Chapter 17.

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Mein Mund klappte für den Bruchteil einer Sekunde auf, verdutzt, darüber, welches Angebot mir Harry vorgeschlagen hatte. Meine Gedanken gingen auf Hochtouren und in mir herrschte für einige Sekunden ein innerer Kampf mit mir selbst.

Und mein Verstand gewann.

„Was? N-nein!“, lehnte ich sein eigentlich wundervolles Angebot ab, obwohl ich es am liebsten angenommen hätte. Nicht nur wegen meinen Eltern, sondern auch, weil Harry mich mal wieder um meinen Verstand brachte.

Nicht in diesem Sinne: „Oh mein Gott, ich liebe ihn ja so sehr!“ sondern eher: „Man hast du Stimmungsschwankungen und tausende von Persönlichkeiten und alles was du tust ergibt keinen Sinn, alles was du von dir gibst verwirrt mich.“

Harry war mir ein Rätsel, das anscheinend auch nicht gelöst werden wollte. Ich dachte, dass die einzigen weiblichen Wesen, mit denen er etwas zu tun hatte, entweder nur Bimbos waren oder „Kifferfreunde“, so wie er sie wahrscheinlich nennen würde.

Doch ich war weder einer seiner Bimbos noch eine seiner kiffenden Freunde.

Ich war Alice, das eigentlich schüchterne Mädchen mit gefühlten zehntausend Problemen und die, die ihr Leben nicht mehr im Griff hatte, seitdem sie diesen Verrückten kennengelernt hatte.

Und trotz all dieser verdammten Probleme, begann ich immer wieder denselben Fehler; und zwar wagte ich mich in die Nähe von Harry.

Auch wenn er nicht an diesen Nachrichten Schuld war, wurden sie mir trotzdem wegen ihm geschickt. Er brachte mich in Probleme, brachte mich in Schwierigkeiten und solche Menschen wollte ich nicht um mich herum haben.

Und dennoch klopfte mein Herz aus unerfindlichen Gründen wie wild, wenn ich daran dachte, wie seine warmen und pinken Lippen direkt auf meine lagen, wie seine Hände meinen Körper berührte und wie seine Augen mal ein anderes Gefühl als Gleichgültigkeit zeigten.

Ich hielt Harrys Blick stand, doch musste mir einmal über die Augen reiben, als ich mir einbildete, Schmerz in seinen faszinierenden smaragdgrünen Augen widerzusehen. Doch als ich meine Hand wieder von meinen Augen entfernte, war da wieder diese Gleichgültigkeit in diesem Grün.

„Schön“, spuckte er und presste sich die Lippen aufeinander, während er seine Hände zu Fäusten ballte. Er sah so aus, als würde er noch etwas sagen wollen, doch er hielt zum Glück seinen Mund. Ich war mir sicher, dass wenn er etwas gesagt hätte, es alles andere als nett wäre.

Ich verstand seine Reaktion nicht so wirklich. Ja, ich wollte nicht zu ihm gehen und dann anschließend einer seiner Bimbos zu werden. Aber dann musste er ja auch nicht so… so… wie reagierte er überhaupt? Wütend? Genervt? Spottend? Oder vielleicht ja doch… verletzt? Ich entschied mich für Genervt und Wütend. Es gab anscheinend nicht viele Mädchen, die zu ihm „Nein“ sagten.

„Ja, schön“, sagte ich mit noch mehr Druck und funkelte ihn wütend an, wieso war mir unklar, ehe ich auf meinem Absatz kehrt machte und meinen Weg zu meinem Zuhause, indem mich die Hölle erwarten würde, machte.

Zu oft war ich in die Fettnäpfe getreten und da ich nun wusste, was alles passieren könnte, würde ich mich definitiv von Harry fernhalten. Er brachte nur Probleme. Wir waren noch nicht einmal befreundet. Er mochte mich noch nicht einmal. Und ich ihn… auch nicht.

○○○

Ich schloss die Tür hinter mir so leise wie möglich, biss mir fest auf die Unterlippe, ehe ich langsam begann meinen Schuhe und meine Jacke auszuziehen. Als ich meine Schuhe auszog, entdeckte ich die von meinen Eltern, worauf das Herzklopfen gleich noch einmal schneller wurde und ich nach Luft rang.

Ich hatte Angst. Meine Eltern würden mich anschreien und ich besaß schon immer eine kleine Angst, davor, angeschrien zu werden.

Im Erdgeschoss brannte nirgendswo Licht, weshalb ich annahm, dass sie im ersten Stock waren.

Ich streckte meine Arme aus, um mir Sicherheit zu geben, sodass ich nirgends reinlief, weil ich kaum etwas erkennen konnte. Meine Hände tasteten sich an den Wänden ab, suchten sich den Weg zum Wohnzimmer und ich bekam ein kleines Déjà-vu. Ich hoffte, dass Harry nicht in das Haus eingebrochen war und ich gleich sein Shirt fühlen würde.

Ich ließ mich leise seufzend auf die Couch fallen und legte meine Füße auf die Couchtisch, ließ jede Faser meines Körpers entspannen und eine unkontrollierbare Müdigkeit übermannte mich wie ein starkströmender Fluss, der mich direkt ins Land der Träume führte.

○○○

Harry lächelte mich an breit an. Ein Lächeln, das seine Grübchen und seine weißen, geraden Zähne zum Vorschein kommen ließ. Seine smaragdgrünen Augen begannen im Sonnenschein zu leuchten und ein leichter Windstoß ließ seine Locken auf dem Kopf noch mehr durcheinander bringen, als sie ohne hin schon waren.

Es war ein angenehmes Gefühl, den Rasen an meinen Knöcheln zu fühlen, die Sonne auf seiner Haut zu spüren und einfach Harry stumm anzuschauen.

Ich wusste nicht was es wieso es so war, aber seine Anwesenheit gab mir das Gefühl der Sicherheit. So gefährlich er auch aussehen mag.

Sein Mund öffnete sich, worauf seine pinken Lippen meinen Namen formten und seine raue, tiefe Stimme mein Herz erwärmen ließ. Doch ich erwiderte nichts.

„Alice“, sagte er erneut. Immer wieder. Bis der raue Ton seiner Stimme verschwand und es sich langsam zu einer Frauenstimme entpuppte. Auch die Silhouette von Harry verblasste allmählich, genauso wie die Wiese, auf der wir saßen und ehe ich mich versah, fand ich mich auf der Couch in dem Wohnzimmer unseres Hauses wieder.

Keine schöne Sonne. Keine Wiese und vor allem kein Harry.

Sondern meine Mutter, die mich gereizt anschaute. „Du kommst zu spät zur Schule“, erinnerte sie mich monoton, ehe sie aus dem Wohnzimmer und in die Küche lief.  Als ich ihr stumm und verwirrt hinterher schaute, erkannte ich, dass sie ihre Arbeitskleidung trug.

Langsam rappelte ich mich auf, schaute beiläufig auf die Uhr, die an der Wand hing, ehe ich meiner Mom in die Küche folgte.

Es war dreißig Minuten nach sieben Uhr. Ich würde so oder so zu spät kommen, da wäre es egal, wie spät ich zu spät kommen würde.

Ich schnappe mir ein Glas aus dem Schrank und goss Leitungswasser hinein, ehe ich mich mit dem Rücken gegen die Theke lehnte und meiner Mutter dabei zusah, wie sie sich etwas zu Essen machte. Eher gesagt wartete ich darauf, dass sie anfing mich anzuschreien, damit ich es endlich hinter mir hatte.

„Ich habe eine Sechs für mein Referat bekommen“, half ich ihr auf die Sprünge. Doch sie schmierte unbekümmert ihr Bort weiterhin mit Butter. Lediglich nur etwas aggressiver, sodass ich leichte Angst bekam, sie würde das Messer gleich durch ihre Scheibe Brot bohren.

„Ich will nicht mit allzu schlechter Laune zur Arbeit gehen, Alice“, meine Mutter stopfte sich das halbe Brot in den Mund, um wahrscheinlich ihre folgenden Worte genauer zu überlegen. „Deshalb werden wir miteinander sprechen, wenn ich wieder von der Arbeit zurückkomme. Wir alle gemeinsam.“

Ich trank die Flüssigkeit in meinem Glas auf Ex aus und tat das benutzte Glas laut in die Spülmaschine, verärgert darüber, dass das „Gespräch“ in dem ich den Arsch voll kriegen würde, sich verschob. Ein kühles „Okay“ kam mir über die Lippen, ehe ich die Küche verließ und mich langsam für die Schule fertig machte.

Obwohl ich eigentlich auch ganz Zuhause bleiben könnte, denn ich würde sowieso nicht geistig da sein.

○○○

Mit einem traurigen Miene drückte mir meine Englischlehrerin meinen Test in die Hand und als ich ein Blick auf die Note warf, verstand ich auf warum.

Eine Fünf.

Seufzend und verärgert über mich selbst, da ich immer noch nicht anfing zu lernen, stopfte ich diesen Test in meine Schultasche, ehe diese schulterte und den Raum verließ.

Ich überquerte, wie immer, den Schulhof, doch blieb abrupt stehen, als ich eine allzu bekannte Person am Tor der Schule gelehnt sah. Erst dachte ich, dass ich ihn mir nur einbildete, aber dann fiel mir ein, dass es sein erstes unangekündigtes und überraschendes Auftauchen an meiner Schule war.

„Er ist nicht wegen mir hier“, versuchte ich mir einzureden, „er hat hier, ähm, „Kunden“ die auf ihre „Bestellung“, die er liefert, warten.“

Und dennoch hasste ich diese Schule gleich noch ein bisschen mehr, weil sie hier nur ein Tor hatten, das hinaus in die Freiheit – weg von dieser Schule – führte.

Gezwungenermaßen lief ich mit langsamen Schritten auf das Tor zu, in der Hoffnung, dass sein Kunde vor mir da sein würde. Doch als ich nur noch einen Meter von ihm entfernt stand, erstarb diese kleine Hoffnung und ich stand nun unbeholfen da.

Ich könnte auch einfach warten, bis er verschwand.

Dann hätte ich zwei Fliegen mit einer Klatsche; ich wäre Harry los und konnte das „Gespräch, in dem ich den Arsch voll kriegen würde“ somit weiter verschieben, in der Hoffnung, sie würden dieses „Gespräch“ ganz vergessen. Doch das würden sie nicht und wenn ich zu spät käme, würden meine Eltern dadurch bestimmt noch mehr ausrasten.

Und somit löste sich auch das „Zwei Fliegen mit einer Klatsche“ in Luft auf.

Also kratzte ich jeglichen Mut, den ich besaß, zusammen und lief strickt an Harry vorbei, verfluchte jedoch die ganze Welt, als jemand nach meinem Arm packte und mich zurückzog. Sodass ich – Überraschung – in zwei smaragdgrünen Augen sah.

„Was willst du, Harry?“, sprach ich genervt. Ein Satz, den ich viel zu oft sagte – viel mir gerade auf.

„Denkst du wirklich, so leicht lasse ich mich abschütteln?“, entgegnete er mit einer gehobenen Augenbraue und wenn ich mich nicht irrte, klang er sogar belustigt.

Ich verstand zwar seinen Satz nicht so ganz, jedoch grübelte ich nicht lange darüber nach und schüttelte meinen Kopf. „Nein, aber ich dachte du hättest es gestern endlich mal verstanden.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah in die funkelnden Augen von Harry.

„Wie war der Stress mit deinen Eltern?“, umspielte er meine Antwort.

„Es gab keinen Stress. Den würde ich nämlich gleich bekommen.“ Ich hätte mich selbst schlagen können. Was interessierte es denn bitteschön Harry, wann ich Streit mit meinen Eltern bekam? Er wollte sich bestimmt nur über mich lustig machen.

„Mein Angebot steht noch.“

Ich presste meine Augenbrauen zusammen und konnte es nicht verhindern, über Harrys Schulter zu schielen, was sich als fataler Fehler entpuppte.

Tyler und Matt standen dort.

Matt auf seinem Motorrad sitzend und unterhielt sich mit Tyler, der anscheinend gerade nach Hause gehen wollte. Und beim Anblick von Tyler spürte ich anstatt Schmerz nur einen Ekel. Ich ekelte mich vor ihm so. Bestimmt unterhielten sie sich darüber, wie sie mir als nächstes das Leben zur Hölle machen könnten.

Harry schien meinen Blick gesehen zu haben und warf einen kurzen Blick über seine eigene Schulter.

„Um die kümmern wir uns später“, versicherte mir Harry und ich war abermals erstaunt darüber, wie er „Wir“ sagte. So ungern ich es auch sagte, aber es klang aus seinem Mund schön. „Wenn du zu mir kommst“, fügte er noch ganz schnell hinzu.

Als ich sein Angebot mir noch einmal durch den Kopf gehen ließ, seufzte ich nach einigen Minuten voller Stille erschöpft auf und löste nun meine verschränkten Arme.

„Na schön.“
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Zum Anfang des Kapitels: viele wollten ja, dass Alice mit Harry geht. Aber das wäre irgendwie komisch, weil schaut mal; Alice hat nur noch Unglück, seitdem sie Harry kennt (wie sie es ja auch mal so erwähnt hat) und Harry war oder ist ja nicht gerade ein besonders netter Kerl (wenn man seine Art der letzten Kapitel, also seine süße Art, mal so weg denkt) und sieht ja auch schon so gefährlich aus. Und wenn man sich jetzt mal vorstellt, dass vorstellt, ihr wärt Alice und vor euch steht nicht ein super heißer Typ namens Harry Styles – ihr würdet doch nicht mit dem mitgehen, oder? Vor allen Dingen, dass es Nachts ist und da plötzlich Harry steht – like a Stalker – und euch anbietet, bei euch zu pennen. Jetzt, also am Ende des Kapitels, ist es ja noch Tag und Alice hat ja immer noch die Gelegenheit abzuhauen und nicht bei ihm zu Schlafen.


Ich hoffe ihr versteht was ich meine :D

Wie dem auch sei; ich hoffe natürlich, euch hat es gefallen und ja.

Liebe euch xx

dangerous » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt