Es gibt doch zumindest einen netten Vampir

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Mittlerweile waren weitere fünf Tage vergangen. Einmal am Tag kam einer der Wachen zu mir und brachte mir etwas zu Essen. Ansonsten hatte sich nichts verändert. Okay, eine Spinne hatte ein neues Netzt gesponnen, aber sonst war wirklich alles unverändert.

Ich saß mit dem Rücken an die feuchte Wand gelehnt und starrte an die Decke, völlig in Gedanken versunken.

Gestern Mittag hatte mich Felix raus gelassen, damit ich duschen konnte. Und heute Morgen kam niemand der mir etwas zu Essen gebracht hatte... Ich wusste ganz genau, was das zu bedeuten hatte: Aro hatte wieder Durst.

Man war der verfressen! Trank er eigentlich kein anderes Blut mehr? Nur noch das seines........ es widerte mich schon allein der Gedanke an, dass er so über mich dachte...........Blutspenders. Arg! In mir stieg fast so etwas wie Schadenfreude auf, als mir einfiel, dass er meine Gedanken lesen konnte, wenn er mich berührte. Dann würde er endlich mal wieder sehen, was ich von ihm hielt.

Er war kein bisschen besser, als diese ekelhaften Penner, die auf der Straße saßen und um Geld bettelten. Jeden Tag aufs Neue. Die tranken auch immer bloß aus demselben Becher, den sie sich immer mitbrachten, meistens mit heißem Kaffee, besonders im Winter. Und ich war Aros Becher. So ein Idiot!, schoss es mir durch den Kopf.

Dass er bloß glaubte, dass ich mich bessern würde, zeigte nur wieder einmal, wie starrköpfig er war. Er wollte offensichtlich, dass ich ihm seinen Wunsch erfüllte. Ein kleines, wehrloses und ihn respektierendes Mädchen sollte ich spielen. Das hatte ich noch nie getan, und das würde sich auch nie ändern! Auch wenn ich mir vorgenommen hatte, mich zu bessern, um Janes Folter zu entgehen. Ich hatte alle meine Vorsätze verworfen. Immerhin war das das einzigste, was Aro mir nicht nehmen konnte: meine Gedanken und meinen freien Willen, wie ich mich verhielt.

Er konnte mir keine Gedanken aufzwingen oder mich wie eine Marionette zum tanzen bringen! Ich würde mich ihm niemals ohne Widerstand fügen! Egal, was er tun würde!

Ich schloss die Augen und versuchte meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. etwas, worüber ich mir hier unten, nach mittlerweile fast drei Monaten, des Öfteren Gedanken gemacht hatte. Den Tod. Ich hatte meine ganz eigene Vorstellung davon.

Ich wollte in einem weißen, unendlichen Raum aufwachen. Ganz alleine. ohne Kummer, ohne Schmerz, ohne Angst und Trauer. Das einzigste was ich dann noch fühlen wollte, war Freude und Glück.

Nachdem ich ein Stück gegangen war, würde ein schöner, golden Umrahmter Spiegel, an dessen Rahmen grünes Efeu empor wuchs, vor mir auftauchen. Ich würde hinein sehen und mein ganzes Leben noch einmal sehen. Und ich würde stolz auf mich sein können. Immerhin hatte ich ein schönes Leben gehabt, bis mich die Volturi entführt hatten. Aber selbst auf mein Verhalten das ich hier gezeigt hatte, konnte ich stolz sein. Ich hatte mich nicht einfach unterkriegen lassen und hatte gekämpft. Bis zum Tod. Auch wenn immer wieder mal mit kleinen Aussetzern, aber ich hatte mich immer wieder aufgerappelt und weiter gekämpft, vielleicht auch, weil mir nichts anderes übrig geblieben war. Aber immerhin hatte ich gekämpft.

Und dann, würde mein Spiegelbild mich anlächeln und die Hand nach mir ausstrecken, aus dem Spiegel heraus. Ich würde seine Hand nehmen und ihm Spiegel in einem Aufblitzen weißen Lichtes verschwinden und die Welten wechseln...

Ich lächelte bei dem Gedanken, wie angenehm und friedlich der Tod doch sein könnte. Die Erlösung, der Schlüssel in die Freiheit. Ich ersehnte den Tod. Doch mir war bewusst, dass ich noch durchhalten musste. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wieso oder für wen. Für Aro ganz sicher nicht! Ich öffnete wieder die Augen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich sie überhaupt geschlossen gehabt hatte.

„Layla?“ fragte eine sanfte, aber dennoch fast kindliche Stimme. Ich kannte nur eine ähnliche Stimme. Die von Jane. War das etwa ihr Bruder? Alec? Er war ungefähr fünfzehn, vom Äußeren her, versteht sich. Und sah extrem gut aus... Ich schüttelte den Gedanken aber sofort wieder ab.

Der BlutspenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt