Nichts wie weg hier!

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Plötzlich griff eine Hand nach meiner und zog mich weg. Ich rannte sofort hinter Henry her. Jetzt konnten wir nur noch fliehen. Fragte sich nur, wie lange das gut gehen würde. Mich überkam Panik, als die Schritte sich näherten. Ich wollte mich umdrehen um zu sehen, wer da hinter uns her rannte, aber andererseits wolle ich das gar nicht wissen.

"Wenn das wirklich Demetri ist, dann sind wir fällig!" flüsterte Henry mir gepresst zu. Ich sah ihn stumm an. "Er kann nicht nur unsere Spur überall hin verfolgen, er kann auch verdammt schnell rennen. Schneller als wir beide. Damit ist es nur eine Frage der Zeit, bis er uns eingeholt hat. Ist Felix bei ihm, sind wir doppelt geliefert. Er ist noch schneller als Demetri!" erklärte er mir. Ich schluckte schwer. Klar, Felix hatte verdammt lange Beine, damit fiel es ihm mehr als leicht, große Schritte zu machen.

Wir rasten so schnell wir nur konnten durch den Wald. Ich suchte immer wieder nach einem geeigneten Versteck, aber nichts schien mir gut genug. Allerdings würde das weltbeste Versteck kläglich versagen, wenn wir wirklich von Demetri verfolgt werden sollten. Je weiter wir rannten, desto näher kamen unsere Verfolger. Panisch drückte ich Henrys Hand fester. "Hab keine Angst, irgendwie werden wir schon entkommen. Das ist mir bisher auch immer gelungen." Er klang dabei erschreckend ruhig. Ich spürte, dass er mir etwas verschwieg. Vielleicht die Tatsache, dass Demetri ihm noch nie hinterher gerannt war.Aber jetzt war bei Gott nicht die Zeit dafür, über soetwas nachzudenken. Wir mussten hier weg, egal wie.

Wir mussten bereits durch halb England gerannt sein, denn es wurde bereits wieder hell. Zudem konnte ich mittlerweile wieder Salzwasser riechen, was ein unweigerliches Zeichen dafür war, dass wir der Küste wieder näher kamen. Auf unserem Weg durch die Städte hatten wir mehrmals in Abwasserkanälen, Wäldern und Ruinen versucht, unsere Verfolger abzuhängen. Aber immer wieder tauchten diese dann wieder auf, wenn wir glaubte, sie endlich los geworden zu sein. Ich verfiel zunehmend in Panik, während Henry versuchte ruhig zu bleiben und einen Ausweg zu finden.

Mittlerweile war ich bereits so verzweifelt, dass ich ernsthaft darüber nachdachte, wie ich mir selbst das Leben nehmen könnte. Selbst der Tod erschien mir angenehmer, als noch einmal in Gefangenschaft bei den Volturi leben zu müssen. Wäre ich noch ein Mensch gewesen, hätte ich vermutlich sogar begonnen, zu weinen.

Plötzlich traf mich etwas hart im Rücken. Ich verlor den halt und fiel hin. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass es Henry nicht anders erging. Auch er wurde zu Boden gerissen. Ich konnte nicht sehen, wer das gewesen war, aber das spielte auch keine Rolle. Ich begann sofort panisch um mich zu schlagen, in der Hoffnung, meinen Angreifer von mir weg zu bekommen. Es ging alles so furchtbar schnell, dass es mir als Vampir nicht möglich war, alles zu registrieren, was mit mir passierte. Ich wurde auf den Boden gedrückt und meine Arme wurden schmerzhaft auf meinen Rücken gedreht. Gequält schrie ich auf.

"Layla!" hörte ich Henry nur brüllen, als auch er auf den Boden genagelt wurde. Im selben Moment konnte ich endlich Demetri als meinen Angreifer ausmachen. Deshalb gab ich den Kampf auf und ließ mich widerstandlos von ihm wieder auf die Beine ziehen. "Lass mich los du Bastard!" fauchte Henry, als Felix auch ihn schließlich überwältigen konnte. "Layla, du hast viel mehr Kraft als Demetri! Wehr dich doch!" schrie er mir von Weitem zu. "Das bringt doch sowieso nichts!" schluchzte ich. Die beiden Volturi begannen nur zu lachen. "Wir werden euch immer wieder finden und einfangen. Wenn ihr euch weiterhin wehren solltet, dann liefern wir euch eben in eure Einzelteile zerlegt in Italien ab. Zusammensetzen kann man euch dann immer noch." Jane trat mit Alec an ihrer Seite hinter einer Baumgruppe hervor. Sie sah begeistert aus wie eh und je. Wie sehr ich sie doch hasste. Alleine ihr Anblick brachte mich zur Weißglut. Ich knurrte sie an. Sofort verpasste mir Demetri für meine Reaktion eine schallende Ohrfeige. Dies wiederum brachte Henry zum Ausrasten. Er knurrte und begann wieder um sich zu schlagen. Felix schlug sich nicht lange mit ihm herum. Er knallte ihn einfach auf den Boden, packte ihn am Arm und riss ihm diesen ab. Es gab einen furchtbaren Laut, ein metallisches Kreischen. Henry schrie vor Schmerz auf. "Noch so eine Aktion, und ich zerlege dich ganz." drohte Felix tödlich gelassen. Henry gab keinen Mucks mehr von sich. Ich konnte ihm ansehen, wie sehr er die Vier verfluchte. Wer weiß, was sie ihm alles angetan hatten.

"Gehen wir. Ich will nach Hause." meinte Jane, nachdem es wieder ruhiger geworden war. "Lasst die Beiden ja nicht los." Ich verstand noch immer nicht, wieso ein Riese wie Felix und ein Kämpfer wie Demetri sich von so einem Zwerg herum kommandieren ließen. Dass sie bloß Schiss vor ihrer Gabe hatten, glaubte ich jetzt weniger.

Wir waren eine gefühlte Ewigkeit unterwegs. Keine von uns sprach ein Wort. Alle liefen Jane hinter her, direkt neben ihr ging ihr Bruder. Er warf Henry und mir immer wieder misstrauische Blicke zu. Offensichtlich war er immer bereit dazu, einzugreifen, sollten wir Jane angreifen wollen. Als ob wie uns so einfach von Felix und Demetri losreisen könnten. Klar, Henry hatte recht; ich war stärker als Felix. Zumindest Momentan. Aber ich wollte nicht riskieren, genauso wie er einen Arm zu verlieren. Ich hatte seine Reaktion gesehen, ich wollte nicht auch solche Schmerzen erleiden müssen.

Schließlich in Italien angekommen wurden wir direkt in den Thronsaal geschleppt. Es war nicht der prunkvolle, aus weißem Marmor, in den die Touristen immer geführt wurden, sondern der unter der Erde. Er war viel einfacher gehalten, was aber der angst einflößenden Wirkung keinen Abbruch tat. Vor allem war der Raum hier kleiner, also auch der Platz zur Flucht geringer. Ich wollte gar nicht wissen, was nun passieren würde.

Kaum hatten wir den Raum betreten, wurden Henry und ich mehr als grob in die Mitte des Raumes geworfen. Wir landeten hart auf dem Boden, zu allem Überfluss warf Felix Henry seinen Arm an den Kopf. Ich sah ihm an, dass er am liebsten wieder aufgesprungen wäre und ihn angefallen hätte, aber ich sah ihn warnend an und packte ihn am Handgelenk. So etwas konnten wir jetzt weder gebrauchen noch riskieren. Sollte er einen der Vier tatsächlich angreifen, würden wir wohl beide mit dem Leben bezahlen müssen. Wenn wir das nicht bereits ohnehin für unsere Flucht tun sollten.

Wir sahen uns eine ganze Weile stumm an. Vielleicht sah es ja fast so aus, als würden wir durch unsere Gedanken kommunizieren, aber das war uns nicht möglich. Ich konnte nicht erkennen, was in ihm vorging. Genauso wie zu unserer Schulzeit. Da schien er auch immer so unnahbar gewesen zu sein. Er wollte wohl keinen Menschen an sich heran lassen. Aber da ich nun auch ein Vampir war, hatte sich seine Haltung mir gegenüber vollkommen geändert, was wohl nicht zuletzt daran lag, dass wir beide hier gefangen gewesen waren und so ziemlich dasselbe Schicksal teilten.

"Soso, da sind ja unsere beiden Ausreißer. Layla, von dir hätte ich so eine Aktion eigentlich nicht erwartet. Aber das wir Henry auch bei dir gefunden haben, erstaunt mich ein wenig. Ihr habt euch ja nie sonderlich gut verstanden." meldete sich Aro zu Wort. Henry war dieses mal wirklich drauf und dran, dem schwarzhaarigen Vampir an die Gurgel zu gehen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich dachte immerhin genauso. "Wie, die beiden haben sich nie sonderlich gut verstanden? Henry ist mindestens drei Mal so alt wie sie." Caius schien sichtlich verwirrt. "Soso, hast du Caius mal wieder nicht informiert?" stichelte Henry. Dabei traf er Aros Tonfall wirklich perfekt. Ich konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken. "Was soll das?! Sieht du?! Wegen deinen Spielchen machen sich die Beiden auch noch lustig über uns!" brüllte Caius. So blass, mit den weißen Haaren und den roten Augen wirkte er schon fas wie ein Albino. Irgendwie lustig.

"Lass die Beiden doch. Das wird ohnehin das letzte Mal sein, dass sie so eine Äußerung tätigen können." Aro schien Caius offensichtlich beschwichtigen zu wollen, aber wie nicht anders zu erwarten, ging er kein Stück weit darauf ein. Das interessierte allerdings weder Henry noch mich. Wir sahen uns nur schockiert in die Augen. Wir wussten beide, was Aros Aussage von soeben zu bedeuten hatte: wir würden diesen Raum nicht in einem Stück verlassen.
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Was wartet wohl nun auf die Beiden?
Gelingt es ihnen, doch noch lebend
aus dem Ganzen hier raus zu kommen?
Fortsetzung folgt...
(Am Montag ;D )

Der BlutspenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt