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Spinell

Völlig aus der Fassung gebracht, starre ich Kohaku an. Hat er das gerade wirklich gefragt? Es ist auf einmal so still, ich kann meinen eigenen Herzschlag hören. Alle Gäste aus dem Restaurant sind verstummt und sehen mich erwartungsvoll an. Seine Frage hat mich so aus dem Konzept gebracht, dass ich einen Moment brauche, um meine Stimme wieder zu erlangen. Kohaku hockt noch immer vor mir und wirkt mit jeder Sekunde die verstreicht, unsicherer. Doch ich lächle ihn liebevoll an und weiß ganz genau, was mein Herz will.
"Ja! Ja ich will!", flüstere ich und spüre, wie mir Freudentränen in die Augen steigen. Kohaku lässt meine Hände einen Moment los und holt eine kleine Schachtel aus der Tasche hervor. Dort drin befindet sich ein unglaublich schöner Ring mit einem kleinen Brillianten in der Fassung. Vorsichtig nimmt Kohaku den Ring heraus und hält kurz inne. Er schaut mich an und ich sehe, dass seine Augen ungewöhnlich glitzern. Tränen?
"Bist du dir auch wirklich sicher? Ich lasse dich nämlich nie wieder gehen", fragt er ein letztes mal.
"Ich will auch nicht weg", sage ich lächelnd. Kohaku nimmt meine linke Hand und steckt mir den Ring an. Stolz mustere ich ihn einen Moment, dann lege ich meine Hände an Kohakus Kopf und ziehe ihn zu mir, um meine Lippen auf seine zu drücken. Den Applaus der anderen Gäste blende ich kurz aus und es gibt im Moment nur ihn und mich. Ich bin gleichzeitig überrascht und schockiert, aber so wahnsinnig glücklich, wie nie zuvor. Das ist der beste Geburtstag meines Lebens.
"Ich liebe dich", flüstere ich, nachdem sich unsere Lippen wieder voneinander trennen.
"Und ich dich erst."

Einige Zeit später sitzen wir zusammengekuschelt auf der Couch und sehen uns einen Film an. Allerdings bin ich mehr damit beschäftigt, meinen Ring zu bewundern. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich jetzt verlobt bin. Etwas geistesabwesend sehe ich Kohaku von der Seite an und werde erst aus meiner Starre gerissen, als ich seine Hand an der Wange spüre.
"Worüber denkst du nach?"
"Ach, eigentlich gar nichts..."
"Wie war das mit dem Lügen?"
Irgendwie fühle ich mich ertappt, dabei habe ich nur eine ganz logische Frage.
"Wer führt mich eigentlich zum Altar?"
"Na du machst dir ja Sorgen.."
Tatsächlich beschäftigt mich das sehr. Mein Vater weilt nicht unter uns, mein Erzeuger ist ein Arsch, dessen Mord ich plane und der der letzte ist, den ich auf meiner Hochzeit sehen will. Von weiteren Verwandten weiß ich nichts mehr. Und von Heliodor muss ich nicht mal anfangen. Wer bleibt da übrig?
"Hey, wir finden dafür eine Lösung, okay?", sagt er und drückt mich an sich. Schnell schlinge ich meine Arme um ihn und rutsche auf seinen Schoß.
"Danke, dass du immer für mich da bist", murmle ich und drücke mein Gesicht an seine Schulter.
"Irgendeiner muss es ja machen."
Spielerisch boxe ich ihn, doch als Reaktion legt er nur seine Hände an meine Taille und sieht mir tief in die Augen.
"Ich liebe dich mehr, als alles andere auf der Welt, das weißt du, oder?" Verlegen nicke ich und erwidere seinen eindringlichen Blick. "Und weil ich dich so sehr liebe, würde es mich krank machen, wenn es dir schlecht geht und ich nicht weiß, was los ist. Verstehst du das?"
Ich verstehe es nicht nur, ich fühle das Gleiche für ihn. "Es geht mir doch nicht anders. Aber für mich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass jemand immer für mich da ist. Ich war es gewohnt, meine Sorgen zu ersticken oder.." Weiter komme ich nicht, da Kohaku seine Hand auf meinem Mund liegt.
"Dann gewöhn' dich lieber ganz schnell daran, dass du, wann immer du etwas auf dem Herzen hast, immer als erstes zu mir kommst, okay?", sagt er und sieht mich auffordernd an.
"Ja. Aber das gilt auch für dich, verstanden?" Schmunzelnd zieht er mich an sich und küsst mich auf den Kopf.
"Verstanden Ma'am."
Einige Minuten sitzen wir eng umschlungen auf der Couch, da sagt Kohaku plötzlich: "Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du Ja gesagt hast." Lächelnd legt er den Kopf in den Nacken und wirkt rundum glücklich.
"Und ich kann es nicht fassen, dass du mich wirklich gefragt hast.."
"Ist es dir denn zu früh?", fragt er leicht verunsichert.
"Nein, es ist perfekt. Ich bin so glücklich."
"Da bist du nicht allein. Ich hatte aber wirklich Angst, dass du Nein sagen könntest.."
"Warum sollte ich ablehnen?" Seine Angst verblüfft mich ein wenig, andererseits hätte ich mich nicht mal getraut, ihn zu fragen.
"Sein wir ehrlich, wir sind keine zwei Monate zusammen und jetzt heiraten wir... Das ist doch verrückt!"
"Nein, ist es nicht. Das ist Liebe", sage ich und lege meinen Kopf an seine Halsbeuge. Einen Moment ist es ruhig und ich will gerade meine Augen schließen, da bewegt sich Kohaku unter mir und stupst mich an. Fragend sehe ich ihn an, doch er deutet nur auf das Fenster.
"Es schneit", flüstere ich und könnte mir selbst eine scheuern. Dass es schneit, sieht er doch selbst, schließlich hat er mich darauf aufmerksam gemacht. Schnell stehe ich auf und laufe zum Fenster, damit er mein rotes Gesicht nicht sieht. Stattdessen betrachte ich völlig fasziniert das Naturschauspiel hinter der Scheibe.
"Das ist wunderschön", schwärme ich und lege meine Hand an das Glas.
"So wie du", flüstert Kohaku an meinem Ohr und legt seine Arme von hinten um mich. Ich drehe mich um, lege meine Arme ebenfalls um ihn und stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.
"Lassen wir deinen Geburtstag zusammen ausklingen?", fragt er schmunzelnd und schiebt seine Hand unter den Saum meines Shirts.
"Ich dachte du fragst gar nicht mehr", antworte ich und lass mich von ihm hochnehmen.
"Das nenne ich einen Ansporn", murmelt er und trägt mich ins Schlafzimmer.

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