Gebrochen ✔

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Mit fürchterlichen Kopfschmerzen wachte ich langsam auf. Was ist passiert? Ich spürte etwas schweres auf meinen Händen und eine kalte Wand hinter mir. Ich saß an eine Wand gelehnt. Langsam öffnete ich meine Augen. Es war dunkel und ich konnte kaum etwas erkennen. Der Raum indem ich war, war ziemlich klein und ohne jegliche Fenster und Möbel. Nur eine Tür, bestehend aus Gittern war zu sehen. Jetzt fiel mir alles wieder ein. Der Autounfall. Tja, das war dann wohl die Entführung. Die Ghosts hatten wohl mein Auto sabotiert. Ich seufzte und sah mir soweit es eben ging meinen Körper an. Ich hatte noch die gleichen Sachen wie zuvor an,  allerdings keine Waffen. Meine Hände waren mit Stahlketten an der Wand befestigt. Meine Handgelenke waren bereits aufgeschürft,  blau und blutig. Ich musste hier schon eine Weile liegen. Ich fasste mir an meinen Kopf und tastete ihn ab. Fuck! Eine offene Kopfwunde hat mir gerade noch gefehlt. Deswegen tat mein Kopf auch so weh. Ich tastete weiter meinen Körper ab. Shit! Ich hatte Schmerzen an meinem Oberkörper und als ich mein T-shirt hochschob, erkannte ich blau-grüne Flecken. Entweder mehrere Prellungen an den Rippen oder Schlimmeres. Ansonsten hatte ich nichts. Ist ja bereits genug. Langsam wurde ich wieder müde und schlief wieder ein.

Als ich das nächste Mal wach wurde, war ich in gleicher Position wie vorher. Plötzlich ging ein Licht etwas weiter weg an und ich erkannte zwei Männer, die sich gerade auf den Weg zu mir machten. Ich kannte sie nicht. Der eine schloss auf und kam rein. Der andere blieb vor dem Gitter stehen. "Wie geht es dir denn, Faith?" Ich zog eine Augenbrauen hoch und sah ihn abwartend an. "Hach, wo bleiben denn meine Manieren! Ich bin Jonas. Der Anführer der Ghosts." Ich seufzte genervt. Er sah mich verwirrt an. "Hätte ich mir auch denken können." Habe ich darauf geantwortet. Er lächelte leicht. "Also. Wir spielen gleich ein kleines Spiel. Aber vorerst muss ich dich noch woanders hinbringen. Also, würdest du die Freundlichkeit besitzen und aufstehen? Ohne handgreiflich zu werden, wenn ich dir die da abmache?" Ich lächelte und nickte. Ich versuchte krampfhaft aufzustehen,  doch überraschender Weise funktionierte das nicht. Ich konnte nicht mal aufrecht stehen. Jonas sah mich mit gerunzelter Stirn an. "So schlimm verletzt, dass selbst die große Faith Iano nicht mehr aufstehen kann? Der Unfall war doch heftiger als erwartet. Nun gut. Marcus würdest du eben die kleine Faith nehmen?" Der andere Junge, der aussah wie ein Schrank kam herein. "Warte, ich nehme ihr noch die Ketten ab." Hinderte Jonas ihn daran, mich hochzunehmen. Anscheinend hatte ich mir mehrere Rippen geprellt, denn ich konnte mich kaum bewegen als mir Jonas die Handschellen abnahm. Ich seufzte und ließ mich vom Schrank hochnehmen. Wehren, konnte ich mich ja sowieso nicht. Zugegeben. Es war nicht ganz Schmerz frei als er mich trug, doch anmerken, versuchte ich mir nichts. Marcus oder Schrank, wie ich ihn nannte, brachte mich in ein großes Schlafzimmer mit einem riesigen Himmelbett und ganz vielen Kissen. Nein, war ein Scherz. Er brachte mich in eine typische Folterkammer. Ich wurde an ein Stuhl gebunden und diesmal auch die Füße. Mit Ketten. Ich hasse Ketten. Mochte ich noch nie. Ob es nun Ketten waren, die man als Schmuck um den Hals hing oder Ketten mit denen man Leute fesselte. Marcus ging wieder und schloss hinter sich die Tür. Neben der Tür stand ein Tisch mit sehr vielem Werkzeug drauf. So formuliere ich es mal. Ansonsten sah der Raum genauso wie der davor aus, außer das es eine richtige Tür gab. "Also das Spiel geht so. Ich stelle dir Fragen, welche du selbstverständlich beantworten musst. Und ehrlich. Wenn du das nicht machst, bekommst du deine gerechte Strafe. Also, los geht's. 1. Wo liegt das Hauptgebäude eurer Gang?" "Mafia." Er sah mich verwirrt an. "Ich führe eine Mafia an. Keine Gang." Er schien verstanden zu haben und nickte. "Und wo liegt das Hauptgebäude deiner Mafia?" Selbstverständlich antwortete ich nicht. Ich hätte lügen können, doch auch das hätte mir nicht geholfen. "Na gut. Du wolltest es so." Er ging zum Tisch und suchte sich langsam ein Werkzeug aus. Es war ein kleines Messer. Er steckte es mir in den Oberarm. Ich blieb stumm. "Wo liegt das Hauptgebäude deiner Mafia?!" Ich antwortete nicht. Er drehte das Messer um und ich zischte leicht auf. Er zog es wieder heraus, so dass langsam Blut aus der Wunde quoll. Es würde mich nicht umbringen,  aber Schwächen. Und ich könnte schwören, dass ich bereits innere Blutungen habe. "2. Frage. Reden wir mal über etwas anderem. Wie stehst du zu Patrick?" Diese Frage überrumpelte mich komplett. So sah ich auch aus. "Welcher Patrick?" Fragte ich um sicher zu gehen. "Welcher in deinem Inner Circel ist?" "Ah, der Patrick. Wie soll ich diese Frage jetzt verstehen?" Ich hatte eine Ahnung, worauf er hinaus wollte. "Gibst du zu, dass du in ihn verliebt bist?" Ich sah ihn erstaunt und verwirrt an. "Ich soll was?" Dann schmunzelte ich kurz und versuchte es so glaubhaft wie möglich rüber kommen zulassen. Er lächelte mich spottend an. "Du bist in ihn verliebt! Wusste ich es doch!" Darauf blieb ich stumm.

Er fragte mich noch vieles, doch meistens blieb ich stumm. Deswegen war ich auch froh als Schrank mich endlich wieder zurück in den anderen Raum brachte. Mir tat nicht nur alles weh, ich hatte sogar Schmerzen an Stellen,  wo ich Noch nicht mal wusste, dass es diese gibt. Ich hatte viele offene Wunden und die meisten sind jetzt schon stark entzündet. Ich musste zugeben, ich hatte keine Kraft mehr. An mir zog sich alles wie ein Film an mir vorbei. Die Tatsache, dass Jake hier war und das ganze zuließ, hatte mich gebrochen. Ich weinte stumm als ich mir dies in Erinnerung rief. "Bist du jetzt zufrieden, Jake? Mich weinen zusehen und zu wissen, dass du deine Rache nun endlich nehmen kannst? Für einen Mord den niemand begangen hat?" Ich weinte und versuchte mich nicht zu bewegen. Mein ganzer Körper schmerzte. Ich tat das einzige, was mir in den Sinn kam. Ich versuchte zu schlafen. Doch sosehr ich es auch versuchte, ich konnte es nicht. Die Schmerzen waren unerträglich. Nicht nur die körperlichen. Auch das Gefühl von Verrat, Trauer, Schmerz und Wut ließ mich nicht in Ruhe. Irgendwann wurde die Tür erneut geöffnet, doch ich reagierte nicht. Ich lag auf dem kalten Boden und spürte kaum noch etwas. "Hätte nicht erwartet, dass ich dich so schnell breche." Diese Stimme gab mir den Rest. Ich setzte mich wieder auf und sah ihm eiskalt ins Gesicht. Ich ignorierte die Schmerzen. "Bist du jetzt zufrieden? Dass du mich gebrochen siehst? Bist du froh mich zu sehen? Fühlst du Genugtuung, dass du deine Rache ausgeführt hast? Für einen Mord den niemand begangen hat?" Mir flossen unzählige Tränen über die Wangen. "Ja." Er hat sein Versprechen mir gegenüber gebrochen. "D-du hast mir versprochen, dass du immer für mich da sein würdest. Was ist aus diesem Jake geworden?" Ich legte mich wieder hin. "Es hat ihn nie gegeben." Jetzt war ich am Ende. Ich hatte meinen Willen verloren. Ich verstand es nicht. Was ist nur mit ihm passiert? Und was soll ich jetzt noch machen? Selbst wenn ich hier rauskommen sollte, ich wäre nie mehr dieselbe. Der Tod meiner Eltern hat mich geformt. Meine Ersatzektern haben mich gelehrt. Meine Brüder haben mich trainiert. Ich habe mich verloren. Wenn ich hier rauskomme, verschwinde ich von hier. Ich werde mir ein Haus ganz weit weg auf einem anderen Kontinent suchen. Weit abgeschnitten von irgendwelcher Zivilisation. Ich werde niemanden mehr an mich ran lassen. Ich werde Alec als meinen Nachfolger bestimmen und einfach alles hinter mich lassen. Ich werde einfach komplett aufgeben. "Welcher Tag ist heute?" Fragte ich leise als er gehen wollte. Er sah mich verwirrt an. "Dienstag." Und dann ging er. Er würde das hier nicht überleben. Dafür werde ich sorgen.

Das Gebrochene Mädchen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt