mitten dem Büro meines Bruders und offenbarte mir die absolute Wahrheit. Die Wahrheit, die ich nicht glauben wollte, aber es war so. Bis vor ein paar Minuten hätte ich nicht im Leben daran gedacht, dass es Engel gibt und Nephilim schon gar nicht.

Zwei wunderschöne, schneeweiße Flügel spannten sich hinter Raphael auf und füllten beinahe den ganzen Raum aus. Noch nie hatte ich etwas schöneres gesehen, als das.

„Das ist unmöglich" wisperte ich leise und schüttelte den Kopf. Der Engel lachte und streckte seine Hand nach mir aus „Nichts ist unmöglich, Elisabeth"

Ich ließ meine Hand in die seine gleiten und ich spürte die Macht, die uns Verband. Ich schloss meine Augen und ließ mich einfach Fallen. Meine Haut begann zu kribbeln und das Feuer in meinem Inneren loderte wie ein Waldbrand. Bis in die letzte Haarspitze konnte ich meine Magie fließen fühlen und die Wärme, die sie mit sich brachte, erfüllte jeden Zentimeter in meinem Körper.

„Öffne die Augen" eine Federleichte Berührung auf meiner Wange. Ich blinzelte ins Licht und sah zu Raphael nach oben. Und dann spürte ich sie.

Als ich ein kleines Mädchen war hatte ich mir immer gewünscht, ich könnte mich in eine Elfe verwandeln und durchs Zimmer fliegen, wie die kleinen Wesen aus meinen Büchern. Oft hatte ich mir vorgestellt, wie es wohl sein mochte und jetzt wusste ich, wie es war. Wie es war Flügel zu haben.

Zu meiner Rechten und Linken Seite erstreckten sich wunderschöne, weiche, Graue Schwingen. Die Feder schimmerten beinahe wie Silber im Licht und ließen sie nur noch magischer wirken, als sie sowieso schon waren. Vorsichtig strich ich mit meiner Hand über die Federn. Es war ein Merkwürdiges Gefühl sich vorzustellen, dass sie aus meinem Rücken kamen und noch komischer war es, dass ich es spüren konnte, wie ich meine eigenen Federn berührte.

„Sie sind wunderschön" wisperte ich leise und versuchte meine Flügel zu bewegen. Ein Windstoß fegte durchs Zimmer und ließ die Blätter nur so durch die Luft wirbeln. Ich musste lachen und schüttelte den Kopf „Das ist unmöglich, aber .. wie .. wieso jetzt?" fragte ich und Raphael ließ meine Hand los. Und mit ihm verschwanden auch meine Flügel.

Burning SkyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt