Chapter 6. •

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Ein komisches und unbekanntes Gefühl durchfuhr meinen Körper, als seine Lippen plötzlich auf meine lagen. Und für einen kurzen Moment ließ ich mich mit diesem Gefühl mitreißen. War überrascht was für eine Elektrizität mich dabei durchschoss. Ich fühlte mich so Energie geladen, als wäre ich Teil eines Stromkreises – und Harry war meine Energiequelle. Ich spielte sogar mit dem Gedanken, meine Arme um seinen Hals zu schlingen und ihn an mich zu pressen. Mehr Energie zu laden. Diesen Kuss zu vertiefen. Doch noch bevor ich dies in die Tat umsetzte, erinnerte ich mich.

An Tyler, meinen festen Freund, den ich doch über alles liebte.

An Dad, der nun dank Harry im Krankenhaus lag – mit einem gebrochenen Arm und Rippe.

An Harry Styles, dem Psychopathen, der mir doch eigentlich eine Heidenangst einjagte, genauso wie sein Kumpel Matt Dexter.

Und daran, dass ich gerade diesen Psychopathen in diesem Moment küsste.

Ohne wirklich einen großen Gedanken daran zu verschwenden schubste ich Harry grob von mir, unterbrach unseren Kuss bevor er noch ausarten würde. Er taumelte einige Schritte zurück, wobei ich überrascht war, denn so viel Kraft hatte ich nicht angewandt. Und ich wischte mir angewidert mit dem Handrücken über meine Lippen, so, als hätte er Viren auf ihnen hinterlassen. Als besäße er eine tödliche Krankheit, mit der ich mich infizieren könnte.

Ich konnte nicht wirklich realisieren, was da gerade passiert war. Und schon fast wollte ich anfangen, darüber nachzudenken. Mir Gedanken darüber zu machen und diese Verwirrung, wieso Harry das getan hatte, verschwinden lassen wollte. Doch Harry durchkreuzte meine Pläne, indem er mich mit einfachen Sätzen aufklärte.

„Sorry, Kleine, du hast zu viel geredet und wolltest anscheinend nicht mehr aufhören. Irgendwie musste ich dich ja dazu bringen, den Mund zu halten“, entschuldigte er sich provokativ und grinste mich, wie immer, mit dem üblichen herablassenden Blick an.

Meine Gefühle wurden in die Vergangenheit geschubst. Genau zu diesem Moment, in dem ich vor Wut kochte und es kaum bändigen konnte. Mein Herz pumpte flink. Meine Hände schwitzten, als ich diese zu Fäuste ballte und mein Gesicht lief hochrot an, als das Fass überlief und ich meiner Wut nicht mehr stand bleiben konnte.

Mit großen und schnellen Schritten lief ich auf ihn zu und tat etwas, was sich eigentlich nicht gehörte. Doch es war mir egal. In dem Moment war mir so ziemlich alles egal. Das Einzige, was mir gerade wichtig war, war ihn leidend am Boden zu sehen.

Mit meinem rechten Bein holte ich aus, worauf mein Fuß direkt in seine Kronjuwelen landete und er sich mit einem kurzen Aufschrei krümmte. Harrys Miene war schmerzverzerrt, mit unmenschlichen Gesichtszügen, und er landete wie ein Häufchen Elend auf dem Boden und hielt sich die Eier. Und das erste Mal hatte ich das Gefühl von Macht. Ich stand über Harry. Ich zog die Fäden… das gefiel mir. Daran könnte ich mich gewöhnen, obwohl ich wusste, dass dies das erste und letzte Mal bleiben würde.

„Du scheiß Dreckskerl! Wie kannst du es wagen mich mit deinen widerlichen Lippen mich zu berühren! Was willst du bitte damit erreichen? Was willst du damit erreichen, wenn du mich küsst, obwohl ich einen festen Freund habe? Wenn du meinen Vater mit höllischen Schmerzen ins Krankenhaus schickst? Dass du mich beschattest? Mich bedrohst? Mir Angst einjagst?!“, schrie ich ihn an. Stellte ihm Fragen, worauf ich ehrlich gesagt keine Antworten haben wollte. Ich wollte nicht wissen, wie sehr er es genoss, mir solche kranken Dinge anzutun.

Obwohl sein Gesicht schmerzverzerrt ist und er wahrscheinlich keine Kinder mehr zeugen kann, grinste er herablassend. Wollte mir die Antworten geben, doch ich stoppte ihn, indem ich einfach weitersprach.

Ich wollte die Antworten nicht wissen, nein.

„Du hast nichts Besseres zu tun, als kriminelle Dinge zu veranstalten und dabei das Leben einiger Menschen zu gefährden. Und vergisst natürlich dabei, dass es so etwas wie die Polizei gibt.“

Ein hinterhältiges Grinsen schlich sich auf meine Lippen, bevor ich Harry den Rest gab; ich beugte mich zu ihm herunter und ihn mit aller Kraft eine scheuerte. Und ich schwöre ich, das Geräusch, welches meine Hand verursachte, als sie gegen Harrys Wange prallte, war wahrscheinlich einer der schönsten Geräusche in meinen Ohren.

Mit einem drohenden Blick sah ich ihm in die smaragdgrünen Augen, die vor Schmerz zusammengekniffen waren, doch ich entdeckte in ihnen keine Anzeichen anderer Gefühle, die nicht spöttisch und herablassend waren.

„So großzügig wie ich bin, gebe ich dir noch eine Chance. Wenn du meinen Vater, meine Mutter, meinem Freund oder mir noch ein einziges Mal zu nahe tretest, schwöre ich dir, dass du hinter Gitter kommst. Und das für den Rest deines Lebens, Harry Styles.“ Seinen Namen brachte ich mit so viel Ekel über meine Lippen, wie ich es nur konnte und ich stellte mich wieder aufrecht hin, um zu betrachten, wie Harry mir beinahe zu Füßen lag. Zusammengekauert, sich die Eier haltend und mit einem schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck. Er brachte kein einziges Wort über seine Lippen. Schaffte es noch nicht einmal, mir richtig in die Augen zu schauen. Obwohl es vielleicht asozial klingen mag und Gewalt überhaupt keine Lösung war, war ich stolz auf mich selbst und genoss diesen Anblick.

Ich spielte sogar mit dem Gedanken, Harry noch einen weiteren Tritt zu verpassen, doch entschied mich dagegen. Ich hatte ihm bereits genug Schmerzen bereitet und ich hoffte, dass die Message bei ihm angekommen ist und er sich endlich von mir fern hält.

Zufrieden mit mir selbst machte ich auf meinem Absatz kehrt und wollte zur Tür hinaus, doch in dem Moment wurde die Tür aufgerissen und Lynn, sowie Matt, stolperten hinein, konnten ihr Gleichgewicht jedoch noch halten, bevor sie Bekanntschaft mit dem Boden machten.

Und als sie die Lage erkannten, lag ihr Kinn irgendwo auf dem Boden und ihre Augen rollten gerade aus dem Zimmer, da die Tür noch immer sperrangelweit auf war.

„Alice“, sagte Lynn überrascht und geschockt zugleich, während sie sich die Hand vor dem Mund hielt. Stattdessen begann Matt zu grinsen – so wie er es eigentlich immer tat – und fand Harrys Lage wohl ziemlich amüsant.

dangerous » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt