Chapter 7. •

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Ich kriegte genau mit, wie mein Herz einfach so einen Schlag aussetzte, als Tyler seinen Namen erwähnte. Mein Mund stand mir leicht offen und ich blickte regungslos sowie emotionslos in die braunen Augen meines Freundes.

Alle Gefühle waren wie abgeschaltet und ich brauchte einen Moment, bis seine Frage in mich hinein sickerte und ich sie realisierte.

Und dann passierte es; mein Frühstück, kletterte meinen Hals hinauf und ehe ich noch groß darüber nachdenken konnte, rannte ich aus der Küche, den Flur entlang und riss die Tür zum Badezimmer auf. Noch rechtzeitig öffnete ich den Klodeckel, bückte mich über die Toilette und hieß meinen Frühstück willkommen.

Wenigstens wusste ich, dass ich schon fast eine Allergie gegen Harrys Körpernähe hatte“, dachte ich und wenn ich nicht in so einer widerlichen Situation wäre, würde ich jetzt wahrscheinlich über meine Feststellung schmunzeln.

Ein ekelerregender Geschmack lag auf meiner Zunge, als ich das Erbrochene in der Toilette wegspülte und mich erschöpft gegen die kühle Wand hinter mir lehnte. Dieser Geschmack brachte mich fast dazu, mich wieder über die Toilette zu beugen und mich weiterhin zu übergeben, doch mein Magen war bereits leer.

Mehrere Minuten verweilte ich so und mir fiel auf, dass mir Tyler nicht gefolgt sei. Natürlich, Streit anzetteln konnte er, aber wenn die Situation dann in die widerliche Richtung wanderte, versteckte er sich wie ein Hase.

Langsam richtete ich mich wieder auf, klappte geräuschvoll den Klodeckel zu und mir die Zähne gründlich putzte, bevor ich das Badezimmer verließ und mit knurrenden Magen wieder zur Küche lief. Und musste feststellen, dass Tyler nicht mehr da stand, wo ich ihn stehen gelassen hatte. Im Wohnzimmer war er auch nicht und als ich in meinem Zimmer nachschaute, konnte ich ihn dort ebenfalls nicht vorfinden. Er war weg. Einfach weggegangen und seine kotzende Freundin alleine gelassen hatte.

Ich wusste nicht, was mich mehr aufregte. Dass ich ihn stehen gelassen hatte, um ins Badezimmer zu rennen und mich dort zu übergeben, oder, dass ich ihm einfach nicht ins Gesicht gekotzt hatte. Oder, dass ich daran schuld war, dass er gegangen war. Oder, dass er generell einfach gegangen war.

○○○

Am nächsten Morgen saß ich alleine – Überraschung – in der Küche und schaufelte mir lustlos und schlecht gelaunt meine Cornflakes, die ich schnell zubereitet hatte, in meinen Mund, während meine Augen aus dem Fenster sahen und das grässliche Wetter betrachteten.

Heute grüßte der Sonntag und das Wetter entsprach meiner Laune voll und ganz; Regen, Wind, Kälte und hin und wieder waren ein Donnergrollen und ein Blitz am Horizont zu entdecken. Dazu nagte das Sonntag-morgen-ist-Montag-Gefühl und hatte vor, mich gar nicht mehr in Ruhe zu lassen.

Und nach dieser Erzählung müsste man davon ausgehen, dass ich nicht wirklich vorhatte, irgendwohin zu gehen. Nicht einmal meinen Vater besuchen wollte ich. Ich wollte keine Menschenseele sehen. Einschließlich mein Freund. Vor allem meinen Freund. Dieser Feigling hatte sich seit unserem Streit gestern nicht mehr gemeldet.

Okay, ich gab ja zu, dass ich nicht wirklich unbeteiligt war. Ich hätte einfach sagen können, dass Harry ein Dreckskerl war – was auch irgendwie kein Geheimnis war – und dass er mich küsste. Doch ich ließ es lieber für mich, denn sonst würde Tyler wahrscheinlich für Wut einen Kollaps bekommen. Er würde Harry umbringen, wenn er das erfahren würde. Und dafür, dass ich ihn eigentlich nur schützen wollte, ließ er mich einfach stehen. Er wusste zwar nicht, dass ich ihn schützen wollte, aber trotzdem! Ein bisschen Verständnis sollte man schon zeigen, wenn die Laune des Beziehungspartners im Keller war.

Nachdem ich beschloss, das Thema Tyler für heute sein zu lassen, musste ich traurig feststellen, dass ich meine Cornflakes aufgegessen hatte. Mit einem Rülpser, der die Milch verursachte, stellte ich die Schüssel achtlos in die Spüle und machte mich auf dem Weg zum Kühlschrank, kramte mir eine große Packung Schokoeis heraus und bewaffnete mich mit einem extra großen Esslöffel. Dann hatte ich eigentlich vor, meinen Weg zu meinem kuscheligen und warmen Bett zu machen, doch das Klopfen an der Haustür hinderte mich daran, mich in meinem Bett zu vergraben und fett zu werden.

Erst blieb ich für eine Weile im Flur stehen. Zog es in Erwägung, die Tür zu öffnen, verwarf ihn aber schnell wieder und setzte meinen Fuß an der ersten Treppenstufe an.

Heute war Sonntag.

Es regnete draußen.

Weshalb also nur jemand Durchgeknalltes vor der Tür stehen konnte. Und unter „durchgeknallt“ zählte ich Lynn, Matt und/oder Harry. Dass Harry vor der Haustür stand, bezweifelte ich zwar stark, schloss es aber dennoch nicht aus. Wie bereits schon oft gesagt, traute ich dem Kerl alles zu.

dangerous » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt