Ich bin KEIN Blutspender!

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Als ich mich noch fast im Halbschlaf befand und die Umgebung um mich herum langsam wieder am Rande wahrzunehmen begann, drangen leise Geräusche in mein Bewusstsein. Es war nur ein Wispern, den Ratten ähnlich wenn sie mal wieder quer durch den Kerker huschten und ihre üblichen Geräusche von sich gaben. 

Nachdem Felix mich hier her geschleppt hatte, war ich bei den kleinsten Geräuschen immer sofort hellwach gewesen. Doch nun war ich die ganze Situation gewöhnt. Ich hatte keine Angst mehr vor den verschiedensten Wachen die immer wieder mal hier unten ihre Runden liefen. Einsam war ich in dem menschenleeren Kerker auch nicht. Im Gegenteil: ich war ganz froh, wenn ich alleine war. Die einzigsten Gefühle die ich verspürte waren Heimweh, gelegentlich Schmerzen, Hunger, Durst und Kälte. Doch ich war alles gewöhnt und kam damit recht gut klar. Wenn ich vor knappen zwei Monaten noch gedacht hatte, in der Hölle gelandet zu sein und mich hier niemals eingewöhnen zu können, wusste ich nun, dass ich eindeutig falsch gelegen hatte.

Ich drehte mich auf die andere Seite und versuchte die Geräusche auszublenden. Doch wie um mich zu ärgern, wurden diese Geräusche lauter, je wacher ich wurde. Je lauter die Geräusche wurden, desto eher wachte ich ganz auf. Ein ewiger Kreislauf.

Ich lag auf der rechten Seite, der Wand zugewandt, als ich die Augen öffnete und den Geräuschen lauschte.

Das leise Geräusch das ich nicht wirklich irgendwo unterordnen konnte, würde langsam immer lauter und klarer. Bald erkannte ich, dass sich zwei Personen unterhielten. Die Stimmen waren so sanft und hell, dass es nur die stimmen zweier Vampire sein konnten. Ohne zu realisieren, was die Stimmen sagten, lauschte ich nur dem Klang der Stimmen und versuchte sie Personen zuzuordnen.  

Die tiefere stimme sagte irgendetwas zu einer noch tieferen Stimme. Die erste Stimme erkannte ich schnell. Aro. Und die zweite kannte ich nicht....

Ich wurde neugierig, mit wem Aro da redete. Und was er hier unten überhaupt machte. „Caius, glaub mir, sie schmeckt wirklich sehr gut. Vielleicht leih ich sie dir ja mal aus.“ sagte Aro zu dem anderen, fremden Vampir. Aber was hatte er da gesagt? Ausleihen?! Geht’s noch, dachte ich aufgebracht. Ich war doch nicht einfach irgendein Gegenstand, den man einfach mal so verleihen konnte!

„Hm. Vielleicht nehme ich dein Angebot einmal an, Aro. Aber ich bezweifle, dass sie damit zufrieden sein wird, aber das kann uns ja egal sein. Sie ist ja nur ein Mensch.“ sagte dieser Caius. Für was hielten diese Vampire sich eigentlich? Das erste Mal seit Tagen empfand ich wieder etwas. Wut. „Da hast du Recht Bruder. Sie ist lediglich der Blutspender der Volturi.“ antwortete Aro ungerührt.

Wie redeten die den von mir?! „Wie dem auch sei, ich bin der Meinung, dass sie doch recht unerzogen ist.“ meinte Aro. Hallo? Hatte der nicht kapiert, dass ich wach war? „Wie kommst du darauf?“ fragte Caius. Ich konnte hören, wie amüsiert er war. „Sie hat keinen Respekt vor mir. Jedes Mal wenn ich sie holen lasse und ihr Blut trinke, lese ich ihre Gedanken. Und sie denkt nicht gerade immer gut über uns...“ antwortete Aro.

Jetzt wurde ich richtig wütend. Wenn die so über mich redeten, war das doch kein Wunder! Ich setzte mich ruckartig auf und schrie gerade heraus, was ich so eben gedacht hatte. „Das ist ja kein Wunder, wenn hier so über mich geredet wird! Und ich bin KEIN BLUTSPENDER!“ Den letzten Satz fauchte ich regelrecht, sah die Beiden Vampire hasserfüllt an und sprang auf.

Aro verdrehte nur die Augen, Caius grinste nur. „Ich hab es dir ja gesagt.“, seufzte Aro und sah mich wütend an. „Benimm dich gefälligst mal!“ knurrte Aro mich an, doch Caius hob die Hand um ihn zu unterbrechen und sprach dann das erste Mal mit mir statt über mich. „Du scheinst recht temperamentvoll zu sein. Das gefällt mir. Aber Aro hat Recht. Du bist uns gegenüber recht Respektlos.“, ich wollte ihn unterbrechen, doch er hob nur die Hand um mich zum schweigen zu bringen, „Lass mich ausreden. Genau das meine ich! Du scheinst gar nicht zu wissen, wer wir sind, was?“ wollte er wissen. Nun durfte ich also antworten.

„Ich weiß sehr wohl wer ihr seid!“  antwortete ich und Caius sah mich fragend an. „Ihr seid herzlose, eiskalte und monströse Vampire!“

Ich betrachtete Caius’ Mienenspiel. Aro stand nur ungerührt daneben. Caius Gesichtsausdruck war erst verwundert, dann grinste er. „Wie richtig du liegst!“, dann wurde er wieder ernst. „Und du kommst hier nie wieder raus.“ sagte er in drohendem und unheilvollem Ton. Als ob ich das nicht wüsste.

Ohne ein weiteres Wort gingen die Beiden wieder und ließen mich wieder alleine. Ich verkroch mich wieder in mein Eck. Ich legte mir die Decken um die Schultern und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand, den Kopf legte ich in den Nacken und starrte an die Decke. Eine kleine, schwarze Spinne schien meinen Blick zu erwidern, doch ich wusste ganz genau, dass dies nicht möglich war.

Ich dachte darüber nach, was die Beiden Vampire eben gesagt hatten. Anscheinend hatte ich keinen Respekt vor denen. Hatte ich schon, wenn man Respekt als halbe Angst definierte. Aber respektieren.... Nein. Das tat ich nicht. Wieso sollte ich denn auch? Sie behandelten mich wie Dreck! Sie hatten mich Blutspender genannt! Und sie meinten, dass ich doch nur ein Mensch sei!

IIch steigerte mich viel zu sehr in das Ganze hinein. Ich spürte, wie ich die Kälte schon wieder verdrängte und nur noch Wut empfand. Meine Gedanken mussten möglischst schnell in eine andere Richtung gehen.

Ich dachte an meine Familie, die ich nie wieder sehen würde... Eine einzelne Träne rann meine Wange hinunter. Womit hatte ich das nur verdient? Ich war immer eine gute und liebe Schülerin gewesen. Meine Eltern arbeiteten viel, weshalb ich oft alleine war.

Doch mein gesamtes Leben wurde auf den Kopf gestellt, als ich spät abends von einer Party nach Hause gehen wollte.

Ich war auf einer Geburtstagsfeier einer meiner Freundinnen gewesen, wir wohnten beide hier in Volterra. Auf dem normalen Heimweg durch die alten Gassen Volterras war ich schon immer gegangen, wenn ich von Abby nach hause ging oder zu ihr ging. Der Weg war so vertraut. Aber trotzdem stimmte an dem Abend etwas nicht. Ich war den gesamten weg über unruhig, drehte mich immer wieder um, sah auf die Hausdächer, da ich ständig Blicke spürte. Doch nie sah ich jemanden. Ich legte an Tempo zu und rannte fast.

Plötzlich packte mich jemand von hinten, dann bekam ich einen harten Schlag auf den Hinterkopf. Ich konnte nur noch sehen, wie mich Felix hoch hob und mit mir davon eilte, bevor alles schwarz wurde...

Ich war hier in Volterra geboren worden und auch hier aufgewachsen. Ich wollte immer aus dieser kleinen Stadt raus, in die weite Welt hinaus. Doch nun würde ich hier sterben...

Nun begann ich richtig zu weinen, legte mich auf die Decken die mir als Matratze dienen sollten, rollte mich unter den decken zusammen und begann mir die Seele aus dem Leib zu weinen. Es half allerdings nicht wirklich. Ich konnte nicht so viel weinen, wie das ich an Kummer, Angst und vor allem Heimweh empfand.

Der BlutspenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt