Chapter 9.

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Ich war kein rachesüchtiger Mensch. Aber bei Harry spürte ich, wie meine Wangen vor Aufregung zu glühen begannen, wenn ich sein schmerzverzerrtes Gesicht sah, nachdem ich es ihm so richtig heimgezahlt habe. Alles, was ich nur noch für meinen Plan brauchte, war, wortwörtlich einen gut durchdachten Plan und einen Schwachpunkt von Harry. Ich war mir sicher, dass wenn ich mich ein Wenig bei Lynn und Matt einschleimte, ich sicherlich einige Informationen über ihn bekommen würde. Wenn das nicht der Fall sein sollte, musste ich diese Schwächen wohl selbst an Harry finden. Auch wenn das bedeutete, dass ich Zeit mit ihm verbringen musste.

○○○

„Guten Morgen, Honey“, begrüßte mich Tyler lächelnd und inhalierte den leckeren Duft des Frühstückes, dass ich für ihn gerade zubereitet habe. „Womit habe ich das nur verdient?“ Er küsste mich flüchtig und wir ließen uns auf den Stühlen nieder, nur um kurz danach richtig reinzuhauen.

„Ich habe gestern ein Wenig nachgedacht“, fing ich an und schob mir eine Gabel mit Speck in den Mund.

Tyler richtete seine Aufmerksamkeit überwiegend auf mich, aß aber dennoch weiter. Die Hauptsache war aber, dass er mir zuhörte.

„Und zwar ist mir dann eine Idee eingefallen, um es Harry heimzuzahlen…“

„Was? Wieso das denn?“, unterbrach er mich verwirrt und ließ seine Gabel laut auf den Tellerrand fallen, sodass ich zusammen zucken musste.

„Er hatte meinem Vater und mir schlimme Dinge angetan, Tyler. Ich kann einfach nicht tatenlos zusehen, wie er es genießt. Wenn ich nichts unternehme, dann wird er damit weitermachen. Wenn man ihm genauso weh tut, wird er verstehen, was er damit anderen Menschen antut, also werden wir wahrscheinlich vielen Menschen das Leben retten.“ Ich sprach so, als würde es um Leben und Tod gehen. Aber ich würde Harry alles zu trauen. Selbst einen Mord.

„Du übertreibst, Alice. Wenn er noch irgendetwas tun sollte, das dich oder jemand anderen verletzt, dann werden wir einfach die Polizei verständigen“, versuchte er mich zu beruhigen, klang aber eher genervt.

Vor einigen Tagen hätte ich Tyler voll und ganz zugestimmt, doch jetzt bereitete es mir Unbehagen, wenn ich daran dachte, die Polizei zu verständigen. Ja, ich hatte einen guten Kontakt zu ihnen. Aber dennoch brauchte ich Beweise, um ihn hinter Gitter zu bringen. Ich habe zwar Nachrichten, aber sie waren anonym und nur mit einem „H“ gekennzeichnet. Es gab tausende Leute, die einen Namen tragen, der mit „H“ beginnt. Vielleicht würde die Polizei auch denken, dass diese Kennzeichnung bedeutungslos wäre.

„Es wäre so einfach. Ich würde mich einfach an Matt oder Lynn schmeißen, oder ich verbringe einfach Zeit mit Harry…“, ich stoppte mich abrupt selber, als ich verstand, was ich da von mir gegeben habe.

„Du wirst einen scheiß Dreck tun“, zischte Tyler und funkelte mich wütend an.

Ich war so eine Idiotin, ich könnte mir selbst eine reinhauen. Was ich wahrscheinlich auch getan hätte, wenn Tyler nicht vor mir sitzen würde. Wie hätte ich nur denken können, dass Tyler damit einverstanden wäre, dass ich Zeit mit Harry oder den anderen kranken Leuten verbringe? So naiv und dumm war ich.

Ich senkte meinen Blick und stocherte in meinem Essen herum. „Tut mir leid, das war eine dumme Idee“, murmelte ich und war mehr als eingeschüchtert. Ich war vor Tyler noch nie eingeschüchtert, doch diese Situation war ganz anders. Denn es ging um Harry. Einem Psychopathen. Erwähnen musste ich das ja jetzt wohl nicht mehr, oder? Doch bei einem war ich mir sicher: Ich werde keinesfalls aufgeben. Egal ob es bedeutete, dass ich Tyler anlog. Egal ob es wirklich bedeutete, dass ich meine Beziehung aufs Spiel setzte. Die Sehnsucht zur Rache übertraf alle meine anderen Gefühle, leider.

dangerous » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt